Für Leiharbeitsverhältnisse gilt regelmäßig ein Tarifvertrag zur Arbeitnehmerüberlassung
Bei der Leih- bzw. Zeitarbeit muss zwischen mehreren Rechtsverhältnissen unterschieden werden:
Zum einen besteht zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Verleiher ein Arbeitsvertrag (sog. Leiharbeitsvertrag).
Zum anderen besteht zwischen dem Verleiher und dem Entleiher ein sogenannter Arbeitnehmerüberlassungsvertrag. Der Leiharbeitnehmer erbringt dann auf Grund der geschilderten (Dreier)-Konstellation gegenüber dem Entleiher unmittelbar die Arbeitsleistung, unterliegt in dem Arbeitsprozess dem Weisungsrecht des Entleihers und ist dort auch regelmäßig eingegliedert.
Die Konditionen, d. h. wie und in welchem Umfang der Leiharbeitnehmer entlohnt wird, bestimmen sich in erster Linie nach dem zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Verleiher geschlossenen Arbeitsvertrag.
Die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung war lange Zeit in Deutschland stark reglementiert und nur in sehr engen Grenzen zulässig. Im Zuge der „Hartz-Gesetzgebung“ sind diese restriktiven Regelungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (nachfolgend AÜG) Ende 2002 aber grundlegend reformiert und gelockert worden. Die bis dahin bestehenden Restriktionen (bspw. Höchstüberlassungsdauer, Synchronisations-, Wiedereinstellungs- und Befristungsverbot) wurden aufgehoben.
Im Gegenzug wurde im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz aber neu geregelt, dass dem Leiharbeitnehmer die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer (des Entleihers) geltenden Arbeitsbedingungen, einschließlich des Arbeitsentgeltes, zu gewähren sind (sog. Equal-Pay- bzw. Equal-Treatment-Prinzip). Allerdings sieht § 3 Abs. 1 Nr. 3, 9 Nr. 2 AÜG vor, dass ein geschlossener Tarifvertrag von diesem Gleichstellungsgrundsatz (sog. Equal-Pay bzw. Equal-Treatment-Prinzip) abweichende Regelungen zulassen kann. Ferner können nach § 9 Nr. 2 a. E. AÜG durch einzelvertraglichen Bezug nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer einen von dem Gleichbehandlungsgrundsatz abweichenden Tarifvertrag für sich zur Anwendung bringen.
Der betreffende Tarifvertrag kommt dann in der Regel zwischen den Arbeitgeberverbänden der Zeitarbeitsbranche und den Mitgliedsgewerkschaften des deutschen Gewerkschaftsbundes zustande. Durch die erwähnte einzelvertragliche Bezugnahme erstreckt sich die Anwendbarkeit dann auch auf Dritte, d. h. auf sonst nicht tarifvertraglich gebundene Arbeitgeber (Verleiher) und Arbeitnehmer (Leiharbeiter).
Leiharbeitsverhältnisse unterliegen daher (entweder direkt oder durch die erwähnte Bezugnahmeklausel) regelmäßig einem Tarifvertrag zur Arbeitnehmerüberlassung, sodass dann der o.g. Gleichstellungsgrundsatz modifiziert wird.
Soweit demnach ein Tarifvertrag besteht, der auf den Leiharbeitsvertrag (d. h. dem Arbeitsvertrag zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer) anzuwenden ist, sind Abweichungen in der Bezahlung und den sonstigen Bedingungen zwischen der Stammbelegschaft und den Leiharbeitnehmern vom Gesetz her (siehe § 3 Abs. 1 Nr. 3, 9 Nr. 2 AÜG) legitimiert und nicht zu beanstanden. Der Gleichstellungsgrundsatz (sog. Equal-Pay- bzw. Equal-Treat-ment-Prinzip) wird dann durch den entsprechenden Tarifvertrag und durch die Tarifparteien, wie vom Gesetzgeber vorgesehen, abgeändert.
Ein für allgemeinverbindlich erklärter Tarifvertrag der Arbeitnehmerüberlassungsbranche (der stets zur Anwendung käme) ist nicht ersichtlich (auch nicht über das Arbeitnehmerentsendegesetz).
Inwieweit bzw. in welchem Umfang die Tarifparteien der Arbeitnehmerüberlassungsbranche in dem betreffenden Tarifvertrag durch die einzelnen Regelungen (Entgelthöhe etc.) rechtlich zulässig von dem o. g. Gleichbehandlungsgrundsatz abweichende Vereinbarungen schließen können, ist eine ganz andere Frage.
Das Bundesarbeitsgericht hat sich mit dieser Frage befasst (BAG vom 24. März 2004, AZ.: 5 AZR 303/03) und vertrat die Ansicht, dass normative Tarifregelungen kaum Platz dafür bieten, dass ein sittenwidriges Arbeitsentgelt (Stichwort Lohnwucher bzw. Hungerlohn) vereinbart wird und damit eine abweichende Vereinbarung von dem o. g. Gleichbehandlungsgrundsatz rechtlich zu beanstanden ist.
Maßgebend für die Entlohnung der Leiharbeiter ist daher, welchen Bedingungen bzw. welchem Tarifvertrag der Leiharbeitsvertrag unterfällt. Dieser Tarifvertrag bestimmt die Höhe des Arbeitsentgeltes der Leiharbeitnehmer. Wenn dabei behauptet würde, diese Entlohnung kollidiere mit dem o. g. Gleichbehandlungsgrundsatz, müsste der betreffende Tarifvertrag angegriffen werden d. h. behauptet werden, die Lohnhöhe in dem verhandelten Tarifvertrag sei ein sittenwidriges Arbeitsentgelt. Soweit von hier aus ersichtlich, ist dies in der Rechtsprechung noch nie erfolgreich bemängelt worden.