In Krisenunternehmen ist nicht nur die Geschäftsführung erheblichen Haftungsrisiken ausgesetzt, sondern auch die Gesellschafter

Insbesondere im Verlauf einer Unternehmenskrise ist nicht nur der Geschäftsführer einer Gesellschaft diversen Risiken ausgesetzt, sondern auch der bzw. die Gesellschafter der Gesellschaft. Dazu kommt, dass in den letzten Jahren eine Reihe von Vorschriften zur Haftung des Gesellschafters auch außerhalb einer Insolvenz verschärft worden sind.

Da die primäre Pflicht eines Gesellschafters – vorbehaltlich anderweitiger Regelungen des Gesellschaftsvertrages – die Aufbringung und Belassung des Stammkapitals in der GmbH ist, ist die Erhaltung des Stamm- bzw. Grundkapitals einer Kapitalgesellschaft von besonderer Bedeutung für die Haftung des Gesellschafters. Dabei gilt der Grundsatz der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung.

Stammkapital muss erhalten werden

Bei einer GmbH darf das gemäß § 30 GmbHG zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen nicht an die Gesellschafter ausbezahlt werden. § 31 GmbHG statuiert, dass Zahlungen, die dem § 30 GmbHG zuwider geleistet worden sind, der Gesellschaft erstattet werden müssen. Die vorgenannten Regelungen finden auch auf die GmbH & Co. KG Anwendung.

Um das Haftungsprivileg des § 13 GmbHG – Beschränkung der Haftung nur auf das Gesellschaftsvermögen – in Anspruch nehmen zu dürfen, ist die Respektierung der Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens zur vorrangigen Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger unabdingbare Voraussetzung.

§ 30 GmbHG verbietet es dem Geschäftsführer, an einen Gesellschafter Aktivvermögen der Gesellschaft wegzugeben, wenn und so weit dadurch eine bilanzielle Unterdeckung herbeigeführt oder vertieft wird. Das Vorliegen einer Überschuldung ist dazu nicht erforderlich!

Auszahlungen an Gesellschafter

Die Vorschriften des Aktiengesetzes zum Schutz des Grundkapitals verbieten ferner jegliche Auszahlung an den Gesellschafter, mit Ausnahme des ordnungsgemäß festgestellten Bilanzgewinns (§ 57 AktG). In der Praxis ist das Auszahlungsverbot insbesondere für verdeckte Gewinnausschüttungen und auch sonstige Leistungen, insbesondere die Rückzahlung von Darlehen an Gesellschafter, bedeutsam.

Auszahlungen i.S. von § 30 GmbHG sind nicht lediglich Geldleistungen, sondern weitgehend alle Leistungen, denen keine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht und die wirtschaftlich das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Gesellschaftsvermögen verringern. Das sind beispielsweise auch die Abtretung einer Forderung, die Erfüllung einer Verbindlichkeit eines Gesellschafters, auch durch Aufrechnung, aber auch das Unterlassen der Durchsetzung oder die Aufgabe einer Forderung gegen einen Gesellschafter. Eine bilanzielle Auswirkung ergibt sich auch dadurch, dass das Erfolgspotenzial der Gesellschaft geschmälert wird, z. B. wenn Aktivvermögen der Gesellschaft an die Gesellschafter ohne Realisierung der stillen Reserven abgegeben wird, oder die Gesellschaft auf den ihr bei einem Drittgeschäft möglichen Gewinn verzichtet.

Als Rechtsfolge der verbotenen Auszahlung sind die erhaltenen Leistungen vom Gesellschafter an die Gesellschaft zurückzuerstatten. Die übrigen Gesellschafter haften anteilig entsprechend ihrer Beteiligung.

Ganz wesentlich ist, dass bei Vorliegen der vorgenannten Voraussetzungen die Gesellschaftsgläubiger auch außerhalb eines Insolvenzverfahrens berechtigt sind, ihre Forderungen unmittelbar gegen die an den Eingriffen in das Gesellschaftsvermögen beteiligten Gesellschafter geltend machen, sofern sie von der Gesellschaft keine Befriedigung erlangen.

Risiko gewährter Sicherheiten

Im Rahmen einer Insolvenz können auch gewährte Sicherheiten, so z. B. Bürgschaften eines Gesellschafters, für diesen kritisch werden, da der Insolvenzverwalter ganz genau prüfen wird, ob der Gesellschafter von seiner Bürgschaft zu Recht frei geworden ist, oder ob die Rückzahlung des verbürgten Darlehens angefochten werden kann. In diesem Fall gerät auch der Gesellschafter in die Zahlungspflicht.

Auch die Regelung des § 43a GmbHG (Kreditgewährung aus Gesellschaftsvermögen) gebietet Vorsicht, da bei der Gewährung von Darlehen an Geschäftsführer und leitende Personen zu beachten ist, dass der Kredit nicht aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft gewährt wird. Zum betroffenen Personenkreis gehören auch Familienmitglieder.

