Die Verbesserung des qualitativen Ratings ist kein notwendiges Übel, sondern der Zentralschlüssel zum Unternehmenserfolg.
In unserer Beratungspraxis stellen wir immer wieder fest, dass Begriffe wie Rating und Basel III für mittelständische Unternehmen immer noch wenig greifbar sind. Bekannt ist zwar durchaus, dass Basel III schlussendlich zu einer Verteuerung der Unternehmensfinanzierung führt und dass ein gutes Rating den Zinsaufschlag mildert. Aber wenn überhaupt bei Geschäftsführern oder kaufmännisch Verantwortlichen konkrete Vorstellungen davon vorhanden sind, wie das Rating positiv beeinflusst werden kann, dann bringen sie im Normalfall allenfalls die harten Kennziffern des quantitativen Ratings ins Spiel. Völlig außerhalb des Blickfelds liegen aber die Bereiche der Unternehmensführung, die beim qualitativen Rating im Zentrum stehen. Sie sollen deshalb in einer neuen Serie über professionelles Management und qualitatives Rating im Zentrum stehen.
Was war noch mal Basel III?
Zur Erinnerung: Die internationalen Übereinkünfte, die unter dem Label Basel III firmieren, stehen letztlich stellvertretend für einen Trend der Bankenregulierung, der über massiv erhöhte Anforderungen an die Eigenkapitalquoten und das Risikomanagement der Banken deren Risikobereitschaft bei der Vergabe von Krediten reduzieren will (vgl. hierzu bdp aktuell Ausgaben 84 bis 86). Mit anderen Worten: Kredite werden tendenziell teurer. Der Risikozuschlag für Kredite fällt umso höher aus, je größer die Bank die Ausfallwahrscheinlichkeit des Kredits einschätzt. Die berühmt berüchtigten Ratingnoten sind nichts anderes als ein Maß für diese Ausfallwahrscheinlichkeit. Und das bedeutet: Je besser die Ratingnote, desto günstiger ist der Kredit.
Hauptsächlich wird das Rating durch das sogenannte quantitative Rating bestimmt, also eine Analyse der quantifizierbaren harten Kennziffern der Unternehmensbilanz. Ziel ist dabei nicht nur die Auswertung der vergangenen Entwicklung, sondern vor allem eine Plausibilisierung der Planungsrechnung. Die Standardbewertung anhand der Kennziffernanalyse (vgl. Tabelle) wird ausführlich erläutert in bdp aktuell 57. Dort werden auch systematisch Ansätze vorgestellt, wie die einzelnen Kennziffern für eine Ratingverbesserung optimiert werden können.
Quantitatives Rating: Standardbewertung nach Kennziffernausprägung
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Eigenkapitalquote | > 30 % | 20 - 30 % | 15 - 20 % | 10 - 15 % | 5 - 10 % |
Working Capital Ratio | > 150 % | 130 - 150 % | 120 - 130 % | 110 - 120 % | 100 - 110 % |
Gesamtkapitalumschlag | > 5-mal | 4 - 5-mal | 3 - 4-mal | 2 - 3-mal | 1 - 2-mal |
Gesamtkapitalrentabilität | > 15 % | 10 - 15 % | 8 - 10 % | 5 - 8 % | < 5 % |
Schuldentilgungsdauer | < 2 Jahre | 2 - 4 Jahre | 4 - 6 Jahre | 6 - 8 Jahre | 8 - 10 Jahre |
Anlagendeckung | > 150 % | 125 - 150 % | 110 - 125 % | 105 - 110 % | 100 - 105 % |
Ganzheitliche Unternehmensführung verbessert das qualitative Rating
Den Ratschlag, das Rating zu verbessern, empfinden die meisten Unternehmer als einen von den Banken auferlegten Zwang. Dabei übersehen sie aber, dass eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema qualitatives Rating bedeutet, das Unternehmen und seine Führung ganzheitlich zu betrachten. Jede relevante Verbesserung beim qualitativen Rating ist Folge eines optimierten Managements. Und das ist nicht nur ein notwendiges Übel, damit das Unternehmen sich den Banken als vertrauenswürdiger Schuldner präsentieren kann. Von einer professionellen Unternehmensführung profitiert zuallererst das Unternehmen selbst: Ein besser und ganzheitlich geführtes Unternehmen entwickelt sich weiter. Und diese Weiterentwicklung wird sich unweigerlich bei der nächsten Auswertung der harten Zahlen auch in verbesserten Ergebnissen und damit verbessertem Rating niederschlagen.
Mit einem Wort. Der Schlüssel für ein profitables Unternehmen mit gutem Rating liegt in einer stetigen und ganzheitlichen Verbesserung des Managements. Dabei sind folgende Bereiche relevant:
- Informationspolitik und Planung
- Controlling
- Unternehmensstrategie und Management
- Personalmanagement
- Produkt und individuelle Marktstellung
- Branchenentwicklung, Absatzmarkt, spezifische Risiken, Wertschöpfungskette
- Organisation, Qualitätsmanagement, Forschung und Entwicklung
- Einkauf und Lagerhaltung, Produktion und Leistungserstellung, Marketing und Vertrieb
Wir werden in dieser und den folgenden Ausgaben von bdp aktuell diese Managementbereiche systematisch erläutern, weil sie beim qualitativen Rating untersucht werden und für eine professionelle und ganzheitliche Unternehmensführung bedeutsam sind. Wir beginnen mit dem Komplex Informationspolitik und Planung.
