Was ist zu tun und zu lassen, wenn das Ende eines Unternehmens eingeläutet werden soll oder muss?
Wenn ein Unternehmen keinen wirtschaftlichen Erfolg mehr hat, stellt sich die Frage, ob das Ende für diese Gesellschaft eingeläutet werden muss und falls ja: Was genau ist dann zu tun?
In unserer Beratungspraxis werden wir auch mit Unternehmen konfrontiert, die schon bessere Tage erlebt haben, bei denen die Nachfolgefrage nicht geklärt werden konnte oder bei denen das Engagement der Gesellschafter für die Gesellschaft spürbar nachgelassen hat. Häufig werden dann nicht alle Handlungsoptionen, die von den Akteuren aufgrund des unerfreulichen Zustandes der Gesellschaft erwogen werden, den wirtschaftlichen und vor allem den rechtlichen Rahmenbedingungen gerecht.
Wie ein Unternehmen mit einer eingeschränkten Prognose, seinen Lebenszyklus beenden kann, wollen wir am Beispiel einer GmbH analysieren:
Abschütteln unliebsamer Verbindlichkeiten durch Liquidation
Eine Option, die meistens schnell erwogen wird, lautet: „Wir machen einfach zu!“ Besonders attraktiv erscheint diese Option vor allem dann, wenn die Gesellschaft (unliebsamen) Verbindlichkeiten Dritter ausgesetzt ist, denen die Beteiligten aus nachvollziehbaren Gründen aus dem Weg gehen wollen. Der Plan lautet dann, die Gesellschaft („rückstandslos“) zu liquidieren, indem die Gesellschaft aus dem Handelsregister gelöscht wird. Damit, so der intendierte Nebeneffekt, sollen die Gläubiger ihre Forderungen gegen die Gesellschaft nicht mehr realisieren können.
Doch dieser Plan ist so nicht umsetzbar. Die Liquidation einer GmbH ist nur dann möglich, wenn die Gesellschaft ihre fälligen Verbindlichkeiten gegenüber Dritten vollständig ausgeglichen hat. Wenn nach diesem Ausgleich dann noch ein „Überschuss“ besteht, wird dieser nach Abzug aller aufgelaufenen Kosten und Auslagen an die Gesellschafter ausgekehrt.
Was tun, wenn noch Forderungen oder Verbindlichkeiten bestehen?
Was also ist zu tun, wenn vor oder mit der Einleitung der Liquidation noch Verbindlichkeiten gegenüber Dritten bestehen? Ist die Gesellschaft der Ansicht, diese Verbindlichkeiten sind nicht zutreffend, kann die Gesellschaft sämtliche ihr zur Verfügung stehenden privatrechtlichen juristischen Mittel anwenden, um sich aktiv oder passiv gegen diese Ansprüche zur Wehr zu setzen. Sie kann aber nicht einfach die Liquidation einläuten, um sich dieser unliebsamen Verbindlichkeiten zu entledigen.
Ein insolvenzreifes Unternehmen ist nicht liquidierfähig
Mehr noch: Wenn die Gesellschaft aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situation nicht zahlungsfähig ist, wenn sie also die infrage stehenden Verbindlichkeiten nicht mit eigenen Mitteln ausgleichen kann oder die Gesellschaft mit diesen Verbindlichkeiten überschuldet ist und keine Heilungsmöglichkeit besteht, muss die Geschäftsführung der Gesellschaft nach dem Gesetz zwingend einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen. Eine Liquidation ist dann nicht möglich.
Und wenn sich die Zahlungsfähigkeit oder Überschuldung erst ergibt, nachdem die Liquidation bereits eingeleitet ist? Auch dann gilt: Wenn die Gesellschaft wirtschaftlich nicht in der Lage ist, die bestehenden Verbindlichkeiten auszugleichen, kann die Liquidation nicht fortgeführt werden. Es muss vielmehr ein Insolvenzverfahren beantragt werden.
Wegverkauf der Gesellschaft
Die Gesellschafter wollen sich nicht selten der Gesellschaft „entledigen“, indem sie die Gesellschaft verkaufen wollen. Damit sollen sämtliche bzw. der überwiegende Teil der Geschäftsanteile an Dritte übertragen und die Geschäftsführung gewechselt werden.
