Unterschiede in den Rechnungslegungsstandards müssen sowohl beim Abschluss der chinesischen Tochter als auch bei der Überleitung in den Konzernabschluss berücksichtigt werden. Wir erläutern, wie.
Obwohl die Jahresabschlussprüfung chinesischer Tochtergesellschaften wie eine Belastung erscheint, sollte man sie eher als einen Gesundheitscheck betrachten. Die Berichte geben Aufschluss über die Langlebigkeit der Tochtergesellschaft und können dafür genutzt werden, die interne Struktur im Hinblick auf Kosten- und Steuereffizienz zu analysieren und im neuen Jahr entsprechende Änderungen vorzunehmen.
Der Jahresabschluss stellt in China wie in Deutschland die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens, des Berichtsjahres sowie der Aussichten für die Entwicklung und den Betrieb des nächsten Jahres dar.
Bei der Erstellung des Jahresabschlusses ist gute Kommunikation und Koordination zwischen den Finanzabteilungen eine wichtige Voraussetzung. Zudem ist die tägliche Aktualisierung und Pflege vieler Daten und Informationen aus den Geschäftsabteilungen unumgänglich. Wenn hierbei nicht gewissenhaft gearbeitet wird, kann die Jahresabschlussprüfung zum Jahresende – welche sehr wichtig für den Fortschritt und die Qualität des Jahresabschlusses ist – viel Zeit und Mühe in Anspruch nehmen.
In Deutschland muss jedes bilanzierungspflichtige Unternehmen zum Jahresende einen Jahresabschluss erstellen. Der Jahresabschluss von Kapitalgesellschaften umfasst eine Bilanz, eine Gewinn-und-Verlust-Rechnung (GuV), einen Anhang sowie für mittelgroße Kapitalgesellschaften (nach den Größenkriterien des HGB) einen Lagebericht. Nicht-Kapitalgesellschaften (ausgenommen unter bestimmten Voraussetzungen GmbH & Co KG) müssen nur eine Bilanz und eine GuV, nicht aber einen Anhang und einen Lagebericht erstellen.
In China schreiben die ASBE (Accounting Standards for Business Enterprises) vor, dass der Jahresabschluss eines Unternehmens eine Bilanz, eine GuV, eine Kapitalflussrechnung, Zeitpläne, einen Anhang zum Jahresabschluss (Notes) und eine Vermögensübersicht enthält. Für das Berichtssystem ist die Zusammensetzung der Abschlüsse der beiden Länder allerdings im Wesentlichen gleich und besteht hauptsächlich aus Basisabschluss, Anhang und der Erklärung zu den Unternehmensinformationen.
Der chinesische Jahresabschluss muss inklusive Steuererklärung normalerweise zum 31. Mai des Folgejahres fertig sein. Folgendes sollte man dabei im Fokus haben:
- Bestandsaufnahme von Vermögenswerten (physische und immaterielle Vermögenswerte)
- Klärung von Forderungen und Verbindlichkeiten
- Richtige Erfassung von Umsatz und Kosten
- Erstellung von Abschlüssen und Anmerkungen.
Bestandsaufnahme der Vermögenswerte
Zur Vorbereitung des Jahresabschlusses erfolgt (wie in Deutschland) die Inventur aller physisch vorhandenen Vermögenswerte wie Vorräte und Sachanlagen sowie der immateriellen Vermögenswerte, wie Bankbestände und Patentrechte. Wir empfehlen, Inventuren – nach Möglichkeit – entsprechend deutscher Inventurrichtlinien durchzuführen. Der verantwortliche Rechnungswesenleiter in China sollte hierfür einen Inventurbeauftragten ernennen, welcher dieses Projekt maßstabsgetreu plant und durchführt. Die Klärung von Differenzen im Nachgang ist vor diesem Hintergrund unnötig. Die Aufstellung des Jahresabschlusses verzögert sich nicht. Dies gilt insbesondere für Unternehmen mit einem großen Vorratsbestand.
Klärung von Forderungen und Verbindlichkeiten
Forderungen werden oftmals durch den Versand von Bestätigungsschreiben an den Schuldner verifiziert. Bestehende Verbindlichkeiten werden zum Nachweis des Vorhandenseins und der Bewertung geprüft, ggf. auch auf Basis von angeforderten Bestätigungsschreiben des Gläubigers. Wichtig ist, insbesondere die Gruppenforderungen und Verbindlichkeiten genau abzustimmen. Verrechnungs- und Darlehenskonten sollten monatlich abgestimmt werden.
Was für die Gruppe oder den Konzern gilt, gilt natürlich auch für andere Kunden und Lieferanten. Das Thema Abstimmung wird häufig in der Buchhaltung, sowohl in China und Deutschland, aufgeschoben. Die aktuelle Abstimmung der Forderungen und Verbindlichkeiten ist aber um einiges einfacher und zeitsparender.
