Mit Sebastian Thiele, Head of Sales Europe bei bdp Mechanical Components Deutschland sprachen wir über die Kunst erfolgreicher Preisverhandlungen.
Die Coronapandemie seit 2020, die Havarie der „Ever Given“ im Suezkanal im März 2021 und nun seit Februar 2022 der Krieg in der Ukraine haben unter anderem eine massive Störung der internationalen Lieferketten zur Folge. Damit einher gehen eine Neubewertung und teilweise bereits Neuorganisation der globalisierten Arbeitsteilung. Das alles hat vermutlich Ihr Geschäft, nämlich die internationale Beschaffung mechanischer Komponenten der Guss- und Schmiedetechnik, sicherlich nicht vereinfacht.
Sebastian Thiele: Ja, das kann ich im Grunde bestätigen. Zu den von Ihnen genannten Punkten möchte ich, was das Sourcing in China angeht, noch unbedingt den stark schwankenden Wechselkurs zwischen RMB und Euro hinzufügen, der zuletzt wieder die Produkte aus China sehr verteuert hat. Die Havarie im Suezkanal war praktisch kein so großes Problem, weil die Lager zu der Zeit recht gut gefüllt waren und man mit den verspäteten Lieferungen dadurch einigermaßen umgehen konnte. Es ist allerdings eine Störung, die sich nicht wiederholen sollte.
Die Pandemie tangiert uns je nach Land sehr unterschiedlich. Der Lockdown in Shanghai hat für China, vorsichtig formuliert, neue Herausforderungen gebracht. Und natürlich überlegen viele Kunden, ob sie verstärkt wieder nach Osteuropa zurückgehen oder nach Nordafrika. Da registrieren wir klar einen Anstieg der Anfragen. Viele unserer ukrainischen Lieferanten fallen durch den Krieg nun leider aus. Mit unseren Lieferanten z.B. in Bulgarien, Türkei oder Spanien können wir unseren Kunden auch eine langfristige Alternative bieten.
Summa summarum: Ja, die Kunden sind nervös. Steigen die Transportkosten von China nach Europa weiter an? Bleibt der RMB weiterhin so stark? Aber trotz aller Probleme: Bei vielen Produkten sehen wir nach wie vor deutlich preisliche Vorteile bei der Beschaffung in China. Und trotzdem: Es wird einen Wandel geben und die Globalisierung wird für uns einen wachsenden Schwerpunkt in Osteuropa haben.
Wenn Sie mit Neu- oder Bestandskunden verhandeln, was ist dabei am allerwichtigsten?
Das Wichtigste ist die Vorbereitung, egal ob es sich um ein neues Projekt oder um Preisverhandlungen handelt. Teilepreiserhöhungen sind gegenwärtig aufgrund der Energiepreisentwicklung unausweichlich. Dazu müssen die Zahlen ordentlich aufbereitet und präsentiert werden. Diagramme sind gut geeignet, dem Kunden zu zeigen, wie die Preiserhöhungen sich im einzelnen zusammensetzen.
Dann müssen Sie sich ein Minimalziel setzen, das Sie unbedingt erreichen wollen. Wo also ist mein Point of no Return. Seien Sie realistisch, aber nicht zu optimistisch. Setzten Sie sich ein Minimalziel, das in dieser Verhandlung erreicht werden muss. Bedenken Sie, auch der Verhandlungspartner hat seine Grenzen.
Magdalena Cebo, Sourcing Manager Eastern Europe bei bdp Poland, Dr. Michael Bormann, CEO der bdp Gruppe und Fang Fang, Partnerin bei bdp China und COO der bdp Mechanical Components (v. l. r.)
„Die CASTFORGE 2022 in Stuttgart liegt erfolgreich hinter uns. Die persönlichen Gespräche mit potenziellen Neukunden und unseren Kunden waren ein sehr großer Mehrwert für unser Unternehmen.
Wieder einmal hat sich gezeigt, dass der persönliche Kontakt die Basis für eine gute Zusammenarbeit ist, insbesondere um Projekte gemeinsam erfolgreich anzuschieben und umzusetzen.“
Sebastian Thiele
Schließlich müssen Sie Brücken bauen können. Ein Beispiel: Der Materialpreis erhöht sich um fünf Prozent. Dann ist es gut, wenn Sie zeigen können, wie der Preis sich auch in der Vergangenheit schon erhöht hat. Sie müssen auch die Wechselkursentwicklung einbeziehen. Es gibt nichts Schlimmeres, als unvorbereitet in ein Kundenmeeting zu gehen. Also nur mit einer Zahl, ohne plausibel machen zu können, woher sie kommt.
Gut, das betrifft die Hausaufgaben für Ihre Seite des Verhandlungstisches. Wie steht es um die Zahlen und Minimalziele der Gegenseite? Unterstellt, dass die auch verhandeln kann, wie kann es dann gelingen, dort hinter die Fassade zu schauen?
