Das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) ermöglicht ein formelles Restrukturierungsverfahren ohne einen Insolvenzantrag und ohne Eintrag in das Handelsregister.
Während landläufig eine Insolvenz meist mit dem Ende des betroffenen Unternehmens gleichgesetzt wird, trifft dies auch in Deutschland rechtlich und praktisch seit einigen Jahren nicht mehr zu. Die Zerschlagung von Krisenunternehmen soll möglichst vermieden und stattdessen verstärkt auf präventive Restrukturierungsmaßnahmen gesetzt werden.
In unserer Serie „Sanieren statt liquidieren“ erläutern wir die wichtigsten Aspekte der modernen Sanierungspraxis. In dieser Ausgabe steht die Frage im Mittelpunkt: „Welche Möglichkeiten bietet das vorinsolvenzliche Restrukturierungsverfahren nach dem StaRUG?“
Insolvenzplanverfahren ohne Insolvenz
Das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) ermöglicht ein gesetzlich geregeltes und bei Bedarf gerichtlich begleitetes Restrukturierungsverfahren unterhalb der Schwelle einer echten Insolvenz. Diese Option einer Art „Insolvenzplanverfahren ohne Insolvenz“ kann zudem unter Ausschluss der Öffentlichkeit erfolgen, mithin ohne einen Eintrag im Handelsregister.
Die Vorteile eines StaRUG-Verfahrens können aber nur Unternehmen in Anspruch nehmen, bei denen Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung noch nicht eingetreten sind. Eine drohende Zahlungsunfähigkeit ist die Voraussetzung. Deshalb wurde mit dem StaRUG auch eine verbindliche Pflicht zur Krisenfrüherkennung geschaffen sowie eine Hinweispflicht bei der Aufstellung von Jahresabschlüssen von Krisenunternehmen. Mandatierte Steuerberater, Wirtschaftsprüfer etc. müssen im Jahresabschluss darauf hinweisen, „wenn entsprechende Anhaltspunkte offenkundig sind und sie annehmen müssen, dass dem Mandanten die mögliche Insolvenzreife nicht bewusst ist“ (StaRUG, § 102).
Pflicht zur Krisenfrüherkennung
Die Verpflichtung zur Krisenfrüherkennung ist der Imperativ des ganzen StaRUG: In § 1 StaRUG ist deshalb explizit eine Pflicht zur Krisenfrüherkennung und zum Krisenmanagement festgeschrieben.
Die betroffenen Unternehmen müssen daher ein geeignetes Frühwarnsystem etablieren, um eine drohende Zahlungsunfähigkeit rechtzeitig erkennen zu können. Als Mindestanforderung an ein solches Frühwarnsystem betrachten wir eine integrierte und rollierende Unternehmensplanung über diesen Zeitraum.
Häufig fehlen gerade in kleinen und mittleren Unternehmen geeignete Instrumente bzw. auch die Manpower, um der Pflicht zur Krisenfrüherkennung nachzukommen. bdp kann Sie hierbei auf verschiedene Weise unterstützen:
- Einrichten einer integrierten Planung (GuV, Liquidität, Bilanz)
- Laufende Fortschreibung der integrierten Planung auf Basis der jeweiligen Istzahlen als 24-Monate-Forecast und damit als Krisenfrüherkennungssystem
- Ableitung von Handlungsoptionen und Festlegung von Maßnahmen im Sinne eines Krisenmanagements
Kapitel 8: Restrukturierung ohne Insolvenz Moderne Werkzeuge
Mit dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) gibt es einen gesetzlichen Rahmen, um Restrukturierungen früh und vor allem diskret einleiten zu können.
Mit dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) gibt es einen gesetzlichen Rahmen, um Restrukturierungen früh und vor allem diskret einleiten zu können.
Kapitel 9: Tools für die Krisenerkennung Frühwarnsystem ist Pflicht
Häufig fehlen gerade in kleinen und mittleren Unternehmen geeignete Instrumente bzw. auch die Manpower, um den vielen Vorschriften für Krisenunternehmen nachzukommen. Hier kann bdp helfen.
Häufig fehlen gerade in kleinen und mittleren Unternehmen geeignete Instrumente bzw. auch die Manpower, um den vielen Vorschriften für Krisenunternehmen nachzukommen. Hier kann bdp helfen.
Restrukturierungsplan nur bei drohender Zahlungsunfähigkeit möglich
Wer einen Restrukturierungsplan nutzen möchte, darf den richtigen Zeitpunkt nicht verpassen: Ist Zahlungsunfähigkeit eingetreten und sind die insolvenzrechtlichen Antragsfristen verstrichen, bleibt nur der Weg zum Insolvenzrichter. Das StaRUG regelt den vorinsolvenzlichen Raum. Im Gegensatz zum Insolvenzverfahren, das mit einem Antrag beim Insolvenzgericht beginnt, kann ein Restrukturierungsplan (theoretisch) auch komplett ohne Gericht umgesetzt werden.
Grundsätzlich soll das Verfahren wie folgt laufen: Das Krisenunternehmen stellt unter Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen (§§ 5 - 16) einen Restrukturierungsplan auf, der inhaltlich sehr flexibel gestaltet werden kann. Möglich ist das ganze Spektrum von Forderungsverzichten, Stundungen, Neuformulierung der Vertragsbedingungen, Debt-to-Equity-Swaps, Kapitalerhöhungen oder auch Kapitalschnitte.
