Bundesarbeitsgericht ermöglicht Befristung auch bei älterem Beschäftigungsverhältnis
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat kürzlich eine sehr praxisrelevante Entscheidung zur Zulässigkeit von befristeten Arbeitsverhältnissen und zum Problem der „Zuvor-Beschäftigung“ im Falle einer sogenannten sachgrundlosen Befristung getroffen. Nach der geltenden Gesetzeslage hat bereits ein einziges früheres Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitnehmer zur Folge, dass fortan eine Befristung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG („sachgrundlose Befristung“) unzulässig wurde.
Bisher entsprach die Rechtsprechung dieser Gesetzeslage. Hierbei war es bislang ohne Bedeutung, wie groß der zeitliche Abstand zwischen dem vormaligen und dem neuen Arbeitsverhältnis war. Dies führte im Ergebnis zu einer „lebenslänglichen Sperre” des Arbeitnehmers hinsichtlich einer weiteren sachgrundlosen befristeten Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber (BAG vom 6.11.2003, NZA 2005, 218ff.).
Diese Rechtsprechung war sowohl von Arbeitnehmer- als auch von Arbeitgeberseite zu Recht als praxisfremd kritisiert worden.
Nunmehr hat das BAG seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben und entschieden, dass die Möglichkeit, ein Arbeitsverhältnis ohne Sachgrund bis zu zwei Jahre zu befristen, einer früheren Beschäftigung des Arbeitnehmers nicht entgegensteht, sofern diese mehr als drei Jahre zurückliegt. Eine „Zuvor-Beschäftigung” im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG soll dann (ausnahmsweise) nicht vorliegen.
Dies leitet das BAG – nicht wortlautkonform zu der Vorschrift – aus einer, an Sinn und Zweck des § 14 TzBfG orientierten, verfassungskonformen Auslegung her. § 14 TzBfG soll zum einen den Arbeitgebern ermöglichen, auf schwankende Auftragslagen und wechselnde Marktbedingungen flexibel durch befristete Einstellungen reagieren zu können.
Zum anderen soll dem Arbeitnehmer eine Möglichkeit zur Dauerbeschäftigung eröffnet sowie sogenannte „Befristungsketten” bei Beschäftigungsverhältnissen verhindert werden. Das Verbot ist allerdings in der Praxis allzu oft zu einem Einstellungshindernis geworden.
Die verfassungskonforme Anwendung der Vorschrift soll daher nur insoweit gerechtfertigt sein, als dies zur Verhinderung von Befristungsketten erforderlich ist. Dies ist bei bereits länger zurückliegenden früheren Beschäftigungsverhältnissen typischerweise eben nicht mehr der Fall.
Die Gefahr missbräuchlicher Befristungsketten besteht regelmäßig nicht mehr, wenn zwischen dem Ende des früheren Arbeitsverhältnisses und dem sachgrundlos befristeten neuen Arbeitsvertrag mehr als drei Jahre liegen, so nun das BAG. Dieser Zeitraum entspräche auch der gesetzgeberischen Wertung, die in der regelmäßigen zivilrechtlichen Verjährungsfrist zum Ausdruck kommt.
Eine weitergehende Beschränkung der Vertragsfreiheit beim Abschluss eines Arbeitsvertrages und der damit notwendigerweise verbundenen Einschränkung der Berufswahlfreiheit des Arbeitnehmers lässt sich aus dem Sinn und Zweck des § 14 TzBfG nicht rechtfertigen.
Fundstelle:
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 6. April 2011 – 7 AZR 716/09 –
Vorinstanz:
Sächsisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 15. September 2009 – 7 Sa 13/09