In unserem dreiteiligen „Grundkurs Steuerstrafverfahren“ befassen wir uns abschließend mit der Verteidigungsstrategie.
Rechtsanwalt Martin Plett, unser langjähriger Kollege bei bdp Hamburg, verstarb Anfang Oktober völlig unerwartet. Der streitbare Anwalt verfasste 2010 für bdp aktuell einen dreiteiligen „Grundkurs Steuerstrafverfahren“, dessen Kernaussagen uneingeschränkte Gültigkeit haben, und den wir zum ehrenden Gedenken an Martin Plett hier in einer durchgesehenen Version nachdrucken.
In dieser Ausgabe von bdp aktuell schließen wir unseren Grundkurs Steuerstrafverfahren ab. Nachdem wir uns um die Frage gekümmert haben, wer, wann und warum ermittelt (bdp aktuell 134) sowie was bei Durchsuchung und Beschlagnahmung zu tun ist (bdp aktuell 135), befassen wir uns abschließend mit der Verteidigung im Steuerstrafverfahren.
Verteidigung will objektiven Tatbestand möglichst gering halten
Die Verteidigung im Steuerstrafverfahren zielt grundsätzlich darauf ab, dass der sogenannte objektive Tatbestand ein möglichst geringes Volumen umfasst. Der objektive Tatbestand einer Steuerhinterziehung wird definiert durch die Höhe der nachweislich hinterzogenen Steuern. Auch wenn aufgrund anderer Beweiskonstellationen die veranlagungstechnisch nachher erforderlichen Steuernachzahlungen nicht unbedingt und in jedem Falle identisch sind mit dem sogenannten objektiven Tatbestand, gibt dieser doch einen wesentlichen Richtwert für das weitere Verfahren an.
Sanktionsmilderungen durch Kooperation im Verfahren
Zum einen ist es von Bedeutung, die veranlagungstechnischen Nachzahlungen so gering wie möglich zu halten, und zum anderen definiert sich natürlich die Möglichkeit zur Beendigung des Steuerstrafverfahrens im Wesentlichen nach der Höhe der hinterzogenen Steuern. Dabei hat selbstverständlich auch der subjektive Tatbestand, d. h. die Verschuldensform, eine gewisse Bedeutung.
Sanktionsmilderungen können erlangt werden durch Kooperation im Verfahren und durch frühzeitige Begleichung der hinterzogenen Steuern auch dann, wenn noch gar keine entsprechenden Bescheide vorliegen.
Die oben angeführte Taktik mag in vielen Fällen sinnvoll sein. Sie ist es aber nicht immer, da es durchaus erforderlich sein kann, mit dogmatischer und praktischer Härte zu verteidigen.
Möglichkeiten zur Beendigung eines Steuerstrafverfahrens
Eine Einstellung gemäß § 170 Abs. II StPO ist geboten, wenn das Ermittlungsergebnis keinen genügenden Anlass zur Erhebung der Klage ergibt, also wenn der betroffene Bürger strafrechtlich unschuldig ist.
Eine Einstellung wegen Geringfügigkeit und mangels öffentlichen Interesses an der Verfolgung ergibt sich äußerst selten bei geringfügigsten Steuerstraftaten (§ 153 StPO).
Einstellung des Verfahrens bei Erfüllung von Auflagen
Weitaus relevanter in der Verfahrenspraxis ist die Einstellung des Verfahrens bei Erfüllung von Auflagen gemäß § 153 a StPO. Danach kann ein Verfahren unter bestimmten Umständen eingestellt werden, wenn der Beschuldigte geeignete Auflagen und Weisungen erfüllt.
Regelmäßig handelt es sich bei den Auflagen um Zahlungen einer bestimmten Geldsumme an gemeinnützige Institutionen oder aber auch an die Staatskasse. Wird das Verfahren so eingestellt, gilt der Betroffene nicht als bestraft oder vorbestraft, und es erfolgt selbstverständlich auch keine Eintragung im Strafregister. Diese Art der Verfahrenseinstellung erfolgt allerdings nur bei geringfügigen Vergehen.
Verwarnung mit Strafvorbehalt
Auf der nächsthöheren Stufe der denkbaren Sanktionen steht die sogenannte Verwarnung mit Strafvorbehalt, bei der es sich quasi um eine Geldstrafe auf Bewährung handelt. Diese Art der Verfahrensbeendigung ist aber ausgesprochen selten.
Strafbefehl zur Vermeidung von Publizität
Auf der nächsten Stufe folgt dann der Strafbefehl, bei dem Geldstrafen oder aber eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird, verhängt werden können. Auf diese Art der Beendigung eines Strafverfahrens arbeitet die Verteidigung hin, wenn eine entsprechende Sanktion unvermeidbar ist, aber immer noch versucht werden soll, Publizität zu vermeiden.
Die Vermeidung der Publizität ist beim Strafbefehlsverfahren dadurch gegeben, dass dieses schriftlich vollzogen wird und keine öffentliche Hauptverhandlung stattfindet.
Soweit allerdings unabgestimmt ein Strafbefehl ergeht und die Verteidigung sich vorstellen kann, ein besseres Ergebnis zu erreichen, sollten Rechtsmittel gegen den Strafbefehl eingelegt werden. Das führt aber unweigerlich zu einer Hauptverhandlung.
Beendigung durch Urteil
Die letzte Möglichkeit zur Beendigung eines Strafverfahrens ergibt sich dann durch ein Urteil der jeweils zuständigen Gerichte. Ein solches Urteil kann natürlich auch noch zum Freispruch führen. Es sind aber dann Verurteilungen zu Geldstrafen oder aber auch zu Freiheitsstrafen weitaus häufiger.
Die mögliche Maximalstrafe beträgt 10 Jahre Freiheitsentzug
Nach der letzten hier relevanten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 02.12.2008 – 1 StR 416/08) soll bei einer sechsstelligen Steuerhinterziehungssumme die Verhängung einer Geldstrafe nur noch bei Vorliegen von gewichtigen Milderungsgründen schuldangemessen sein. Bei Hinterziehungsbeträgen in Millionenhöhe kommt nach der vorgenannten Entscheidung eine Bewährungsstrafe nur noch bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe in Betracht. Bei besonders schweren Steuerhinterziehungen, also bei einer Hinterziehung im großen Ausmaß, beträgt die mögliche maximale Freiheitsstrafe sogar zehn Jahre.
bdp steht Ihnen in allen Verfahrensphasen selbstverständlich mit Rat und Tat zur Seite.