Wie gehen unsere Mandanten mit den Herausforderungen der Pandemie um? Wir sprechen mit ihnen über diese Probleme. In dieser Ausgabe befragen wir die Familie Knoop-Troullier von „AUST Fashion“.
Die Corona-Krise hat naturgemäß viele bdp-Mandanten vor schwierige wirtschaftliche Herausforderungen gestellt. Um herauszufinden, wie unsere Mandanten mit der aktuellen Situation umgehen und welche Maßnahmen unternehmensintern ergriffen wurden, werden wir mit ihnen darüber in dieser und den folgenden Ausgaben von bdp aktuell sprechen.
Diesen Monat haben wir mit der Familie Knoop-Troullier von „AUST Fashion“ gesprochen, einem Damenmodelabel, das seine Kollektionen in rund 50 Boutiquen in Deutschland und Österreich vertreibt. Das Familienunternehmen wurde lange Jahre von Christian und Astrid Knoop-Troullier geführt, vorletztes Jahr nun wurde die Position der Geschäftsführung an Robert Knoop-Troullier weitergegeben.
___ Aktuell können viele Unternehmen Homeoffice einführen, im Einzelhandel ist das nicht möglich. Wie haben Sie in den Stores auf die Pandemie reagieren können und welche Änderungen mussten Sie vornehmen?
RKT: In der Tat, Homeoffice in den Stores ist schwierig. Wir haben versucht IT-basiert eine Art Homeoffice-Lösung auch für Stores zu schaffen, indem wir sogenannte „Virtuelle Boutiquen“ eingeführt haben. Da wir primär mit selbstständigen Partnern zusammenarbeiten konnten diese in der extremen Lockdown-Phase Ende März, Anfang April dann über ihre eigene virtuelle Boutique von zu Hause aus verkaufen und das hat tatsächlich ziemlich gut funktioniert. Es hat den Umsatz ein wenig abgepuffert, jedoch nur im niedrigen zweistelligen Prozentbereich des regulären Umsatzes.
„Ich glaube, dass viele traditionelle Unternehmen da den Schuss nicht gehört haben, was Agilität in der Umsetzung angeht.“
Es war vor allem eine moralische Hilfe und es war eine Möglichkeit, mit den Kunden in Kontakt zu bleiben. Dadurch konnten wir nach dem Opening nach dem Lockdown wieder relativ schnell auf halbwegs normale Umsatzniveaus zurückkehren. Darüber hinaus gab es auch in unserer Zentrale den Punkt, dass wir primär von zu Hause aus arbeiten mussten und dann gerade unsere ganzen Digitalisierungsprojekte koordinierten. Wir haben das Glück, schon im Vorhinein bereits gut aufgestellt gewesen zu sein – auch, weil wir eine relativ kleine und junge Truppe sind.
___ Ihr Motto ist „Erfolg ist Teamsache“. Wie erhalten Sie den Spirit teamintern aktuell aufrecht?
CKT: Im operativen Geschäft bin ich seit ungefähr einem Jahr nur noch bedingt tätig, seitdem Robert die Geschäftsführungsnachfolge angetreten hat. Aus meiner Sicht der „Gastspieltätigkeit“ werden doch verstärkt Anstrengungen unternommen, um im Team der Zentrale weiterhin ein Teambuilding zu betreiben. Durch verschiedene Events wie zum Beispiel „After Work Wein“ wird das junge Team (nicht nur altersmäßig, sondern auch in der Zugehörigkeit zum Unternehmen) gut connected, um einen positiven Spirit aufrechtzuerhalten.
Dieser hat in der Konsequenz dann natürlich auch starke Auswirkungen auf unsere Filialen und wird weitergetragen. In unseren Filialen selbst haben wir es mit vielen Einzelhändlern zu tun, bei denen die aktuelle Situation natürlich auch starke existenzielle Ängste auslöst. Wir versuchen ihnen einen positiven Halt zu geben, indem wir in der Zentrale für sie da sind.
