Kassenmanipulationen soll mit zertifizierter Technik sowie neuen Kontrollinstrumenten und Sanktionsmöglichkeiten begegnet werden

Wer einen erheblichen Teil seiner Einnahmen, d. h. mehr als etwa 10 Prozent, mit Bargeschäften erzielt, für den ist eine ordnungsgemäße Kassenführung besonders relevant. Beanstandet nämlich der Fiskus bei einer Prüfung die Kassenführung, kann er die Bareinnahmen schätzen, was in der Regel zu erheblichen Steuernachzahlungen führt (vgl. bdp aktuell 116). Für eine ordnungsgemäße Kassenführung müssen daher kurzfristig Betreiber alter EDV-Registrierkassen ohne Einzelaufzeichnung und Exportschnittstelle bis Jahresende auf neue Systeme umstellen. Dann läuft eine Übergangsfrist aus. Mittelfristig, d. h., bis Ende 2018 steht eine weitere Pflicht zur technischen Umstellung bevor, denn dann soll nach dem Willen des BMF ein neues Gesetz zum Schutz vor Kassenmanipulationen wirksam werden und damit die technischen Anforderungen an Kassensysteme hochschrauben.

Alte EDV-Kassen müssen schnell ausgetauscht werden

Wer seine Bargeschäfte noch mit EDV-Registrierkassen abwickelt, die keine Einzelaufzeichnung ermöglichen und auch keine Datenexportschnittstelle besitzen, muss sich also sputen. Solche Kassensysteme sind auf Basis einer Übergangsregelung ausnahmsweise nämlich nur noch bis Ende 2016 zulässig und müssen entsprechend umgestellt oder ausgetauscht werden.

Der Hintergrund: 1996 hatte das BMF eine Ausnahme von der eigentlich nötigen Einzelaufzeichnung dann erlaubt, wenn eine Vielzahl von Bargeschäften an eine Vielzahl unbekannter Personen getätigt wird. Diese Regelung wurde dann mit BMF-Schreiben vom 26.10.2010 zur „Aufbewahrung digitaler Unterlagen bei Bargeschäften“ fast vollständig kassiert. Seit diesem Zeitpunkt gilt aus Sicht der Finanzverwaltung grundsätzlich die Pflicht zur Einzelaufzeichnung. Nicht updatefähige Systeme bekamen die bereits erwähnte Gnadenfrist, die nun aber ausläuft.

Bei der jetzt anstehenden Nachrüstung bzw. Neubeschaffung empfiehlt es sich dringend, das Handbuch des Herstellers zu den Akten zu nehmen und ggf. dem Betriebsprüfer zur Verfügung zu stellen, da die Hersteller der Kassensysteme in der Vergangenheit bei der Umsetzung der technischen Anforderungen recht flexibel waren.

Gesetz zum Schutz vor Kassenmanipulationen als Referentenentwurf

Die Diskussion um die Anpassung der Anforderungen an die Kassenführung an das digitale Zeitalter dauert schon mindestens zwei Jahrzehnte an. Spätestens als Anfang der Nullerjahre der Bundesrechnungshof auf die Manipulationsmöglichkeiten digitaler Kassensysteme hingewiesen und Steuerausfälle in Millionenhöhe beklagt hatte, stand das BMF vor der Herausforderung, mit technischen Mitteln gegenzusteuern. 2008 scheiterte aber aus verwaltungstechnischen und politischen Gründen der Versuch, digitale Kassensysteme mit signaturbasiertem Manipulationsschutz zum verpflichtenden Standard zu erheben.

Die Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD, BMF-Schreiben, 14.11.2014), die seit Anfang 2015 gelten, brachten für das Thema Kassenführung keine neuen Regelungen. Wir haben darüber in bdp aktuell 122, 123 und 124 ausführlich berichtet.

Ergänzung der Abgabenordnung

Die Meinungen über die geschätzte Höhe der Steuerausfälle gehen weit auseinander. NRW schätzt die Steuerausfälle auf fünf bis zehn Millionen. Schäuble hält dies für weit übertrieben, bestreitet aber den Handlungsbedarf nicht.

Deshalb liegt seit Kurzem ein Referentenentwurf aus dem Finanzministerium vor, der einen Schutz vor Kassenmanipulationen gesetzlich herstellen will und die Abgabenordnung entsprechend ergänzen soll. Zwar ist hierfür als Zeithorizont für die Inkraftsetzung erst der 31.12.2018 avisiert. Aber da die angestrebten Vorgaben im Einzelfall erhebliche technische Anpassungen erforderlich machen, sollten sich Unternehmer, die Bargeschäfte betreiben, rechtzeitig mit dieser Thematik befassen.

Investitionen in Millionenhöhe

In Deutschland werden etwa 2,5 Millionen Kassen betrieben, und wenn diese alle bis 2019 auf eine neue fälschungssichere Technik umgestellt werden sollen, belaufen sich die nötigen Investitionskosten der betroffenen Händler auf geschätzte 400 bis 500 Millionen Euro. Allerdings soll es großzügige Übergangsregelungen geben, sodass etwa Kassen erst dann erneuert werden müssen, wenn sie vollständig abgeschrieben sind.