Erfassung von Umsatz und Aufwendungen
Das Geschäftsergebnis ergibt sich aus der GuV durch Gegenüberstellung der Umsatzerlöse und sonstigen Erträge einerseits und Aufwendungen andererseits. Sämtliche Umsätze und Aufwendungen sind einzeln zu erfassen. Dabei sind Umsatzerlöse vollständig und periodengerecht zu erfassen. Die Bedingungen für die Umsatzrealisierung müssen erfüllt sein. Auch die Aufwendungen sind vollständig und periodengerecht zu erfassen. Die Buchungen von Zahlungen, die bereits erfolgt sind, für die aber keine Eingangsrechnungen vorliegen, sind gezielt zu klären.
In Deutschland wird der Zeitraum für Nachbuchungen großzügiger gesehen, da die gesetzliche Frist für die Aufstellung des Jahresabschlusses länger ist. Das ist in China aufgrund des Umsatzsteuerverfahrens so gut wie gar nicht möglich. In China muss rechtzeitig ein Plan gemacht werden, damit tatsächlich periodengerecht und zeitnah verbucht wird. Dazu gehört auch ein Plan, nach welchem man sich aus der Bestellliste, dem ERP-System oder sonstigen Büchern detailliert Aufzeichnungen macht, welche Rückstellungen für eventuelle ausstehende Eingangsrechnungen noch zu machen sind.
Nach Abschluss der ersten drei Schritte erstellt die Finanzabteilung den Jahresabschluss. Einige Geschäftsführungen der HQ verlangen über das formelle Mindestmaß eines Jahresabschlusses hinaus, Segment-, Management-, Performanceberichte oder Kostenanalysen und damit sozusagen ein Controlling-Instrumentarium, welches die Entwicklung zeigt.
Wir empfehlen, sich nicht nur auf sogenannte Zahlenfriedhöfe zu verlassen, sondern auch Grafiken zu erstellen, aus denen sich beispielsweise die Entwicklung der Materialeinsatzquote und der Personaleinsatzquote ablesen lässt. Die Personaleinsatzquote muss in China separat ermittelt werden, da sie nicht direkt aus der GuV ablesbar Ist. Man benötigt Nebenrechnungen, um zu zeigen, wie sich die Personaleinsatzquote oder auch die Materialeinsatzquote im Verlauf darstellt. Gegebenenfalls kann es sinnvoll sein, sich auch andere Kosten im Verlauf anzuschauen, z. B. Energie- und Reiseausgaben. Die grafische Darstellung erhöht das Verständnis beim Empfänger.
Die Pflicht, den Jahresabschluss durch einen Wirtschaftsprüfer prüfen zu lassen
Grundsätzlich besteht für chinesische Gesellschaften keine Pflicht, ihre Jahresabschlüsse durch einen Wirtschaftsprüfer prüfen zu lassen, soweit es sich nicht um börsennotierte Unternehmen, Banken und Versicherungen handelt. Weitere Ausnahmen bestehen für Tochtergesellschaften deutscher Mutterunternehmen (Foreign Invested Entities), wenn der ausländischen Muttergesellschaft mindestens 25 % der Anteile gehören. Diese müssen den Jahresabschluss durch einen in China registrierten CPA (Certified Public Accountant) prüfen lassen. Der Bestätigungsvermerk muss bis zum 30. April des Folgejahres vorliegen. Der geprüfte Jahresabschluss ist aber auch für die Gewinnausschüttung erforderlich.
Hauptunterschiede zwischen dem deutschen HGB und den chinesischen GAAP
Obwohl es sich Deutschland und China als Ziel der Gesetzgebung gesetzt haben, die eigenen Rechnungslegungsgrundsätze (GAAP: Generally Accepted Accounting Principles) mit internationalen Rechnungslegungsstandards in Einklang zu bringen, behalten beide Länder weiterhin einige landes- und systemtypische Merkmale bei, die hier nicht vollständig, aber zumindest beispielhaft vorgestellt werden.
In China wenden die meisten Unternehmen die „Accounting Standards for Business Enterprises“ (ASBE) an. Die Hauptunterschiede liegen in anzuwendenden Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden sowie im Finanzberichtssystem. Insbesondere die Zusammensetzung der Bilanzposten unterscheidet sich im HGB und im chinesischen Recht. Das HGB definiert z. B. Unterposten des Anlagevermögens, die sich aus immateriellen Vermögenswerten, Sach- und Finanzanlagen zusammensetzen.
In China wird das Anlagevermögen insgesamt als Sachanlagen (Fixed Assets) in der Bilanz ausgewiesen. Die Untergliederung, wie wir sie nach dem HGB kennen, erfolgt nach chinesischem Recht im Anhang (Notes). Die Unterteilung ist nicht fix zu sehen, sondern sie ist jeweils an die Geschäftsmerkmale des betreffenden Unternehmens angepasst.
