Großer Senat des BFH muss klären, ob der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verletzt wird
Der X. Senat des BFH hat mit Beschluss vom 25. März 2015 (Az.: X-R-23/13) dem Großen Senat des BFH die Frage vorgelegt, ob der sogenannte Sanierungserlass (vgl. BMF-Schreiben vom 27. März 2003 IV A 6-S 2140-8/03) insbesondere gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt.
Sofern die Voraussetzungen des Sanierungserlasses vorliegen, können abschließend durch Erlass der Finanzverwaltung steuerliche Belastungen von einem Unternehmen genommen werden, bei dem im Rahmen von Sanierungsmaßnahmen wie z. B. Forderungsverzichten zwar hohe Buchgewinne entstehen, das Unternehmen jedoch trotz des Gewinnausweises „auf dem Papier“ keinen korrespondierenden Liquiditätszufluss erhalten hat.
Die allgemein verbindliche Regelung des Sanierungserlasses wurde 2003 vor allem deshalb eingeführt, um die Förderung von Unternehmenssanierungen mit den Mitteln der Insolvenzordnung nicht durch die Besteuerung von Buchgewinnen unnötig zu erschweren.
Die bis 1997 bestehende gesetzliche Regelung zur Steuerfreistellung von Sanierungsgewinnen in § 3 Nr. 66 EStG a.F. war nach Einführung der Regelung des zunächst unbegrenzten Verlustvortrags aufgehoben worden, um eine seinerzeit gegebene Doppelbegünstigung von Sanierungsgewinnen zu vermeiden. Wegen der Abschaffung dieser gesetzlichen Regelung wird daher teilweise die Auffassung vertreten, dass der Gesetzgeber damit zum Ausdruck bringen wollte, an der Privilegierung von Sanierungsgewinnen allgemein nicht mehr festhalten zu wollen.
Mit den Vorgaben des Sanierungserlasses kommt es bei Sanierungsgewinnen nicht zu der vorgenannten Doppelbegünstigung, da zunächst bestehende Verlustvorträge zwingend verrechnet werden müssen. Zudem hat der Gesetzgeber in § 163 AO die gesetzlichen Grundlagen für einen Steuererlass festgelegt. Der Sanierungserlass enthalte letztlich nur die Leitlinien für die Ermessensausübung im Fall von Sanierungsgewinnen, um bundesweit ein einheitliches Besteuerungsverfahren zu gewährleisten, so die Gegenauffassung.
Weitere Streitfrage ist, ob mit der Anwendung des Sanierungserlasses möglicherweise gegen EU-Beihilferecht verstoßen wird, da es sich um eine selektiv begünstigende Ausnahmeregelung handeln könnte.
Der vorlegende Senat ist der Auffassung, dass weder der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verletzt ist noch dass ein Verstoß gegen EU-Beihilferecht vorliegt. Die Vorlage an den Großen Senat war geboten, da die Fragen einerseits für den konkreten Fall entscheidungserheblich sind, des Weiteren jedoch auch eine Vielzahl von divergierenden erstinstanzlichen Urteilen einschließlich der vielfältigen Beiträge in der Literatur zeigen, dass die Diskussion kontrovers geführt wird und die Vorlage und Entscheidung durch den Großen Senat des BFH von grundsätzlicher Bedeutung ist.
Mit der Vorlage an den Großen Senat wird der Sanierungserlass in seiner Gültigkeit nicht eingeschränkt und bleibt damit bis auf Weiteres von der Finanzverwaltung anzuwenden.