Wer wegen des Flugverbots nicht zur Arbeit kam, hat keinen Anspruch auf Lohn. Ungeplant verlängerte Dienstreisen sind reguläre Arbeitszeit
Der Flugverkehr in Deutschland ist mittlerweile wieder aufgenommen worden, aber noch immer ist die Aschewolke des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull präsent und der Ärger über die dadurch verursachten Unannehmlichkeiten nicht verraucht. Unter arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten stellt sich die Frage, ob dem Arbeitnehmer, der mehrere Tage unfreiwillig weit weg von seinem Arbeitsplatz ausharren musste, ein Lohnanspruch zusteht. Dabei ist an die so verlängerten Urlaubsaufenthalte genauso zu denken wie an ungeplant verlängerte Dienstreisen.
Grundsätzlich gilt: „Ohne Arbeit kein Lohn“, da die Arbeitsleistung eine Fixschuld ist, die nicht nachgeholt werden kann. Arbeitsverhältnisse sind Dauerschuldverhältnisse mit täglich neu zu erbringenden Teilleistungen. Die Arbeitsleistung von gestern kann heute nicht nachgeholt werden. Die Nichterbringung zum vorgesehenen Zeitraum hat zur Folge, dass Unmöglichkeit eintritt und der Anspruch auf Gegenleistung, das Arbeitsentgelt, entfällt.
Um jedoch gerade für Arbeitnehmer nicht zumutbare Härten zu vermeiden, enthält das Arbeitsrecht eine Reihe von Sonderbestimmungen, die unfreiwillig verhinderte Arbeitnehmer entlasten sollen. Ganz wesentlich ist die Frage, wer die Unmöglichkeit der Erbringung der Arbeitsleistung zu vertreten hat. Hat weder der Arbeitnehmer noch der Arbeitgeber die Nichterbringung der Arbeitsleistung zu vertreten, so greifen die Sonderbestimmungen der §§ 615, 616 BGB, die dem Arbeitnehmer trotz fehlender Arbeitsleistung seinen Vergütungsanspruch erhalten.
Gemäß § 615 und der Betriebsrisikolehre bleibt der Anspruch auf Entgelt erhalten, wenn die Arbeitsleistung aufgrund von im Betrieb liegenden Gründen nicht erbracht werden kann. Typische Fallkonstellation ist im Wesentlichen der Stillstand der Produktion aufgrund von Maschinenschäden, fehlendem Material o. Ä. Die Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers endet erst dann, wenn dadurch der Betrieb in seiner Existenz gefährdet würde.
Des Weiteren erfolgt auch eine Lohnfortzahlung nach § 616 BGB, wenn der Arbeitnehmer für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund unverschuldet an der Erbringung der Dienstleistung verhindert ist. Hierunter ist typischerweise der keinen Aufschub duldende Arztbesuch zu verstehen.
Etwas anderes gilt jedoch bei objektiven Leistungshindernissen, die gleichzeitig eine unbestimmte Zahl von Arbeitnehmern treffen könnten. Typische Fallkonstellationen sind hier der Stau, Glatteis oder andere Verkehrsstörungen, die den Arbeitnehmer an der fristgerechten Leistungserbringung hindern. Für diese ausgefallene Arbeitszeit muss der Arbeitgeber keinen Lohn zahlen. Das so genannte „Wegerisiko“ trägt der Arbeitnehmer.
Die Aschewolke des Vulkans stellt ebenfalls ein solches objektives Leistungshindernis dar, da in diesem Fall die Unmöglichkeit der Erbringung der Arbeitsleistung weder durch den Arbeitgeber noch durch den Arbeitnehmer zu vertreten ist. Weder hat sich ein durch den Arbeitgeber zu tragendes Betriebsrisiko verwirklicht, noch handelt es sich um ein persönliches Leistungshindernis, sodass für den unfreiwillig verlängerten Urlaub des Arbeitnehmers dieser grundsätzlich (vorbehaltlich abweichender individual- oder kollektivrechtlicher Vereinbarungen) das „Wegerisiko“ des Rückflugs trägt. Will der Arbeitnehmer auf seinen vollen Lohnanspruch nicht verzichten, so kommt als einzige Möglichkeit dafür in Betracht, weitere Urlaubstage aufzuwenden.
Etwas anderes gilt für unfreiwillig verlängerte Dienstreisen, da diese beruflich angeordnet waren, sodass es sich insgesamt um reguläre Arbeitszeit handelt.