Für den Erfolg in China ist die Wahl des richtigen Standortes entscheidend. Das ist nicht immer einfach. bdp-Gründungspartner Dr. Michael Bormann und die Leiterin des bdp China-Desks, Fang Fang, erläutern Auswahlkriterien.

China ist geprägt von Wirtschafts- und Sonderwirtschaftszonen, von denen jede ihre eigenen Voraussetzungen, Regelungen und Gesetze hat. Es ist auch nicht ungewöhnlich, dass innerhalb einer Stadt mehrere Wirtschaftszonen existieren. Somit geht es bei der Standortwahl nicht nur darum, sich innerhalb der vielen Provinzen des Landes umzuschauen, auch die großen Metropolen wie Peking oder Tianjin haben teilweise innerhalb ihres Einzugsgebietes unterschiedliche wirtschaftliche Gegebenheiten. So leben im gesamten Verwaltungsgebiet von Tianjin mehr als 15 Mio. Menschen – das sind doppelt so viele Einwohner, wie die Schweiz hat. Und wer die Schweizer Unabhängigkeit der Kantone bei steuerlichen und wirtschaftlichen Entscheidungen kennt, ahnt dunkel, was in China auf den Unternehmer zukommen könnte. 

Wichtige Wahl

Die Auswahl eines Standortes ist eine essenzielle Entscheidung. Die Wahl eines unpassenden Standortes bringt oftmals einen Mehraufwand mit sich. Verlegt man seinen Standort innerhalb einer Wirtschaftszone, kommt lediglich ein Änderungsverfahren zum Tragen. Beim Wechsel von einer Wirtschaftszone in eine andere muss dieses auch innerhalb einer Stadt von der alten Wirtschaftszone bewilligt werden und eine Abmeldung vom Finanzamt und eine Anmeldung innerhalb der neuen Wirtschaftszone erfolgen. Im Rahmen einer Steuerprüfung vom Finanzamt werden dann bestehende Steuerschulden geprüft, die beglichen werden müssen. Nicht nur aus diesen Gründen empfiehlt sich eine frühzeitige Auseinandersetzung mit der Wahl des Standortes, bei der die jeweiligen Vor- und Nachteile sorgfältig gegeneinander abgewogen werden. 

Grundlegende Fragen

Beginnen sollte man bei der Auswahl mit der Frage, ob es sich bei dem Gebiet um eine von der Politik präferierten Sonderwirtschaftszone wie beispielsweise Tianjin oder Shenzhen handelt oder womöglich um eine Inlandsprovinz, die eher ein wirtschaftliches Schattendasein fristet. Es bringt also nichts, sich einer Unternehmerreise eines deutschen Ministerpräsidenten anzuschließen, die in eine chinesische Provinz führt, mit deren Regionalregierung  zwar seit längerem gute Kontakte bestehen, die aber die hinter den rasanten strukturellen Veränderungen im Reich der Mitte zurückgeblieben ist. 

Ausrichtung auf die Wirtschaft

Wirtschafts- und Sonderwirtschaftszonen in China  bieten den Vorteil, dass ihre Strukturen auf die Bedürfnisse der Wirtschaft ausgerichtet sind. Deutsche und ausländische Investitionen werden in diesen Zonen mit Investitionszuschüssen und Steuererleichterungen je nach Gesamtinvestitionssumme, Steuereinnahmen, Beschäftigung und Industriezweigen gefördert, um sie zur Gründung einer Produktionsgesellschaft in China zu bewegen. Für die chinesische Seite bringt dies neue Arbeitsplätze, schafft sowohl Zugang zu fortschrittlichen Techniken und trägt zur Verbesserung der Produktqualität bei. 

Gute Kommunikation mit den Behörden vor Ort erforderlich

Vor der Aufnahme von Verhandlungen  über ein so genanntes „Investment Agreement“  in der Wirtschafts- oder Sonderwirtschaftszone spielt die Entscheidung über die Mitglieder des Verhandlungsteams eine große Rolle. China-Experten wie die Mitarbeiter des bdp-Teams, die langjährige Erfahrungen mit chinesischen Unternehmen und der Regierung haben, sind als Begleiter unverzichtbar. Sie können interkulturelle Konflikte abbauen und adäquate Gegenmaßnahmen einleiten. Im Allgemeinen werden die Vereinbarungen über die Investitionszusammenarbeit mehrmals verhandelt und regelmäßig angepasst, wodurch die Fertigstellung des endgültigen Entwurfs oftmals sehr langwierig sein kann. Das Risiko für Verzögerungen in den Verhandlungen besteht durchaus, eine terminliche Erfassung für jede Phase des Projekts in der Investitionsvereinbarung ist daher sehr ratsam. Weil die Städte sich sehr stark unterscheiden, werden auch die Subventionsarten und -methoden in jeder Wirtschaftszone unterschiedlich sein. 

