Unternehmen sollten sich darauf vorbereiten, dass ab Ende 2013 wieder eine schärfere Insolvenzordnung gilt

Zurzeit müssen Unternehmen, die überschuldet sind, dann nicht Insolvenz anmelden, wenn ihnen eine positive Fortführungsprognose bescheinigt wird. Aber diese Ende 2008 geschaffene Ausnahmeregelung läuft nach derzeitiger Gesetzeslage Ende 2013 aus, sodass Unternehmen, die von dieser Regelung noch profitieren, dann zum Insolvenzgericht gehen müssen, wenn es ihnen nicht gelingt, ihre Überschuldung bis dahin abzubauen.

Nun sieht aber zu allem Übel alles so aus, als ob sich die wirtschaftliche Entwicklung auch in Deutschland eintrüben würde.

Wie sich die Wirtschaft entwickelt, lässt sich nur schätzen. Die Vorhersagen für das Wirtschaftswachstum schwanken teilweise sehr stark und werden im Laufe eines Jahres regelmäßig nach oben oder unten korrigiert. Die aktuellen Prognosen zur Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in Deutschland 2012 und 2013 (gegenüber Vorjahr, Angaben in %) finden Sie nachfolgend im Überblick:

Wirtschaftsinstitute, Institutionen

2012

2013

Bundesregierung (Frühjahrsprojektion April)

0,70

1,60

EU-Kommission (Mai)

0,70

1,70

IWF: Internationaler Währungsfonds (Juli)

1,00

1,40

OECD: Organisation für wirtsch. Zusammenarbeit + Entwicklung (Sept.)

0,80

 

Bundesbank (Juni)

1,00

1,60

Gemeinschaftsdiagnose der führenden Wirtschaftsinstitute (April)

0,90

2,00

DIHK: Deutscher Industrie- und Handelskammertag (Mai)

1,30

 

DIW: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (Juli)

1,00

1,90

ifo: Institut für Wirtschaftsforschung Universität München (Juni)

0,70

1,30

IfW: Institut für Weltwirtschaft Kiel (September)

0,80

1,10

Sachverständigenrat Wirtschaftsweise (März)

0,80

 

IW Köln: Institut der deutschen Wirtschaft Köln (September)

1,00

0,75

KfW: KfW Bankengruppe (August)

1,00

1,50

RWI: Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung (September)

0,80

1,00

Quelle: Wirtschaftsinstitute, Institutionen, © Statista 2012

2013 bringt gravierende Herausforderungen

Es bleibt natürlich abzuwarten, ob diese Prognosen wirklich eintreten werden. Aber Gewinnwarnungen bzw. Kostensenkungsprogramme verschiedener DAX-Unternehmen wie z. B. Siemens, Daimler und die Lufthansa zeigen, wie fragil die erwarteten Entwicklungen bei größeren Unternehmen für 2013 sind. Außerdem verlor der Ifo-Geschäftsklimaindex im September den fünften Monat in Folge an Wert und sank auf ein 31-Monats-Tief. Der wichtigste Frühindikator für die deutsche Wirtschaft fiel zwischen August und September um 0,9 Zähler auf 101,4 Punkte. Dies ist der niedrigste Stand seit Februar 2010. Es muss im Rahmen der europäischen Wirtschafts- und Finanzkrise noch mit negativen Entwicklungen gerechnet werden.

Insofern muss man davon ausgehen, dass das Jahr 2013 ein für den deutschen Mittelstand sehr herausforderndes Jahr wird. Wir stellen immer wieder fest, dass die Situation in vielen Unternehmen kritischer ist, als man aufgrund der allgemein guten Entwicklung der letzten Jahre erwarten dürfte. Die Eigenkapitalsituation ist in der Regel längst noch nicht so gefestigt, dass konjunkturelle Rückschläge problemlos verkraftet werden können.

2008/2009 und die Folgen

Die letzte Krise 2008/2009 hat die Unternehmen massiv geschwächt. So konnte bei den Unternehmen nur mit einschneidenden Maßnahmen die Wiederherstellung der Ertragskraft erreicht werden. Dabei spielten auch kapitalstärkende Anpassungen (bis hin zu Teilverzichten) eine maßgebliche Rolle. Flankiert wurde dies durch entsprechende Programme des Bundes und der Länder. Herausragend sei hier das Finanzmarktstabilisierungsgesetz genannt.

Im Rahmen dieses Artikelgesetzes wurde für den deutschen Mittelstand der § 19 der Insolvenzordnung „Überschuldung“ modifiziert. So wurde der formelle Insolvenzantragsgrund von Kapitalgesellschaften beim Tatbestand der Überschuldung zunächst bis Ende 2010 abgeschwächt. Diese Regelung wurde dann bis zum 31.12.2013 noch einmal verlängert.

