Der Fiskus versucht sehr aggressiv, Geschäftsführer von Krisenunternehmen in persönliche Haftung zu nehmen

Die Finanzämter gehen immer aggressiver gegen Geschäftsführer von Krisenunternehmen vor, insbesondere wenn das Unternehmen bereits in die Insolvenz gegangen ist. Nunmehr gibt es ein neues Berechnungsschema, anhand dessen die Finanzämter nachzuweisen versuchen, dass der Geschäftsführer weniger die Steuerschulden und mehr  die sonstigen Lieferantenverbindlichkeiten bedient hat. Das ist teilweise tatsächlich der Fall, denn in den letzten Wochen oder Monaten vor einer Insolvenz darf ein Geschäftsführer letztendlich nur die Zahlungen tätigen, die zum unmittelbaren Weiterbetrieb des Unternehmens erforderlich sind.

Die vom Finanzamt aufgestellte Tabelle lässt dies natürlich völlig außer Acht und negiert auch sämtliche Anfechtungsregelungen, die die Insolvenzordnung vorsieht. Sofern das Finanzamt versucht, auf diese Weise den Geschäftsführer persönlich in Haft zu nehmen, sollte man gut beraten sein und nicht alleine mit dem Finanzamt verhandeln!

Schema zur Berechnung der Haftungsquote für Umsatzsteuern

 

 

 

TEUR

TEUR

%

Anfangsverbindlichkeiten per Stichtag X

 

Lieferanten lt. OPOS-Liste

100,00

 

 

 

Bank lt. Kontoauszug

20,00

 

 

 

Lohnsteuer

10,00

 

 

 

Sozialversicherung

50,00

 

 

 

Löhne

100,00

 

 

 

Gewerbesteuer

 

 

 

 

Körperschaftsteuer

 

 

 

 

sonstige Verbindlichkeiten

 

 

 

 

 

 

280,00

56,57

 

Neuverbindlichkeiten ab X bis Y

 

Rechnungseingänge brutto

50,00

 

 

 

Ausgabebelege Kasse

5,00

 

 

 

Löhne

100,00

 

 

 

Lohnsteuer lt. Anmeldungen

10,00

 

 

 

Krankenkassen
lt. Beitragsnachweisen

50,00

 

 

 

Sonstige Verbindlichkeiten

 

 

 

 

Gewerbesteuer

 

 

 

 

Körperschaftsteuer

 

 

 

 

 

 

215,00

43,43

 

Summe Verbindlichkeiten

495,00

100,00

 

Zahlungen im Zeitraum ab X bis Y

 

an Lieferanten etc.

100,00

 

 

 

an Krankenkassen

50,00

 

 

 

Lohnzahlungen

100,00

 

 

 

Lohnsteuer abgeführt

10,00

 

 

 

Ausgabebelege Kasse

5,00

 

 

 

Sonstige Zahlungen unbar

20,00

 

 

 

Lastschriften

10,00

 

 

 

 

 

295,00

59,60

 

Quote der Steuerzahlungen

 

Steuerschulden
 lt. Aufstellung FA

150,00

150,00

100,00

 

auf Steuerschulden gezahlt von X bis Y

30,00

30,00

20,00

 

Benachteiligungsquote,
vorläufig

 

 

-39,60

 

./. Abschlag
gem. BFH VII R 188/82

 

 

-10,00

Haftungsquote, noch zu zahlen

-44,39

-29,60

Dieses Berechnungsschema lässt sich wie folgt erklären: Im Beispiel wird im oberen Block zunächst von den Verbindlichkeiten ohne die Steuerschulden ausgegangen, die zu einem Stichtag X 280.000 Euro betrugen. Von diesem Stichtag bis zum nächsten Stichtag Y sind 215.000 Euro weitere Verbindlichkeiten hinzugekommen, sodass insgesamt ein Bestand an offenen Verbindlichkeiten ohne die Altsteuerschulden von 495.000 Euro bestanden hat.

Zahlungen wurden auf diese Verbindlichkeiten in einer Größenordnung von 295.000 Euro geleistet, was einer Quote von 59,60 % auf die bestehenden Schulden entspricht.

Auf die Altsteuerschulden von 150.000 Euro wurden jedoch nur 30.000 Euro geleistet, was einer Quote von 20 % entspricht. Somit ergibt sich rechnerisch eine Benachteiligung des Finanzamts von 39,60 %-Punkten, welche nach einem BFH-Urteil um 10 Punkte zu reduzieren ist, sodass die Anspruchsgrundlage gegen den Geschäftsführer 29,60 %-Punkte beträgt.

Mit diesem Berechnungsschema kann zunächst das individuelle Risiko bestimmt werden. Kommt es dann zum Äußersten und das Finanzamt will seine Ansprüche durchsetzen, sollte man sich sehr sorgfältig beraten lassen, denn dieses Schema ist in etlichen Punkten angreifbar, so etwa die Wahl der Stichtage, die Vernachlässigung der für den unmittelbaren Weiterbetrieb des Unternehmens erforderlichen Auszahlungen etc.