Controlling
Das systematische Controlling ist in mittelständischen Unternehmen eher unterrepräsentiert. Dies ist in gewisser Weise verständlich, kostet doch ein guter und erfahrener Controller jährlich zwischen 50.000 und 100.000 Euro. Mit zunehmender Größe eines Unternehmens nimmt das Controlling deutlich an Bedeutung zu, da es der Unternehmensleitung einen transparenten Einblick in mögliche Fehlentwicklungen gibt.
Die Unternehmensleitung wird dadurch in die Lage versetzt, ursachengerecht und frühzeitig einzugreifen und strategisch zu entscheiden.
Die Qualität des Controllings wird anhand von fünf Aspekten bewertet:
- Unternehmenssteuerungskonzept
- Kostenrechnung
- unterjähriges internes Berichtswesen
- Liquiditätsmanagement
- Risikofrüherkennungssystem
Unternehmenssteuerungskonzept
Ein gutes Unternehmenssteuerungskonzept liegt dann vor, wenn das Unternehmen über eine gut dokumentierte und vollständige Unternehmensplanung verfügt und diese laufend den tatsächlichen Entwicklungen anpasst. Hierzu gehören ggf. Alternativszenarien für den Fall möglicher Fehlentwicklungen. Wichtig ist dabei eine konkrete und überprüfbare Zielorientierung. Das Unternehmen sollte deshalb über realistische Zielvorgaben gesteuert werden, die detailliert auf die einzelnen Geschäftsfelder und Abteilungen heruntergebrochen werden. Die Ziele sollten natürlich nicht untereinander im Widerspruch stehen. Realistische Zielsetzungen dienen daneben auch der Mitarbeitermotivation, da sie die Grundlage einer erfolgsabhängigen Bezahlung bilden können.
Kostenrechnung
Kalkulationsfehler können durch fehlende oder falsche Kosten- und Leistungsrechnungen entstehen. Diese Fehler können in der Folge kaum noch kompensiert werden. Die Kostenrechnung stellt wichtige Informationen für eine adäquate Kalkulation zur Verfügung, so etwa die Preisuntergrenze für ein Produkt.
Die Deckungsbeitragsrechnung liefert Informationen, welche Produkte in welchem Umfang Überschüsse für die Fixkostendeckung generieren.
Unter zeitlichen Gesichtspunkten kann zwischen Ist-, Normal- und Plankostenrechnung unterschieden werden. Während die Plankostenrechnung eine wichtige Kalkulationsgrundlage ist, stellt die Nachkalkulation oder auch Ist-Kostenrechnung wichtige Informationen für die Erfolgsanalyse zur Verfügung.
Unterjähriges internes Berichtswesen
Die Geschäftsführung sollte unterjährig in regelmäßig wiederkehrender Weise und in standardisierter Form mit sinnvoller Detailtiefe über den Verlauf des operativen Geschäftes informiert werden. Dabei orientieren sich die wirtschaftlichen Zahlen an der Komplexität des Unternehmens. Um die Darstellung zu verkürzen, bietet sich ein Kennzahlensystem an, das nach Priorität angeordnet und ggf. mit Grafiken ergänzt wird. Grundsätzlich sollte jedes Unternehmen seinen eigenen Detaillierungsgrad bestimmen.
Liquiditätsmanagement
Ziel des Liquiditätsmanagements ist es, die Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens sicherzustellen. Das Unternehmen sollte dabei auch Unwägbarkeiten im Umsatz- und Geschäftsverlauf einplanen und dafür einen ausreichenden Liquiditätsspielraum, z. B. durch freie Liquiditätsreserven und freie Kreditlinien haben.
Die Verantwortlichen sollten üblicherweise die Überwachung der Warenbestände, die Optimierung der Lagerumschlagszeiten, aber auch die schnelle Fakturierung und ein funktionierendes Mahnwesen im Auge haben.
Ständige Kontoinanspruchnahmen an der Kreditgrenze oder gar Kontoüberziehungen sind zu vermeiden und bilden einen deutlichen Malus im qualitativen Rating. Auch deswegen ist darauf zu achten, dass eine kongruente Finanzierung beschafft wird, d. h., dass langfristige Aktiva auch langfristig finanziert werden und kurzfristige Aktiva im Regelfall kurzfristig.
Früherkennungssysteme
Deutlich unterrepräsentiert ist in mittelständischen Unternehmen das systematische Erfassen und Analysieren von Risiken. Nur wenn ein Unternehmen Risiken frühzeitig erkennt, können auch wirksame Risikovermeidungsmaßnahmen getroffen werden. Ziel ist es nicht, eine Maximalabsicherung zu realisieren, da dies wahrscheinlich unter Kostengesichtspunkten kaum finanzierbar wäre. Die nachstehende Abbildung zeigt einige der Risiken, denen Unternehmen ausgesetzt sind, und zählt Methoden zur Früherkennung und Risikovermeidung bzw. -reduktion auf.