Der entscheidende § 19 Absatz 2 lautet aktuell:

„Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Forderungen auf Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen oder aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen, für die gemäß § 39 Abs. 2 zwischen Gläubiger und Schuldner der Nachrang im Insolvenzverfahren hinter den in § 39 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 bezeichneten Forderungen vereinbart worden ist, sind nicht bei den Verbindlichkeiten nach Satz 1 zu berücksichtigen.“

Dieser Absatz wurde durch das Gesetz zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes (Finanzmarktstabilisierungsgesetz) vom 17.10.2008 befristet neu gefasst. Der vorangegangene und am 01.01.2014 wieder in Kraft tretende Wortlaut von § 19 (2) lautet hingegen:

„Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Bei der Bewertung des Vermögens des Schuldners ist jedoch die Fortführung des Unternehmens zugrunde zu legen, wenn diese nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich ist.“

Im Rahmen der Gesetzgebung wurde sogar diskutiert, ob der Insolvenz-Antragsgrund „Zahlungsunfähigkeit“ ebenfalls entlastend modifiziert werden soll. Das wurde jedoch nicht realisiert. Es ist an dieser Stelle aber grundsätzlich erwähnenswert, dass Unternehmen eher mangels Liquidität den Weg zum Amtsgericht antreten müssen, als dass dies durch eine Überschuldung erzwungen wird.

Aber es bleibt im Moment auch festzuhalten, dass die Erleichterungen für den Überschuldungsbegriff von Kapitalgesellschaften Ende 2013 ausläuft. Das gilt in der Regel auch für die GmbH & Co KG, da der persönlich haftende Gesellschafter meistens die Komplementär-GmbH ist.

Kommt eine Übergangsregelung?

Auch wenn alle Experten davon ausgehen, dass eine Übergangsregelung geschaffen wird, sind derzeit konkrete Pläne der Bundesregierung nicht bekannt. Und selbst ein abgemilderter Übergang zurück zu den alten Regelungen kann Auswirkungen auf die Kapitalgesellschaften haben.

Auch wenn vielen Unternehmen im Rahmen der letzten Krise positive Fortführungsprognosen bestätigt wurden, kann es nämlich durch eine vorhandene (Rest)-Überschuldungssituation zu formalen Problemen kommen.

In den nächsten Wochen bis Ende dieses Jahres befinden sich Unternehmen in den Planungsrunden für 2013. Auch Banken werden diese Zahlen erwarten und Antworten darauf verlangen, wie auf den am 01.01.2014 möglicherweise eintretenden Tatbestand der Überschuldung reagiert werden soll. Zieht man den Standard für Sanierungskonzepte (IDW ES6) heran, so sind die Planungshorizonte über das Geschäftsjahr 2013 hinaus zu berücksichtigen. Im Einzelfall ist das ein wirkliches Problem!

Was ist zu tun?

Auch wenn es plakativ erscheint: Es sind bereits jetzt vorbeugend Maßnahmen zur Eigenkapitalstärkung zu intensivieren. Möglicherweise lassen sich bei den aktuellen Rahmenbedingungen einzelne Aktivitäten noch eher umsetzen. Jedwede Bilanzreduktion hilft bei der Eigenkapital-Relation!

So können Bewertungsreserven (z. B. im Anlagevermögen) identifiziert und im Bedarfsfall gehoben werden. Hierbei bieten sich einige Modelle an, die Bilanz aktiv zu gestalten. Eventuell lässt sich im Einzelfall noch ein Sale&Lease-Back-Modell realisieren. Ferner sollte aktuell überprüft werden, welches Anlagevermögen wirklich betriebsnotwendig ist und was noch veräußert werden kann.

Beim Umlaufvermögen greifen Maßnahmen wie das Factoring oder der konsequente Abbau von Vorratsvermögen.

Auch Anpassungen auf der Passivseite stehen zur Verfügung. So können durch Rangrücktrittserklärungen von Darlehensgebern (i.d.R. auf der Gesellschafterseite) entsprechende entlastende Effekte erzielt werden. Ferner kann die Einbindung von Beteiligungskapital (u.a. von den mittelständigen Beteiligungsgesellschaften) die Bilanzrelation verbessern.

Einen Notfallplan sollte man definitiv erarbeiten. Sprechen Sie uns an, damit Ende 2013 nicht das Fallbeil fällt. Wir können gemeinsam Strategien erarbeiten, um bei einer Rückkehr zur bisherigen Gesetzeslage Abwehrmaßnahmen parat zu haben.