Subventionen und Steuervorteile betrachten

Bei der Wahl des richtigen Standortes kommt es auf zwei wesentliche Dinge an: zum einen auf die Investitionszuschüsse, sprich Subventionen,  und auf die Steuererleichterungen. Ersteres erinnert an die Wahl eines Standortes in Deutschland – Letzteres eher an die Schweiz.

Bei Investitionszuschüssen ist zu beachten, dass der Zeitpunkt und die Höhe für die Bezahlungen von Investitionszuschüssen in den Vereinbarungen klar definiert werden sollten. Erreicht der Investor den versprochenen Umsatz nicht planmäßig, so wird die Höhe des Zuschusses als Prozentsatz an den erreichten Umsätzen gemessen.

Bei Steuererleichterungen ist zu beachten, dass die Bedingungen für die Gewährung von Subventionen, die Subventionsmethode  sowie die Steuerarten und die Steuererleichterung und gegebenenfalls Steuerbefreiungen festgelegt und schriftlich fixiert werden. Rücklaufquoten und Rücklaufzeiten von Steuererleichterungen und Subventionen bedürfen ebenso der schriftlichen Darlegung im Investment Agreement. 

Besuch vor Ort und Detailfragen

Nach diesen vorab durchgeführten Recherchen ist es im Vorfeld unabdingbar, den Standort zu besuchen, den Kontakt zu bereits etablierten Unternehmen herzustellen und anhand von qualifizierten Feedbacks und einem Erfahrungsaustausch eine grundlegende Basis zu schaffen. 

Später gehen die Fragen immer tiefer ins Detail, wenn es dann an die Unterzeichnung der Verträge und die Finanzierung der wirtschaftlichen Aktivitäten in China geht. 

Fragen aus der Praxis

Dies lässt sich an zwei Beispielen darlegen: Da wäre zum einen die Beantragung eines lokalen Bankdarlehens. Unternehmen können ihren Kapitalbedarf dadurch stillen, dass sie einen Kredit bei einer lokalen Bank beantragen. Dies kann jedoch nur unter bestimmten Auflagen und Absicherungen erfolgen. Da ein ausländisches Unternehmen einen Kontokorrentkredit in China schwer zur Verfügung gestellt bekommt, kann ersatzweise ein Rahmenkredit in vereinbarten Tranchen mit der Bank vereinbart werden. Wenn der Kredit ausschließlich zur Deckung von Kosten aus den normalen Geschäftsaktivitäten genutzt werden soll, können Betriebsmittelkredite mit einer Laufzeit von bis zu fünf Jahren beantragt werden. Geht es um eine Verlängerung der Laufzeit, verlangen die Banken meist die vollständige Rückzahlung des Kredits, noch bevor eine Verlängerung der Laufzeit möglich ist. 

Bedeutung des Firmenstempels

Zum anderen geht es um verschiedenste behördliche Genehmigungen und die Rechtsgültigkeit von Unterschrift und Firmenstempel. Gerade Firmenstempel erfahren in China eine ganz besondere Wertschätzung und bedeuten die rechtsgültige Vertretung der Gesellschaft im Außenverhältnis, wie die Unterschrift eines alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführers in Deutschland. Deutsche Unternehmen sollten sich damit vertraut machen, um beispielsweise die Verfügungsmacht der Firmenstempel nachvollziehen zu können. So besitzt etwa jede Firma nur einen Firmenstempel, wohingegen in Deutschland mehrere Firmenstempel erlaubt sind. Jeder Vertrag  mit einem Firmenstempel ist in China verbindlich, ganz unabhängig davon, wer im Namen des Unternehmens unterzeichnet. Nach chinesischem Vertragsrecht gilt, dass ein Vertrag gültig ist, wenn beide Seiten ihn unterzeichnet oder gestempelt haben, es sei denn, im Vertrag sind andere Regelungen, etwa „Unterschrift und Firmenstempel“ festgelegt. 

Fazit

Angesichts der nicht unerheblichen Investitionssummen, die für ein geschäftliches Engagement in China erforderlich sind, bedarf es einer professionellen Standortwahl. Dazu eignen sich in erster Linie die speziellen Wirtschafts- und Sonderwirtschaftszonen im Land. Wer in einen eher wirtschaftsunfreundlichen Standort außerhalb der Wirtschafts- und Sonderwirtschaftszonen investieren möchte, geht Risiken ein, die vermeidbar sind.