Einkauf, Vertrieb und Personalbestand müssen bei Krisenunternehmen kritisch geprüft werden. Hier lassen sich meist Ertrags- und Kostenverbesserungen erzielen.
In unserer Artikel-Serie „Sanieren statt liquidieren“ haben wir Ihnen zuletzt erläutert, wie die Zahlungsfähigkeit durch ein konsequentes Liquiditätsmanagement gesichert oder wiederhergestellt werden kann. In dieser Ausgabe befassen wir uns mit Ertrags- und Kostenverbesserungen.
Verlustbringer eliminieren
Über kurzfristig wirksame operative Projekte und mittel- und langfristig wirksame Strukturprojekte muss eine Verbesserung der Kapitalstruktur und des operativen Betriebsergebnisses erzielt werden.
Hierfür sind zunächst konsequent die Verlustbringer zu eliminieren. Stark defizitäre (d. h. mit negativem Deckungsbeitrag arbeitende) Produkte oder Teilgeschäftsbereiche sind einzustellen. Hierbei gilt es allerdings zunächst zu prüfen, ob die Produktion oder das Anbieten dieser Dienstleistung gestoppt werden kann oder vielleicht sogar eine Veräußerung an Wettbewerber oder Interessenten aus der Leistungskette (Kunden oder Lieferanten) in Betracht kommt.
Augenmerk auf den Einkauf
In der Folge, wenn nicht sogar parallel, ist dem Einkauf sofortige Aufmerksamkeit zu schenken. Material ist bei vielen produzierenden Unternehmen eine der größten Aufwandspositionen. Der Aufwand wird durch den Materialverbrauch, den Bestellaufwand und den Einstandspreis bestimmt. Letzterer kann unter Beibehaltung von Versorgung und Qualität häufig um 5 % bis 15 % gesenkt werden.
Die kurz- und mittelfristigen Potenziale bestehen im Lieferantenkreis (Beschaffungsalternativen ermitteln, mit Lieferanten verhandeln, Preise senken, Lieferantenanzahl ausdünnen), in Materialart und -beschaffenheit und Beschaffungsvolumen (alternative Bezugsstoffe ermitteln, Bedarf bündeln, Teileanzahl ggf. reduzieren, Bestellzeitpunkte verändern, Losgrößen optimieren, Vorratshaltung verkleinern) und in der Vertragsgestaltung (Konditionen prüfen, Zahlungsziele verlängern, Boni- und Rabattstaffeln vereinbaren, kündbare Mehrjahresrahmenverträge mit Preisanpassungsklauseln abschließen etc.).
Häufig lassen sich darüber hinaus Ertragspotenziale in der Einkaufsorganisation des Unternehmens heben (zentral einkaufen, dezentral disponieren, ABC-Analysen, Lieferantenbewertungen, Preisvergleiche institutionalisieren, händische Bestellvorgänge durch elektronische ersetzen, Einkaufskooperationen aufbauen etc.) und der Einkauf sich in die Fertigungssteuerung einbinden.
Darüber hinaus sind unverzüglich die Produktions- und Lagerkapazitäten zu untersuchen.
Personalaufwand prüfen
Der Personalaufwand kann durch Anpassung der Personalkapazitäten, Senkung des Lohn- und Gehaltskosten und Veränderung der Personalstruktur häufig ebenfalls zwischen 5 % bis 20 % gesenkt werden. Kapazitäten, die unter Berücksichtigung zu erwartender Bedarfsstrukturen zukünftig nicht sicher ausgelastet werden können, werden angepasst (Fertigungseinrichtungen stilllegen oder veräußern, Standorte zusammenlegen) und die Fertigungstiefe mit eigenem Personal bei konsequenter Auslagerung von Wertschöpfungsschritten reduziert. Besonders für Dienstleistungsunternehmen ist der Personalaufwand kritisch zu prüfen, da dieser hier meist die größte Aufwandsposition ausmacht.
Durch Änderung der Fertigungsstruktur kann häufig die Arbeit schneller und damit preiswerter ausgeführt werden und die Durchlaufzeit wird durch Losgrößen spezifischer Abläufe bei Fertigungssegmentierung gesenkt. Ziel ist es, Warteschlangen und Zwischenlager weitestgehend zu vermeiden und Rüstzeiten zu reduzieren. Im Allgemeinen geh es hierbei um die kurzfristige Prozessoptimierung und Effizienzsteigerung.
Offene Mitarbeitergespräche
Weitere Maßnahmen betreffend den Personalaufwand sind ein temporäres Überstundenverbot bis hin zur Kurzarbeit, die Verhandlung von Vorruhestandsregelungen, Arbeitszeitverkürzungen bei Gehaltsanpassung, Einstellungsstopp, Gehaltsverzichte mit oder ohne Besserungsschein, Streichung von Leistungszulagen, Gratifikationen, Weihnachts- und Urlaubsgeld. Ohne die Mitarbeiter ist eine Unternehmenskrise nur schwer zu überstehen. Durch offene Kommunikation, ehrliche Wertschätzung und eine Vision für die Zeit nach der Krise, kann man sich sogar zeitgleich für einen niedrigeren Krankenstand engagieren.
Der sonstige betriebliche Aufwand umfasst umsatz- und mitarbeiterabhängige Kostenarten. Hier sind häufig Kostensenkungen um bis zu 20 % möglich. Diese Maßnahmen umfassen Nachverhandlungen mit Vertragspartnern, Umstellung auf andere Verfahren und Prozesse, Auswahl günstigerer Alternativen sowie Anpassung des Bedarfs an neue Mitarbeiterzahlen.
Untersuchung des Vertriebs
Als möglicher Ertragsverbesserer ist ebenfalls der Vertrieb zu untersuchen. Er muss sich insbesondere auf deckungsbeitragsstarke Produkte konzentrieren, die Vertriebsstrategie überarbeiten, A-Kunden aktivieren, Rabattaktionen durchführen, die Produkte aus der Sortimentsbereinigung abverkaufen und Verkaufsförderungsaktionen starten. Was im Mittelstand häufig noch nicht vorhanden ist, allerdings im Zuge einer solchen Krise direkt aufgebaut werden sollte, ist ein aktives Vertriebscontrolling.
Weiterhin ist die Organisation des Unternehmens in ihrer Gesamtheit zu untersuchen. Ziel muss es sein, eine Verschlankung durchzuführen, d. h. überflüssige Entscheider und Hierarchiestufen wegfallen zu lassen. Das kann durch die Zusammenlegung von Abteilungen erfolgen oder auch durch das Outsourcing bisher selbst geleisteter Verwaltungsleistungen. Unzureichende Leitungsfunktionen müssen neu besetzt und „Bremser“ entlassen werden. Für dieses Vorgehen eignen sich sogenannte Interimsmanager, sie haben noch keine persönlichen Befindlichkeiten und einen objektiven Blick für die Situation. bdp steht in dieser Angelegenheit gerne (beratend) an Ihrer Seite.