Neben der Erhöhung des Mindestlohns plant die Ampel weitere lohnrelevante Vorhaben. Wir stellen die wichtigsten Pläne vor.
Es dürfte wohlbekannt sein, dass die neue Ampelregierung mit der Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro je Stunde ein zentrales Wahlkampfversprechen der SPD (und der Grünen) umsetzen wird. Weniger bekannt ist allerdings, dass im Koalitionsvertrag eine Reihe weiterer arbeitsmarktpolitischer Vorhaben vereinbart wurden, die lohnrelevante Änderungen hervorbringen werden. Die wichtigsten Pläne stellen wir hier vor.
Mindestlohn
„Wir werden den gesetzlichen Mindestlohn in einer einmaligen Anpassung auf zwölf Euro pro Stunde erhöhen. Im Anschluss daran wird die unabhängige Mindestlohnkommission über die etwaigen weiteren Erhöhungsschritte befinden.“
Es ist davon auszugehen, dass dieses Vorhaben im ersten Jahr der Regierung umgesetzt wird. Bei einer 40-Stunden-Woche beträgt der gesetzliche monatliche Mindestlohn dann 2.080 Euro.
Mini- und Midijobs
„Bei den Mini- und Midi-Jobs werden wir Verbesserungen vornehmen: Hürden, die eine Aufnahme versicherungspflichtiger Beschäftigung erschweren, wollen wir abbauen. Wir erhöhen die Midi-Job-Grenze auf 1.600 Euro. Künftig orientiert sich die Minijob-Grenze an einer Wochenarbeitszeit von 10 Stunden zu Mindestlohnbedingungen. Sie wird dementsprechend mit Anhebung des Mindestlohns auf 520 Euro erhöht. Gleichzeitig werden wir verhindern, dass Minijobs als Ersatz für reguläre Arbeitsverhältnisse missbraucht oder zur Teilzeitfalle insbesondere für Frauen werden. Die Einhaltung des geltenden Arbeitsrechts bei Mini-Jobs werden wir stärker kontrollieren.“
Bei den Midijobs werden die Abzüge durch Sozialversicherungsbeiträge bis zu der genannten Grenze gemindert. Die Anpassung der Gleitzone an den gestiegenen Mindestlohn ist folgerichtig.
Wichtig ist, dass das bisherige Problem erkannt wurde und nun beseitigt wird, dass nämlich mit jeder Mindestlohnanpassung Minijobber*innen zwangsweise die Arbeitszeit reduzieren mussten, um nicht über die 450-Euro-Grenze zu kommen. Die Verdienst-Grenze wird zukünftig an den Mindestlohn angepasst, sodass dauerhaft von einer Höchstgrenze der Arbeitszeit von 10 Stunden pro Woche ausgegangen werden kann.
Ampelregierung (1): Steuerpolitik Mix and match?
Steuerpolitisch lagen zwischen SPD und Grüne einerseits und FDP andererseits im Wahlkampf Welten. Jetzt bilden Sie gemeinsam die Regierung. Funktioniert diese Mischung?
Steuerpolitisch lagen zwischen SPD und Grüne einerseits und FDP andererseits im Wahlkampf Welten. Jetzt bilden Sie gemeinsam die Regierung. Funktioniert diese Mischung?
Fraglich ist, wie mit derzeit sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen umzugehen ist, die durch die Anhebung der Minijob-Grenze unter diese Grenze fallen. Hier wären großzügige Bestandsregelungen wünschenswert.
Zudem ist abzuwarten, wie die „stärkeren Kontrollen“ aussehen sollen. Das hört sich nach zusätzlichem Bürokratieaufwand an.
Weiterbildungen und Umschulungen
„Mit einem ans Kurzarbeitergeld angelehnten Qualifizierungsgeld kann die Bundesagentur für Arbeit Unternehmen im Strukturwandel ermöglichen, ihre Beschäftigten durch Qualifizierung im Betrieb zu halten und Fachkräfte zu sichern. Voraussetzung dafür sind Betriebsvereinbarungen.“
Offenbar plant die neue Regierung für die auf Unternehmen und Arbeitnehmer*innen zukommenden notwendigen Weiterbildungs- und Umschulungsmaßnahmen (Stichwort Strukturwandel) das insbesondere in den letzten beiden Jahren bewährte Instrument des Kurzarbeitergeldes zu nutzen.
Das ist begrüßenswert und mindert den Kostendruck für Unternehmen. Gleichzeitig können so erfahrene Mitarbeiter*innen gebunden werden, was angesichts des bereits vorhandenen Fachkräftemangels umso wichtiger ist.
„Für Menschen in Arbeitslosigkeit und in der Grundsicherung weiten wir die eigenständige Förderung von Grundkompetenzen aus und stellen klar, dass die Vermittlung in Arbeit keinen Vorrang vor einer beruflichen Aus- und Weiterbildung hat, die die Beschäftigungschancen stärkt. Bei beruflicher Qualifizierung erhalten SGB II- und III-Leistungsberechtigte ein zusätzliches, monatliches Weiterbildungsgeld von 150 Euro, sodass ein wirksamer Anreiz zur Weiterbildung entsteht. Nach einer Weiterbildung soll mindestens ein Anspruch auf drei Monate Arbeitslosengeld bestehen.“
Ziel ist es Menschen, die in die Grundsicherung gefallen sind, schnellstmöglich wieder fit für den Arbeitsmarkt zu machen. Bereits während der durchgeführten Weiterbildungsmaßnahmen wird der Leistungssatz erhöht und führt dadurch hoffentlich zu einer zusätzlichen Motivation, die Maßnahme auch durchzuführen und abzuschließen. Auch damit soll dem Fachkräftemangel begegnet werden. Generell sollen mit dem Koalitionsvertrag die Zuverdienstmöglichkeiten verbessert werden, mit dem Ziel die Anreize für sozialversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit zu erhöhen.
Haushaltsnahe Dienstleistungen
„Durch die Förderung haushaltsnaher Dienstleistungen unterstützen wir die Vereinbarung von Familie und Beruf, die Erwerbsbeteiligung von Ehe- und Lebenspartnern und schaffen gleichzeitig mehr sozialversicherte Arbeitsplätze. Die Inanspruchnahme familien- und alltagsunterstützender Dienstleistungen erleichtern wir durch ein Zulagen- und Gutscheinsystem und die Möglichkeit für flankierende steuerfreie Arbeitgeberzuschüsse. Die Zulagen und die bestehende steuerliche Förderung werden verrechnet. Sie dient der Förderung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung im Haushalt. Profitieren sollen zunächst Alleinerziehende, Familien mit Kindern und zu pflegenden Angehörigen, schrittweise alle Haushalte.“
Offensichtlich wird hier ein neues Instrument geschaffen, mit dem Arbeitgeber ihre Mitarbeiter*innen durch freiwillige steuerfreie Zuschüsse unterstützen können, ähnlich dem bekannten Instrument des Sachbezuges von 44 Euro (ab 2022 50 Euro). Hier bleibt abzuwarten, wie die genauen Regelungen aussehen und wie diese sich in der Praxis umsetzen lassen.