RKT: Ich möchte noch ein wichtiges Tool ergänzen, das zu unserem positiven Spirit beiträgt: Wir haben letztes Jahr im September ein Social Intranet eingeführt, das nennt sich „Workplace“. Da hatten wir mit dem Timing mehr Glück als Verstand.
„Die Veränderungsbereitschaft der Menschen war in diesem Jahr so groß wie noch nie.“
Über dieses Tool werden viele Geschichten geteilt und es findet viel Kommunikation im gesamten Team statt, ob nun in Chats oder in den Foren. Ich glaube, dass das über den gesamten Zeitraum ein wichtiges Tool für unsere Mitarbeiter war und ist, um sich auszutauschen und einen Informationsfluss herzustellen. Wenn ich sehe, wie viel dort gepostet wird, bin ich mir sicher, dass dieses Tool uns allen wahnsinnig geholfen hat.
___ Gibt es Aspekte, die Sie nach der Krise nachhaltig ändern möchten?
RKT: Die Krise hat einen Punkt noch weiter in den Fokus gerückt als zuvor, und das sind die Kundendaten. Der Umgang damit und aktives Kundenbeziehungsmanagement. Da haben wir auch schon seit Ende letzten Jahres ein IT-Projekt am Laufen, ein neues ERP-Kassen- und CRM-System. Das Projekt ist ongoing und wir denken, es im Q1/Q2 nächsten Jahres launchen zu können.
Ich glaube, dass es für das zukünftige Überleben unserer Branche entscheidend ist, dass wir extrem gut mit unseren Kundendaten umgehen. Sowohl was die Sicherheit angeht als auch die IT-Nutzung. Am Ende des Tages ist die enge Kundenbindung und unser Boutiquencharakter das, was uns ausmacht. Auch wenn wir in dem Aspekt noch nicht so gut sind wie die Online-pure-Player und als stationärer Einzelhandel da noch einiges aufzuholen haben, glauben wir da nachhaltig besser werden zu können als die direkte Konkurrenz. Das hat uns die Krise noch einmal gezeigt. Unsere Partner, die schon vor der Krise eine gute Kundenbindung betrieben haben, sind sehr gut durch die Krise gekommen.
CKT: Jeder, der sich ein bisschen mit der Thematik auseinandersetzt, weiß dass der stationäre Einzelhandel massiven Nachholbedarf im Themenbereich Kundendaten hat. Wir sind sehr froh, dass nun die junge Generation am Drücker ist und die eingefahrenen Strukturen ein bisschen aufbricht, Nachholbedarf sieht, sich mit diesen Projekten auseinandersetzt und diese richtig umsetzt.
RKT: Noch eine Ergänzung, die ich wichtig finde, ist das Stichwort „Agilität“. Ich glaube, dass viele traditionelle Unternehmen da den Schuss nicht gehört haben, was Agilität in der Umsetzung angeht. Wir haben uns in der Vergangenheit oft in kleinen Projekten verstrickt und so den Überblick verloren. Dementsprechend ist für mich eines der größten Erkenntnisse aus dieser Krise, dass wir schnell sein müssen, uns zu adaptieren und zu verändern.
„Es war ein herausforderndes Jahr, aber es hat auch unglaublich viel Spaß gemacht.“
Dabei dürfen wir keine Angst haben, vielleicht auch mal in kleineren Projektgruppen vorauszupreschen und die Veränderung anzutreiben und neue Ideen auszuprobieren. Nur so kann man dann auch die anderen Teilbereiche mitziehen. Mit dem Anspruch, permanent alle Bereiche abzuholen, lässt man sich schnell im Veränderungsprozess behindern. Trial and Error muss auch in Teilbereichen des Unternehmens erlaubt sein.