Einzelaufzeichnung ohne Ausnahme

Der Referentenentwurf schreibt die Pflicht zur Einzelaufzeichnung endgültig und ausnahmslos fest, sofern digitale Aufzeichnungssysteme verwendet werden. Eine Pflicht zur Verwendung elektronischer Kassen ist allerdings nicht vorgesehen. Dies wurde von der SPD-Bundestagsfraktion sogleich kritisiert, die elektronische Registrierkassen verbindlich vorschreiben will. Diese Pflicht soll nach dem Willen der Sozialdemokraten allerdings durch die Einführung einer Bagatell-Umsatzgrenze von jährlich 17.500 Euro abgemildert werden, was Gelegenheitshändler auf Skibasaren, Schulfesten und Flohmärkten außen vor ließe.

Manipulationssicheres System

Der technische Kern des Entwurfs verlangt den Einsatz einer zertifizierten Sicherheitseinrichtung bei der Erfassung aufzeichnungspflichtiger Geschäftsvorfälle durch ein elektronisches Aufzeichnungssystem. Dieses System muss aus einem Sicherungsmodul, einem Speichermedium und einer digitalen Schnittstelle bestehen. Dazu sollen die Einzelheiten in einer gesonderten Rechtsverordnung fixiert werden. Erreicht werden soll damit, dass bspw. nicht nachträglich Geschäftsvorfälle aus der Aufzeichnung gelöscht, verändert oder etwa als Übungsbuchungen des Auszubildenden deklariert werden.

Kassennachschau zu jeder Zeit

Die technische Hochrüstung der Kassensysteme, die eigentlich eine Manipulation ausschließen sollte, reicht dem BMF aber nicht aus. Analog zur bereits eingeführten Umsatzsteuernachschau soll eine Kassennachschau als neue Kontrollmöglichkeit der Finanzverwaltung eingeführt werden. Diese Kassennachschau gibt dem Fiskus die Möglichkeit, jederzeit und unangemeldet vor Ort die Ordnungsmäßigkeit der Aufzeichnungen und Buchungen zu überprüfen. Das kann dann beim Steuerpflichtigen selbst oder bei externen Dienstleistern, die für ihn die Daten speichern, geschehen.

Dem Steuerpflichtigen sollen hierfür umfangreiche Pflichten zur Auskunft und zur Vorlage von Dokumenten auferlegt werden. Zu beachten ist ferner, dass der Prüfer vor Ort von der Kassennachschau unmittelbar zu einer Außenprüfung übergehen kann, wenn er im Rahmen der Kassennachschau entsprechende Feststellungen getroffen hat.

Neue Sanktionsmöglichkeiten

Zusätzlich zur technischen Verhinderung von Manipulationen und den Vor-Ort-Kontrollen im Rahmen der Kassennachschau will das BMF auch das Ordnungswidrigkeitenrecht verschärfen und neue Sanktionsmöglichkeiten einführen (§ 379 Abs. 1 AO-E). Als neue Ordnungswidrigkeiten sollen nunmehr angesehen werden, wenn

  • ein elektronisches Aufzeichnungssystem nicht oder nicht richtig verwendet wird,
  • eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung nicht oder nicht richtig schützt oder
  • ein nicht ordnungsgemäßes Aufzeichnungssystem gewerbsmäßig verkauft wird.

Die Geldbußen sollen hierfür bis zu 25.000 Euro betragen, was gegenüber den bislang in § 379 AO sanktionierten Fällen eine Verfünffachung bedeutet.

Offene Ladenkasse weiterhin möglich

Es erstaunt ein wenig, aber der vorliegende Referentenentwurf schließt auch nach 2018 die Verwendung einer offenen Ladenkasse nicht aus. Es ist aber klar, dass in dem beschriebenen Kontext die Nutzung einer offenen Ladenkasse noch sorgfältiger zu geschehen hat, als dies ohnehin geraten ist, will man nicht in Gefahr geraten, dass die Kassenführung durch den Fiskus beanstandet wird und dann Einnahmen hinzugeschätzt werden. Wie eine offene Ladenkasse betrieben werden sollte, werden wir in einem weiteren Beitrag erläutern.

Fazit

Wer Bargeschäfte betreibt, sollte sich darauf einstellen, dass er zukünftig noch kritischer geprüft wird, als dies bisher der Fall ist. Wie auch immer der vorliegende Referentenentwurf im Gesetzgebungsverfahren noch verändert wird, ist die Stoßrichtung klar: Es werden die technischen Vorschriften verschärft und es werden sowohl neue Kontrollinstrumente (Kassennachschau) als auch neue Sanktionsmöglichkeiten geschaffen.

Auch wenn der zeitliche Horizont der Neuregelung bis ins Jahr 2019 reicht, sollten sich Unternehmer mit Bargeschäften schon jetzt dieses Themas annehmen. Es stehen umfangreiche Beschaffungen und Neustrukturierungen an, die gut geplant sein wollen. Und wer immer noch alte EDV-Registrierkassen ohne Einzelaufzeichnung und Exportschnittstelle betreibt, der muss bis zum Jahresende richtig Gas geben. Sprechen Sie uns an, damit wir Sie dabei begleiten können.