Für Dritte kann eine solche Übernahme - oberflächlich betrachtet - sogar attraktiv erscheinen. Aus einer schlechten wirtschaftlichen Performance einer Gesellschaft können Dritte dadurch profitieren, dass sie sich durch den Kauf in die Lage bringen, die steuerlichen Verlustvorträge der Gesellschaft für sich zu nutzen: Wenn sie nach der Übernahme mit der Gesellschaft ertragsfähige Strategien verfolgen, sollen die sich ergebenden Erträge mit den aufgelaufenen Verlusten der Vorjahre (Verlustvorträge) durch die Finanzverwaltung verrechnet werden.
Der Fiskus wehrt sich gegen eine missbräuchliche Nutzung von Verlustvorträgen
Gegen etwaige Missbräuche in diesem Bereich wehrt sich aber die Finanzverwaltung. Nach § 8c KStG fällt ein Verlustvortrag vollständig weg, wenn innerhalb von fünf Jahren mehr als 50 % der Geschäftsanteile direkt oder mittelbar auf einen Erwerber oder eine Erwerbergruppe übertragen werden. Werden mehr als 25 % aber weniger als 50 % der Geschäftsanteile übertragen, erfolgt ein entsprechend anteiliger Wegfall dieser Verlustvorträge.
Neben bereits bestehenden, aber kaum angewendeten Ausnahmen, hat der Gesetzgeber ganz aktuell mit § 8d KStG eine neue Regelung zur „Rettung von Verlustvorträgen“ verabschiedet, die auf alle Anteilsübertragungen rückwirkend ab dem 01. Januar 2016 angewandt wird. Zur Inanspruchnahme dieser Regelung bedarf es eines Antrages. Unter welchen Bedingungen und mit welchen Auswirkungen dieser sogenannte „fortführungsgebundene Verlustvortrag“ genutzt werden kann, erläutert bdp Partner Christian Schütze in einem gesonderten Beitrag.
Firmenbestattung und Sitzverlegung ins Ausland
Vereinzelt kommt dann durch die Akteure auch zur Sprache, die mittlerweile unliebsame Gesellschaft durch einen gewerbsmäßigen „Firmenbestatter“ aus der Schusslinie zu bringen, sodass sich die Geschäftsführung und die Gesellschafter der Gesellschaft entledigen. Bei der sogenannten Firmenbestattung werden sämtliche Geschäftsanteile auf Dritte übertragen, die dann die Gesellschaft „beenden“.
Eine derartige Verfahrensweise, die meist mit der Sitzverlegung in das Ausland verbunden ist, birgt hohe Gefahren für sämtliche Beteiligten in sich, da dieses Vorgehen nicht legal und auch mit empfindlichen Strafen belegt ist sowie hohe zivilrechtliche Haftungsgefahren mit sich bringt. Von diesem unseriösen Vorgehen ist daher dringend abzuraten!
Wirtschaftliche Neugründung
Findet sich schließlich ein redlicher Williger, der die Geschäftsanteile übernehmen möchte und die Gesellschaft zuvor keine wesentlichen Geschäftsaktivitäten entfaltete, stellt sich die Frage der sogenannten „wirtschaftlichen Neugründung“ bei den Beteiligten. Eine wirtschaftliche Neugründung liegt vor, soweit verschiedene Kriterien erfüllt sind, bspw. Änderung des Firmennamens, des Gesellschaftszwecks, des Sitzes und der Geschäftsführung. Wenn nun aber das ursprünglich vorhandene Stammkapital zum Zeitpunkt der registerlichen Eintragung wertmäßig fehlt (sog. Unterbilanz), ist der Übernehmer der Geschäftsanteile verpflichtet, das Stammkapital bis zum Erreichen der Stammkapitalziffer wieder vollständig einzuzahlen. Tut er dies nicht und geht die Gesellschaft dann später in die Insolvenz, muss der Übernehmer gegenüber dem Insolvenzverwalter bis zur Höhe des gezeichneten Kapitals einen Ausgleich zur Masse zahlen.
Das Thema der sogenannten wirtschaftlichen Neugründung kann nach neuerer Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 10. 12. 2013 – II ZR 53/12) auch dann virulent werden, wenn nach Einleitung der Liquidation der Geschäftsbetrieb der Gesellschaft in veränderter Form wieder aufgenommen wird.
Reguläres Liquidationsverfahren
Wenn die Gesellschaft nicht verkauft und mit neuem Leben erweckt wird und sie auch nicht insolvenzreif und damit liquidierfähig ist, kann die Liquidation durchgeführt werden. Dazu ist aber ein zwingend gestrecktes Verfahren nötig, dessen Ablauf und einzelne Schritten wir in der kommenden Ausgabe näher beschreiben werden.