___ Wie hat sich Ihr persönlicher Arbeitsalltag durch die Krise verändert?
RKT: Man merkt die starke Zunahme an virtueller Kommunikation. Für mich ist das etwas Positives und ich denke, es schafft für uns alle viel Flexibilität. Wir müssen nur darauf achten, dass es am Ende des Tages nicht ausschließlich virtuell bleibt – sondern wir noch genug menschliche Nähe haben. Dieses Jahr ist ein Sprint, den wir so nicht langfristig durchhalten werden, und wir müssen nun den Übergang in den Marathon finden. Das Tempo und der Entscheidungsdruck werden immer höher, da muss man auch mal den Aus-Knopf finden, um dann wieder einen Gang zurückzuschalten und zu wissen, wann bewusst entschleunigt werden kann.
„Durch den Generationswechsel in der Unternehmensführung wurden viele Dinge erleichtert.“
Ich glaube, dass das für viele Führungskräfte sehr wichtig ist, um auch in Zeiten von Corona und dem hohen Tempo Ruhephasen einzubauen, denn sonst leidet die Qualität der Arbeit.
AKT: Für mich ist es auch ein Jahr mit einem unglaublichen Tempo. Ich bin nun auch schon über 30 Jahre dabei und habe immer viel gearbeitet. Aber das Tempo und die Flexibilität, mit der man dieses Jahr jeden Tag bestreiten musste, war für mich sehr herausfordernd. Früher hat man ein Konzept gemacht und hat dieses abgearbeitet. Heute fängt man an zu laufen und schüttelt sich, korrigiert und schüttelt sich und korrigiert noch einmal - trotzdem muss man auch versuchen, das Team mitzunehmen. Für mich persönlich war es ein sehr anspruchsvolles Jahr.
CKT: Ich finde es sehr spannend, dass wir diese Gangart „alle gleichzeitig mitnehmen“ überdenken mussten. Das würde die Prozesse automatisch verlangsamen. Mein Alltag hat sich nicht wirklich verändert, sondern die Inhalte und die Qualität der Arbeit sind nun einfach anders.
___ Gab es für Sie und Ihr Unternehmen auch positive Entwicklungen in dieser Krise?
RKT: Ja, auf jeden Fall! Ich glaube, dass es in jeder Krise und auch in jedem Unternehmen positive Erkenntnisse gibt, auch wenn man diese erst später erkennen kann. Wir sind in der Lage, diese jetzt schon abzulesen. Die Veränderungsbereitschaft der Menschen war in diesem Jahr so groß wie noch nie, und wenn man die richtigen Themen in der Pipeline hatte (und da hatten wir einfach Glück), dann konnte man in diesem Jahr einen riesigen Sprung vorwärts machen.
Wenn man diese Themen nicht hatte, dann konnte man diesen Zeitraum schlecht nutzen, aber ich glaube, dass der Zusammenhalt und auch die Bereitschaft sich zu verändern gerade am Anfang der Corona-Krise wahnsinnig hoch waren. Wir hatten nicht einen Mitarbeiter, der nicht mitgezogen hat bei der Einführung der Kurzarbeit. Insofern konnten wir viele Themen, was Digitalisierung und auch strukturelle Themen angeht (Außendienst einstellen etc.) dieses Jahr deutlich leichter umsetzen, da die Bereitschaft einfach da war. Für mich ist das ein großer positiver Faktor. Allgemein sagt man ja auch, dass Krisen ein großer Beschleuniger sind.
AKT: Ich kann mich dem nur anschließen. Es war ein herausforderndes Jahr, aber es hat auch unglaublich viel Spaß gemacht. Es haben alle mitgezogen und es gab einen guten Spirit bei uns im Team. Veränderungen haben sich umsetzen lassen und es war toll zu sehen, wie viel Potenzial da ist. Für mich persönlich, die das 30 Jahre lang anders gelebt hat, war es auch ein wahnsinniger Wachstums- und Entwicklungsprozess, die Dinge anders anzugehen und zu betrachten und den Erfolg auf eine völlig andere Art mitzugestalten und zu erleben.
CKT: Letztendlich ist der Generationswechsel in der Unternehmensführung auch ein springender Punkt. So wurden viele Dinge erleichtert, auch durch die Beispiele, die wir bereits genannt haben. Die nächste Herausforderung ist nun, diese Prozesse in die Zukunft mitzunehmen und weiterhin am Ball zu bleiben.