Wann sind Geschäftsführer und/oder Gesellschafter einer GmbH sozialversicherungspflichtig - und wann nicht?
Die Frage, ob ein GmbH-Geschäftsführer sozialversicherungspflichtig ist, ist oft strittig und kann in vielen Fällen nicht sofort und eindeutig beantwortet werden. Dies liegt vor allem daran, dass es für GmbH-Geschäftsführer und geschäftsführende Gesellschafter dazu keine explizite gesetzliche Regelung gibt. Es gibt aber eine relativ gefestigte Rechtsprechung der Sozialgerichte, aus der sich Indizienkataloge ergeben, mit deren Hilfe die Frage dann doch so oder so beantwortet werden kann.
Notwendig ist aber immer eine Einzelfallprüfung, bei der jeweils das Gesamtbild der Verhältnisse gewürdigt werden muss. Wir sprachen mit bdp-Partner Rüdiger Kloth, nach welchen Kriterien die Sozialversicherungspflicht bejaht oder verneint wird, welche Gestaltungsmöglichkeiten dabei bestehen und wie man doch letzte Antworten bekommt.
____Herr Kloth, auch wenn die Sozialversicherungspflicht des GmbH-Geschäftsführers gesetzlich nicht klar geregelt ist, so muss die Frage doch beantwortet werden. Wo findet man Antworten?
Anhaltspunkte findet man im Sozialgesetzbuch IV (SGB IV). Dort regelt § 2 Abs. 2 Nr. 1 SGB IV, dass die Sozialversicherung u. a. diejenigen Personen umfasst, „die gegen Arbeitsentgelt (...) beschäftigt sind“. Und in § 7 Abs. 1 SGB IV ist definiert, was eine Beschäftigung in diesem Sinne ist, nämlich eine nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Dabei sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Gesellschaft. Mit anderen Worten: Nichtselbständige Personen sind sozialversicherungspflichtig und selbständige Personen sind von der Sozialversicherungspflicht befreit.
___Aber das klingt doch recht eindeutig. Was ist an der Beurteilung dann so schwierig? Man muss doch nur feststellen, ob der Geschäftsführer nichtselbständiger Arbeitnehmer ist?
So einfach ist das nicht, denn wir müssen den Status ja sozialrechtlich und nicht steuer- oder arbeitsrechtlich beurteilen: Ein mit 75 % beteiligter Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH ist zwar Arbeitnehmer im Sinne des Lohnsteuerrechts, aber kein Beschäftigter im Sinne der Sozialversicherung. Damit ist aber ein wichtiges Kriterium benannt: Mehrheitsgesellschafter mit mehr als 50 % Geschäftsanteilen sind regelmäßig nicht sozialversicherungspflichtig. Warum? Weil sie de facto weisungsunabhängig sind: Indem sie die Gesellschafterbeschlüsse nach Belieben bestimmen können, geben sie sich ihre Anweisungen ja selbst.
___Gilt dann auch der Umkehrschluss, dass nämlich geschäftsführende Minderheitsgesellschafter immer sozialversicherungspflichtig sind?
Im Prinzip ja, aber nicht immer! Wenn der Minderheitsgesellschafter über eine Sperrminorität verfügt, mit der er unliebsame Beschlüsse verhindern kann, dann spricht dies gegen die Versicherungspflicht. Ziemlich klar ist die Situation nur, wenn der Geschäftsführer als sogenannter Fremdgeschäftsführer gar keine Anteile besitzt. Das spricht sehr stark für Versicherungspflicht. Aber selbst hier kann im extremen Ausnahmefall ein Fremdgeschäftsführer, der ganz spezifische Branchenkenntnisse und Fähigkeiten besitzt oder in enger familiärer Beziehung zur Gesellschaft steht, sodass diese ohne ihn nicht handlungs- oder überlebensfähig ist, Weisungsfreiheit besitzen und damit nicht sozialversicherungspflichtig sein. Entscheidend für die Beurteilung der Betriebseingliederung sind neben der Höhe der Kapitalbeteiligung die tatsächlichen Einflussmöglichkeiten des Geschäftsführers.
____Kann man also sagen, dass der Geschäftsführer umso eher nicht sozialversicherungspflichtig ist, je unternehmerischer er handelt?
Genau so ist es: Geht er ein unternehmerisches Risiko ein, spricht dies für eine selbständige Tätigkeit. Aber was ein unternehmerisches Risiko ist, ist wiederum nicht klar bestimmt. Die Struktur des Einkommens etwa liefert Indizien, etwa wenn sie überdurchschnittlich viele erfolgsbezogene Anteile hat. Risiken bestehen sicherlich auch dann, wenn der Geschäftsführer Bürgschaften für die Gesellschaft übernimmt. Für ein unternehmerisches Risiko spricht sowieso eine Mehrheitsbeteiligung.
____Die Beteiligungsquote ist offenbar ein zentrales Kriterium?
Ja, es läuft darauf hinaus, dass man bei einer Beteiligungsquote von über 50 % die Sozialversicherungspflicht in der Regel verneinen kann. Aber entscheidend ist schlussendlich das individuelle Gesamtbild der Verhältnisse.
Also: Fester Jahresurlaub, Regelarbeitszeit, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Kontrolle durch Gesellschafterversammlung etc. sprechen für Versicherungspflicht. Eigenständiges Personalmanagement, freie Einteilung der Arbeit oder Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot sprechen dagegen.
____Damit hat man dann aber doch eine Reihe von Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung.
Ja, die hat man. Aber hier ist dringend zu beachten, dass die tatsächlichen Verhältnisse entscheidend sind und gegenüber den schriftlichen Verträgen und Abmachungen immer vorgehen.
____Und wer entscheidet das dann im Zweifelsfall?
Besteht Unsicherheit im Hinblick auf den Sozialversicherungsstatus (abhängige Beschäftigung oder Selbständigkeit), so gibt es nach § 7 a Abs. 1 SGB IV die Möglichkeit, in einem Anfrageverfahren eine Statusprüfung durch die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) – ehemals BfA – zu beantragen. Deren Entscheidung ist verbindlich.
Eine solche Statusfeststellung wird auch von der Krankenkasse angestoßen, wenn sie erfährt, dass der Antragsteller Gesellschaftergeschäftsführer ist. In Zweifelsfällen ist zu einer solchen Statusfeststellung zu raten, will man etwa spätere Nachforderungen vermeiden. Allerdings sollten zuvor ggf. die vorhandenen Gestaltungsspielräume genutzt werden. bdp berät Sie dazu gerne.
____Herr Kloth, besten Dank für diese Erläuterungen.
Indizien für Sozialversicherungspflicht
eher Ja
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eher Nein
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