Dann erfolgt das sogenannte „Planangebot“ an die Gläubiger und Planbetroffene (bspw. Gesellschafter) und die Auslegung, Erörterung und Abstimmung entsprechend der gesetzlichen Vorgaben (§ 17 ff.). Zur Annahme ist in allen beteiligten Gruppen eine Mehrheit von 75 % nötig, wobei die Stimmenanteile entsprechend der Forderungen bzw. Anteile und nicht nach Köpfen bemessen werden.
Eskalationsmöglichkeit durch sukzessive unterstützende Einbindung des Restrukturierungsgerichts
Weil die Gläubiger ihren jeweiligen Shareholdern verpflichtet sind, ist es nicht sehr wahrscheinlich, dass sie allein auf das Planangebot des Schuldners hin freiwillig auf Teile ihrer Forderungen verzichten. Allerdings bietet das StaRUG dem schuldnerischen Unternehmen Eskalationsoptionen: Es ermöglicht sukzessiv die unterstützende Einbindung des Restrukturierungsgerichts.
Die Rolle des Sanierungsmoderators
Ein Sanierungsmoderator kann auf Antrag eines restrukturierungsfähigen Schuldners vom Gericht bestellt werden. Sanierungsmoderator kann eine geeignete, insbesondere geschäftskundige und von den Gläubigern und dem Schuldner unabhängige natürliche Person sein.
Scheitert die Sanierungsmoderation, kann sie in den Sanierungs- und Restrukturierungsrahmen nach §§ 29 ff. StaRUG übergeleitet werden (§ 100 StaRUG), der insbesondere die gerichtliche Anordnung von Regelungen zur Einschränkung von Maßnahmen der individuellen Rechtsdurchsetzung (Stabilisierung) vorsehen kann.
Ein vollständig außergerichtlicher Restrukturierungsplan ist unrealistisch
Die kompletten „Stabilisierungs- und Restrukturierungsinstrumente“ des StaRUG nutzt, wer sein Restrukturierungsvorhaben bei Gericht anzeigt (§ 31). Es ist kein Antrag nötig. Im Gegensatz zum Insolvenzverfahren bestimmt das Unternehmen selbst den Ablauf und behält, ähnlich wie beim Sonderfall der Insolvenz in Eigenverwaltung, die Verfügungsgewalt über das Verfahren.
Die Instrumente des gerichtlichen Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens
Das StaRUG sieht vier gerichtliche Instrumente vor, die einzeln oder auch in Kombination genutzt werden können:
- Gerichtliche Planabstimmung
- Gerichtliche Vorprüfung
- Stabilisierung
- Gerichtliche Planbestätigung
Mit einer gerichtlichen Planbestätigung kann dann schließlich der Plan auch gegenüber ablehnenden Gläubigern durchgesetzt werden.
Pflichten des Schuldners und mögliche Aufhebung der Restrukturierungssache
Mit der Anzeige des Restrukturierungsvorhabens beim Gericht wird die Restrukturierungssache rechtshängig. (§ 31 (3)) Weil der Stabilisierungs- und restrukturierungsrahmen die nachhaltige Beseitigung einer drohenden Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 18 Absatz 2 der Insolvenzordnung zum Ziel hat (§ 29 (1)), dürfen dessen oben aufgezählte Instrumente nur so lange genutzt werden, wie dieses Ziel erreichbar ist. Wenn Insolvenzantragsgründe vorliegen, also tatsächliche Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung eingetreten sind und ein Insolvenzantrag gestellt werden muss oder gestellt wurde, ist die Restrukturierungssache vom Gericht von Amts wegen wieder aufzuheben.
Der Restrukturierungsbeauftragte als Mittler
Als Kommunikationsmedium zwischen Schuldner, Gläubigern und Gericht und Aufsichtsorgan über den Verhandlungsprozess sollte das Restrukturierungsverfahren kann das Restrukturierungsgericht einen sogenannten Restrukturierungsbeauftragten einsetzen (§§ 73 ff.).
Der Schuldner hat bei der Auswahl des Restrukturierungsbeauftragten eine starke Position (§ 74(2)). Weil aber der Restrukturierungsbeauftragte hoheitliche Aufgaben übernimmt, agiert er nicht parteilich an der Seite des Schuldners. Er steht unter Aufsicht des Gerichts, ist jederzeit berichtspflichtig und muss unparteiisch die Gesamtheit der Gläubigerinteressen wahren. Dazu gehört insbesondere, dem Gericht den Eintritt von Insolvenzantragsgründen mitzuteilen (§ 75). Das Gericht kann ihm sehr weitgehende Aufgaben übertragen, die an die Funktion des Sachwalters bei der Insolvenz in Eigenverwaltung erinnern.
Fazit: Verlässliche Zahlen, Flexibilität und gute Kommunikation als Erfolgsfaktoren
Das StaRUG bietet einen gesetzlich normierten Rahmen des vorinsolvenzlichen Raums. Es sollen die Rettung und Restrukturierung von Unternehmen früh ermöglicht werden, ohne dass dabei ein Insolvenzverfahren eingeleitet werden muss.
Wird die drohende Zahlungsunfähigkeit dann festgestellt und soll ein Restrukturierungsplan die Rettung bringen, reicht Rhetorik gegenüber den Gläubigern allein nicht aus. Die Perspektive auf eine dauerhafte Beseitigung der drohenden Zahlungsunfähigkeit kann umso plausibler vermittelt werden, je verlässlicher das zugrundeliegende Zahlenwerk ist und je schneller es zur Verfügung steht.
Sprechen Sie uns an, wenn Sie hierbei Unterstützung wünschen.