Selbstverständlich haftet der Gesellschafter aus Bürgschaften, die er Gläubigern der Gesellschaft wie z. B. Banken gegenüber abgegeben hat. Der Gesellschafter haftet auch aus Patronatserklärungen, in denen er sich verpflichtet hat, der Gesellschaft finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen, um eine Insolvenzreife zu vermeiden. Bei der Formulierung solcher Patronatserklärungen ist besondere Vorsicht geboten wie auch Boris Becker in dem „Sportgate“-Fall schmerzhaft erfahren musste, weil er sich verpflichtet hatte, „sowohl unverzüglich jegliche Verluste, die während des Geschäftsganges eintreten, bis zu einer Summe von 1,5 Millionen Euro mittels geeigneter Maßnahmen auszugleichen, als auch die Versorgung der Gesellschaft in dieser Zeit mit flüssigen Mitteln sicher zu stellen, so dass die Gesellschaft jederzeit ihren finanziellen Verpflichtungen nachkommen kann“.

Patronatserklärungen sind zwar ein probates Mittel, um die Insolvenzreife eines Unternehmens abzuwenden, doch bei ihrer Formulierung ist besondere Sorgfalt angebracht.

Risiko: Führerlose Gesellschaft

Ist ein Unternehmen in der Krise, ist der Gesellschafter vor allem dann gefragt, wenn er Kenntnis davon hat, dass die Gesellschaft führungslos ist. Dann ist gemäß § 15a InsO jeder Gesellschafter anstelle des Geschäftsführers bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung insolvenzantragspflichtig. Hat ein Gesellschafter also Kenntnis von der Führungslosigkeit der Gesellschaft, so muss er zwingend die Insolvenzreife der Gesellschaft prüfen. Eine Verletzung dieser Pflicht führt zur persönlichen Haftung des Gesellschafters. Unter Umständen macht er sich sogar strafbar.

Greift der Gesellschafter aber stetig in das operative Geschehen der Gesellschaft ein, obwohl diese ein handelndes Organ hat, so setzt sich der Gesellschafter dem Risiko aus, dass er als „faktischer Geschäftsführer“ haften muss.

Bestellung ungeeigneter Geschäftsführer

Die Gesellschafter haften gemäß § 6 Abs. 5 GmbHG auch, wenn sie „vorsätzlich oder grob fahrlässig einer Person, die nicht Geschäftsführer sein kann, die Führung der Geschäfte überlassen … für den Schaden, der dadurch entsteht, dass diese Person die ihr gegenüber der Gesellschaft bestehenden Obliegenheiten verletzt.“

Die Haftung der Gesellschafter soll den „Firmenbestattungen“ vorbeugen, bei denen Geschäftsführer eingesetzt werden, die gegen die Eignungsvoraussetzungen nach § 6 Abs. 1 GmbH verstoßen wie z. B. Vorstrafen wegen Insolvenzverschleppung. Die „Überlassung“ der Geschäftsführung bedeutet nicht nur förmliche Bestellung, sondern auch die Einräumung der Möglichkeit eines faktischen Geschäftsführers, für die Gesellschaft tätig zu sein. 

Wenn ein ungeeigneter Geschäftsführer dann z. B. erneut Vermögensdelikte begeht und der Gesellschaft einen Schaden zufügt, haften die Gesellschafter – auch Minderheitsgesellschafter – für den Schaden, wenn sie bei der Überlassung der Geschäftsführung sich bewusst waren, dass der Geschäftsführer ungeeignet ist. 

Häufig wird übersehen, dass die Haftung auch dann besteht, wenn der Geschäftsführer während seiner Amtszeit die Eignungsvoraussetzungen verliert, also z. B. wegen Insolvenzverschleppung verurteilt wird. Der Geschäftsführer verliert dann seine Geschäftsführungsbefugnis und wenn die Gesellschafter ihn wissentlich dennoch die Geschäfte führen lassen, können sie zum Schadensersatz verpflichtet sein.

Vermögensvermischung insbesondere bei Einmann-GmbHs

Insbesondere bei den vielfach anzutreffenden Einmann-GmbHs besteht das Risiko einer Vermögensvermischung. Dies kann insbesondere dann vorgeworfen werden, wenn eine solche GmbH wie ein Einzelunternehmen geführt wird und Vermögensgegenstände sowohl für Zwecke der GmbH als auch für Zwecke des Gesellschafters eingesetzt und Einnahmen- und Vermögensverschiebungen nicht vertraglich eindeutig dokumentiert und buchhalterisch korrekt abgebildet werden. Eine solche Vermögensvermischung führt im Ergebnis zur unbeschränkten Haftung des Gesellschafters für alle Verbindlichkeiten der GmbH.

Aus diesem Grund ist es besonders wichtig, dass Gesellschafter darauf achten, dass sie die Rechtsverhältnisse der GmbH so gestalten, wie sie es mit jedem fremden Dritten auch tun würden. Es darf nicht vergessen werden, dass die GmbH eine eigene Rechtspersönlichkeit ist!

Aus diesem Grund sollten sich auch Gesellschafter vor allem dann beraten lassen, wenn sie selbst Geschäfte mit ihrer Kapitalgesellschaft machen. Sprechen Sie uns auch hierzu gerne an.