Auch der Breakpoint der Gegenpartei ist schlussendlich eine Frage der Recherche. Nehmen wir an, der Kunde sitzt in Deutschland und kauft vor allem in Norditalien und Polen ein. Wenn Sie nun die Energie- und Lohnkosten für diese Länder so genau wie möglich ermitteln, sind Sie schon ganz gut vorbereitet auf die wahrscheinlichen Vorstellungen des Kunden.
Und dann müssen Sie in der Verhandlung auf die Körpersprache achten. Wenn beispielsweise Ihr Gegenüber in der Verhandlung schon grinst, dann kann Ihr Preis so schlecht nicht sein. Unerfahrene Einkäufer verraten sich oft dadurch, dass sie häufig in ihren Unterlagen blättern. Dann wissen Sie, es gibt nicht Luft. Erfahrene Hasen geben sich solche Blößen nicht. Aber durch eine gewisse Menschlichkeit und Zugewandtheit in der Verhandlung können Sie immer das eine oder andere Zeichen herauskitzeln. Probieren Sie höhere Forderungen zu stellen und warten Sie ab, wie das Gegenüber reagiert und argumentiert. Es ist immer wichtig, in schwierigen Verhandlungen geduldig zu sein und sich nicht aus der Ruhe bringen oder unter Druck setzen zu lassen.
Kann es passieren, dass man sich trotz akribischer Vorbereitung und Recherche mit seinen Verhandlungspositionen vertut und komplett daneben liegt?
Vertun ja, komplett daneben liegen eher nicht. Komplette Fehlkalkulationen sollten sich durch analytisches Vorgehen vermeiden lassen.
Was tut man, wenn die Positionen zu weit auseinander liegen?
Dann muss man wissen oder herausbekommen, wie dringend die Gegenseite einen Abschluss benötigt. Auf gar keinen Fall darf man selbst Bedürftigkeit erkennen lassen. Dann ist es besser, die Verhandlung zu beenden. Das führt im Übrigen oft dazu, dass die Gegenseite recht schnell signalisiert, dass man doch handelseinig werden könnte.
Sehr nützlich ist es auch, mal gar nichts zu sagen. Das ist oft sehr unangenehm, aber es ermöglicht auch, das Thema oder den Fokus zu variieren. Sie dürfen natürlich nicht nach jedem zweiten Satz Ihres Gegenübers einfach schweigen und gar noch eine aggressive Haltung einnehmen. Aber ein höfliches Verstummen hat schon oft geholfen, die Gegenseite dazu zu verleiten, sich zu erklären. Und das ermöglicht Ihnen dann wiederum, Ihre Schlussfolgerungen zu ziehen.
Wichtig ist es, nicht im letzten Moment von seinem Ziel abzukehren und Zugeständnisse zu machen, die man nicht will, nur um die Verhandlung zu beenden. Wenn man in der Hauptsache nicht weiterkommt, ist es meist ratsam, dem Kunden zusätzlich kleinere Alternativen anzubieten, um einen gemeinsamen Erfolg zu erzielen.
Unterbrechen Sie die gegenübersitzende Person nicht, wenn diese spricht, und machen Sie sich lieber Notizen. Fragen Sie ruhig nochmals nach, wenn Sie etwas nicht verstanden haben. In einer Verhandlung sollte man aktiv zuhören und die erhaltenen Informationen für die Verhandlung positiv nutzen.
Kann man die dafür nötige Selbstkontrolle lernen?
Ich will mal so sagen: Einerseits wird ein Choleriker niemals genügend Selbstkontrolle haben und andererseits hilft Erfahrung immer. Manche machen auch Yoga. Ich persönlich versuche mich vor wichtigen Verhandlungen total abzuschotten und weder Nachrichten noch Musik zu hören. Ich rekapituliere meine Keyfacts und fokussiere mich total. Tief durchatmen hilft immer, auch wenn es in der Verhandlung emotional wird. Und wer emotional agiert, der offenbart Schwächen. Aber um die zu erkennen, müssen Sie selbst so ruhig wie möglich bleiben. Das können Sie, denn Sie sind ja gut vorbereitet.
Herr Thiele, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.
5 Maximen für erfolgreiche Preisverhandlungen:
- Bereiten Sie sich gut vor. Exakte Recherchen und plausible Zahlen sind der Schlüssel zum Erfolg.
- Kalkulieren Sie den Breakpoint der Gegenseite.
- Seien Sie geduldig und machen Sie keine schnellen Zugeständnisse.
- Denken Sie klar, behalten Sie Ihre Selbstkontrolle und schweigen Sie auch einmal.
- Hören Sie aktiv zu und achten Sie insbesondere auf nonverbale Mitteilungen.
Internationales Sourcing Kompletter One-Stop-Service
bdp Mechanical Components ist ein globaler Anbieter bei der internationalen Beschaffung von hochwertigen Guss- und Schmiedeteilen für produzierende Unternehmen in Europa.
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