Das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) trägt seinen Namen mit Recht
Am 27. Oktober 2011 hat der Bundestag mit dem Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) ganz erhebliche Änderungen im Insolvenzrecht beschlossen (vgl. bdp aktuell 70, Januar 2011). Es bietet überlebensfähigen Unternehmen stärker als bisher eine echte Chance zur Sanierung.
Das Gesetz ist damit noch nicht in Kraft getreten. Der Bundesrat muss darüber noch abschließend befinden, vermutlich am 25. November 2011. Da es sich bei diesem Gesetz aber um ein sogenanntes Einspruchsgesetz handelt, das nicht der ausdrücklichen Zustimmung des Bundesrates bedarf, wird dieses Gesetz vermutlich in der vorliegenden Form in Kraft treten.
Kernidee des Gesetzes ist, überlebensfähigen Unternehmen stärker als bisher eine echte Chance zur Sanierung zu bieten. Gewährleistet werden soll dies durch die Stärkung des Gläubigereinflusses bei der Auswahl des Insolvenzverwalters oder bei der Zulassung von Eingriffen in Gesellschafterrechte im Insolvenzplanverfahren.
Damit werden (Sanierungs-)Regelungen geschaffen, die das deutsche Insolvenzrecht bisher so nicht kannte. Die Highlights sind:
Mit § 56a InsO wird dem neu geschaffenen Gremium des vorläufigen Gläubigerausschusses Gelegenheit gegeben, sich zum Anforderungsprofil des Verwalters und zur Person des Verwalters zu äußern. Trifft der Ausschuss ein einstimmiges Votum zur Person des Insolvenzverwalters, so darf das Insolvenzgericht hiervon nur abweichen, wenn der Vorgeschlagene für die Übernahme des Amtes ungeeignet ist. Es besteht hierbei aber die abstrakte Gefahr, dass in Einzelfällen Verwalter nicht die entsprechende Unabhängigkeit haben werden.
Im Rahmen der Reform des Insolvenzplanverfahrens wird im neuen Gesetz die Möglichkeit vorgesehen, über einen Insolvenzplan in die Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte der am Schuldner beteiligten Personen einzugreifen. Insofern wird auch die Möglichkeit eröffnet, Gläubigerforderungen in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte am Schuldner umzuwandeln. Ein solcher Debt-to-Equity-Swap ist grundsätzlich ein nützliches Hilfsmittel bei der Sanierung notleidender Unternehmen. Für die hiervon Gebrauch machenden Gläubiger hat eine solche Umwandlung ihrer Forderungen den Vorteil, dass sie an den künftigen Erträgen des sanierten Unternehmens beteiligt sind und über dessen künftige Aktivitäten mitbestimmen können.
Es wird hierzu aber auch die Befürchtung geäußert, Hedgefonds oder vergleichbare Akteure könnten gezielt Forderungen aufkaufen, um so die Herrschaft über das Schuldnerunternehmen zu erlangen und damit nicht gerechtfertigte Sondervorteile für sich zu erreichen. Das birgt die Gefahr einer erneuten Existenzgefährdung des Unternehmens in sich. Auch würde dies dann letztlich zulasten der im Schuldnerunternehmen tätigen Arbeitnehmer gehen.
Die Eigenverwaltung, die bei der Abwicklung von Insolvenzverfahren eine bisher völlig untergeordnete Rolle spielte, wird durch das Gesetz gestärkt. Hierzu dient § 270b InsO, der einen Anreiz zur frühzeitigen Sanierung schaffen soll, indem er den Schuldnern, bei denen drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung vorliegt, die Möglichkeit eröffnet, unter der Sicherheit eines „Schutzschirms“ in Eigenverwaltung einen Sanierungsplan zu erarbeiten. Mit der Einführung dieses Verfahrens ist die Hoffnung verbunden, zumindest einen Teil der Sanierungsfälle abzudecken, die bspw. in anderen Staaten mit vorinsolvenzlichen Sanierungsverfahren bewältigt werden.
Aufgrund der Stärkung des Insolvenzplanverfahrens und der neuen Möglichkeit, über Insolvenzpläne in die Rechtsstellung von Gesellschaftern eingreifen zu können, soll das Insolvenzplanverfahren in Gänze vom Rechtspfleger auf den Insolvenzrichter übertragen werden.
In den kommenden Ausgaben werden wir Sie ausführlich über die Einzelheiten des Gesetzes informieren.