Weiterhin besteht bei den immateriellen Vermögenswerten ein wesentlicher Unterschied: Die Aktivierung selbst erbrachter Entwicklungsleistungen unterliegt im HGB strenger Voraussetzungen. In China unterliegen Definition und Aktivierbarkeit den IFRS, die einen weiteren Rahmen für die Aktivierung vorgeben.
Unterschiede im Finanzberichtssystem
Die Ertragsdifferenz zwischen deutscher und chinesischer GuV spiegelt sich vor allem darin wider, dass Erstere Bestandsänderungen berücksichtigt, während Letztere nur Umsatzerlöse und sonstige betriebliche Erträge enthalten. Für die Kosten werden in beiden Abrechnungen unterschiedliche Darstellungsmethoden verwendet: Das Gesamtkostenverfahren (Expense Nature Method) und das Umsatzkostenverfahren (Expense Function Method). In China wird die GuV nach dem anglosächsischen Umsatzkostenverfahren erstellt. Die Möglichkeit alternativ das Gesamtkostenverfahren zu wählen, wie in Deutschland, gibt es nicht.
Überleitung des chinesischen Jahresabschlusses gemäß HGB
Um die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage chinesischer Tochterunternehmen auf Basis der Jahresabschlüsse zu verstehen und die Datenanforderungen für die Aufstellung eines Konzernabschlusses zu erfüllen, müssen deutsche Muttergesellschaften chinesische Abschlüsse (insbesondere geprüfte Jahresabschlüsse) in Jahresabschlüsse gemäß HGB überleiten. Wenn zwei unterschiedliche Buchführungsbilanzierungssysteme genutzt werden, müssen diese zunächst angeglichen werden. Man kann einen PRC-Jahresabschluss nicht eins zu eins in eine deutsche Konzernbilanz einfügen. Es treten zudem bei der erstmaligen Konsolidierung in der Regel Differenzen auf, die zeitaufwendig geklärt werden müssen.
Der chinesische geprüfte Einzelabschluss muss nach dem deutschen HGB in die sogenannte HB II (Handelsbilanz II) umgewandelt werden, welche dann integrationsfähig in den deutschen Konzernabschluss ist. In der Praxis verlangen viele deutsche Unternehmen von ihren Tochterunternehmen, dass sie den geprüften Jahresabschluss und den Jahresabschluss in nach HGB umgewandelter Form vorlegen.
Auch muss das Umsatzkostenverfahren in das Gesamtkostenverfahren übergeleitet werden. Dafür müssen die Umsatzkosten (cost of sales) ermittelt und eventuell unterschiedliche Bilanzierungen und Bewertungen geändert werden.
Kulturell sollte berücksichtigt werden, dass deutsche Vorstellungen von systematischem Denken, Handeln und Umsetzen in China so nicht vorausgesetzt werden können. In China laufen Planung, Anpassung und Umsetzung etwas flexibler und schneller ab, was in den Augen deutscher Kollegen und Kolleginnen teilweise ungenau scheint. Man sollte hierbei im Kopf behalten, dass das, was für einen selbst selbstverständlich ist, für andere fremd sein kann. Daher ist effektive Kommunikation und Empathie bei interkulturellen Themen ebenso wichtig wie das entsprechende Fachwissen. Fachkräfte, die sowohl über Fachwissen als auch die nötige interkulturelle Kompetenz verfügen, sind jedoch schwer zu finden.
Wie kann bdp Ihnen helfen?
Ab einer gewissen Größe der chinesischen Tochtergesellschaft muss der deutsche Konzernabschlussprüfer darauf bestehen, dass die in den Konzernabschluss einzubeziehenden Jahresabschlüsse dem deutschen Recht sowie Bilanzierungs- und Bewertungsgrundsätzen entsprechen. Wenn der Konzernabschlussprüfer den Konzernabschluss testieren soll, dann muss der Abschluss, der einzubeziehen ist, ebenfalls geprüft werden. Erforderlich wird ein zweistaatliches Büro, welches sich mit beiden Rechtssystemen auskennt.
Wir haben aber auch Mandate mit chinesischer Muttergesellschaft, die uns beauftragen, den Jahresabschluss ihrer deutschen Tochtergesellschaft zu prüfen und dann mit unseren chinesischen Kollegen in PRC GAAP umzuwandeln. Die Geschichte wiederholt sich, wenn der chinesische Prüfer die Konzernbilanz prüft. Er wird darauf bestehen, dass nicht nur in PRC GAAP umgewandelt wird, sondern dass diese Umwandlung ebenfalls geprüft wird. Auch dafür braucht man letztendlich Kollegen und Kolleginnen auf beiden Seiten.
bdp verfügt über ein zweistaatliches Büro mit Kollegen und Kolleginnen an deutschen und chinesischen Standorten und Fachwissen zu den Rechts- und Buchhaltungssystemen beider Länder. Aufgrund unseres international ausgebildeten Teams erfolgt die Kommunikation fließend auf Deutsch, Englisch und Chinesisch.