Die Wirtschaftsidentifikationsnummer ist da. Wir erläutern, was Unternehmer jetzt wissen müssen und was sie am besten tun sollten.
Die deutsche Wirtschaft befindet sich in einer bedeutenden Umstellung: Mit der Einführung der Wirtschaftsidentifikationsnummer (W-IdNr.) hat der Gesetzgeber eine einheitliche, unternehmensspezifische Steueridentifikation geschaffen.
Die Umstellung hat bereits im November 2024 begonnen und erfolgt stufenweise. Diese Neuerung soll langfristig die Steuernummer für Unternehmen ersetzen und Bürokratie abbauen. Doch was bedeutet das konkret für Unternehmer? Wir geben einen umfassenden Überblick.
Die Wirtschaftsidentifikationsnummer im Detail
Die W-IdNr. ist eine eindeutige, dauerhaft gültige Nummer, die jedem wirtschaftlich tätigen Unternehmen oder Selbstständigen zugewiesen wird. Sie dient dazu, Steuerangelegenheiten effizienter zu gestalten und Verwaltungsprozesse zu digitalisieren. Die neue W-IdNr. besteht aus den Anfangsbuchstaben „DE“ und einer 9-stelligen Ziffernfolge.
Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) ist für die Vergabe der W-IdNr. zuständig. Jedes Unternehmen soll automatisch eine solche Nummer erhalten, ohne dass ein Antrag gestellt werden muss. Die W-IdNr. soll langfristig die klassische Steuernummer ersetzen und steuerliche Meldeverfahren erleichtern. Die W-IdNr. dient damit als Wegbereiter für eine bundesweite, behördenübergreifende Kommunikation und soll somit zu einer Standardisierung und Vereinfachung von Steuerprozessen beitragen.
Vorhandene USt-IdNr. gilt auch als W-IdNr.
Wirtschaftlich Tätige, die bereits vor der Einführung der W-IdNr. eine USt-IdNr. erhalten haben, erhalten keine gesonderte Mitteilung, da die W-IdNr. ihrer USt-IdNr. entspricht. Stattdessen werden sie durch eine öffentliche Bekanntmachung im Bundessteuerblatt darüber informiert, dass ihre USt-IdNr. ab dem 3. Dezember 2024 auch als W-IdNr. gilt. Für wirtschaftlich Tätige ohne USt-IdNr. oder mit neu aufgenommener Tätigkeit erfolgt die Mitteilung über ELSTER.
Ein wichtiger angestrebter Vorteil der neuen Wirtschaftsidentifikationsnummer ist die Reduzierung der Bürokratie. Durch eine einheitliche Identifikationsnummer sollen doppelte Erfassungen vermieden und die Kommunikation zwischen Unternehmen und Behörden verbessert werden. Darüber hinaus erleichtert die eindeutige Identifikation die Bekämpfung von Steuerhinterziehung und optimiert den Datenaustausch zwischen staatlichen Stellen.
Die Vielzahl an Identifikationsnummern – Fluch oder Segen?
Die Einführung der W-IdNr. wirft jedoch auch die Frage auf, ob Unternehmen durch die wachsende Anzahl an Identifikationsnummern nicht zunehmend belastet werden. National wie auch international gibt es bereits eine Reihe weiterer Nummern, die in verschiedenen wirtschaftlichen und steuerlichen Kontexten benötigt werden. Zu erwähnen sind hier beispielsweise:
- EORI-Nummer (Economic Operators Registration and Identification): Erforderlich für den internationalen Warenverkehr und die Zollabfertigung.
- Handelsregisternummer: Dient zur Identifikation von Unternehmen im Handelsregister.
- Betriebsnummer: Wird für die Anmeldung von Arbeitnehmern zur Sozialversicherung benötigt.
- LEI-Nummer (Legal Entity Identifier): Notwendig für Finanztransaktionen auf internationalen Märkten.
- D-U-N-S-Nummer (Data Universal Numbering System): Wird zur internationalen Identifikation von Unternehmen verwendet, insbesondere bei Bonitätsprüfungen.
Recht neu dazu kam die
- Leitweg-ID, das Kennzeichen einer elektronischen Rechnung zur eindeutigen Adressierung von öffentlichen Auftraggebern in Deutschland (Beispiele: Behörden, Kommunen, Ministerien).
Die Vielzahl an Identifikationsnummern stellt Unternehmen vor die Herausforderung, den Überblick zu behalten und die individuellen Anforderungen korrekt zu erfüllen. Dies gilt insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU).
Ein zentrales Problem ist zudem die mangelnde Interoperabilität der verschiedenen Identifikationssysteme. Während die W-IdNr. eine Vereinfachung verspricht, bleibt offen, inwiefern sie andere bestehende Nummern ersetzen oder ergänzen wird. Viele Unternehmer fordern daher eine stärkere Vereinheitlichung und Vereinfachung der Identifikationsprozesse, um den Verwaltungsaufwand weiter zu reduzieren.
Die Wirtschaftsidentifikationsnummer im Vergleich
Ein wesentlicher Aspekt der Diskussion um die Wirtschaftsidentifikationsnummer ist ihr Verhältnis zu anderen bereits existierenden Kennungen. Während die USt-IdNr. auf den internationalen Handel abzielt, dient die W-IdNr. primär der steuerlichen Erfassung innerhalb Deutschlands. Im Gegensatz zur Handelsregisternummer, die primär zur Identifikation im Unternehmensregister verwendet wird, ist die W-IdNr. speziell auf steuerliche Zwecke ausgerichtet.
Die Digitalisierung und Automatisierung von Verwaltungsprozessen könnte langfristig dazu beitragen, dass die Notwendigkeit mehrerer verschiedener Identifikationsnummern entfällt. Stattdessen könnte eine einzige Nummer für Steuerangelegenheiten, internationale Transaktionen und regulatorische Anforderungen genutzt werden. Dies würde nicht nur die Verwaltungskosten senken, sondern auch die Effizienz der Geschäftsprozesse steigern.
Was Unternehmer jetzt tun sollten
Die Vergabe der W-IdNr. erfolgt vollständig elektronisch und automatisch durch das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt). Sie müssen also keinen Antrag auf die Vergabe stellen. Auch sollen wirtschaftlich Tätigen keine Nachteile, abhängig vom Zeitpunkt der Bekanntgabe, entstehen. Eine Angabe der W-IdNr. in steuerlichen Erklärungsvordrucken ist bis zum Abschluss der erstmaligen Vergabe optional. Langfristig soll die W-IdNr. das führende Ordnungskriterium und Identifikationsmerkmal in der Behördenkommunikation für die wirtschaftlich Tätigen werden.
Fazit: Fortschritt oder zusätzliche Bürokratie?
Die Wirtschaftsidentifikationsnummer ist ein Schritt in Richtung Digitalisierung und Bürokratieabbau. Auch wenn die Umsetzung bisher lange gedauert hat, dürfte sie in Zukunft eine erhebliche Erleichterung für Unternehmen und Steuerbehörden mit sich bringen. Allerdings zeigt sich auch, dass die Vielzahl an Identifikationsnummern eine wachsende Herausforderung darstellt.
Ob die Wirtschaftsidentifikationsnummer letztlich als Erleichterung oder als zusätzliche Hürde wahrgenommen wird, hängt davon ab, wie gut sie in die bestehenden Systeme integriert wird und ob sie langfristig andere Identifikationsnummern ersetzen kann. Eine konsequente Digitalisierung und Vereinheitlichung der Verwaltungsprozesse wäre ein entscheidender Schritt, um Unternehmen in Deutschland wirklich zu entlasten.