Unternehmensanleihen sind ab einem bestimmten Volumen auch im Mittelstand eine Alternative zum klassischen Bankkredit
Die zunehmend zurückhaltende Kreditvergabe der Hausbanken stellt den Mittelstand vor die Notwendigkeit, alternative Finanzierungsinstrumente zu nutzen. Unternehmensanleihen kommen hierfür in Betracht und bieten eine Reihe von Vorteilen gegenüber einem Bankkredit. Es müssen aber auch einige Besonderheiten berücksichtigt werden.
Alternative Finanzierungsmethoden sind auch deshalb notwendig, weil die Banken angesichts der deutlich gestiegenen Anforderungen an die Institute selbst („Basel III“) Kredite mittlerweile regelmäßig nur noch gegen umfassende Sicherheiten ausreichen – unabhängig von der Bonität des Unternehmens. Sicherheiten sind aber nicht immer oder zumindest nicht immer in dem benötigten Maß vorhanden.
Das Hausbankprinzip wird durch alternative Finanzierungen zwar nicht grundsätzlich infrage gestellt. Aber gerade Unternehmen, die ihr Geschäftsfeld ausweiten wollen und neue Finanzmittel nicht (nur) für Investitionen in Sachanlagevermögen benötigen, welches einer Bank wiederum als Sicherheit dienen könnte, müssen eine Alternative oder mindestens eine Ergänzung der klassischen Bankfinanzierung suchen.
Unternehmensanleihe ist klassische Fremdfinanzierung
Mit einer Unternehmensanleihe kommt es zu einer klassischen Fremdfinanzierung des Unternehmens durch private und ggf. auch institutionelle Investoren. Eine Unternehmensanleihe ist eine Inhaberteilschuldverschreibung, die dem jeweiligen Anleger einen schuldrechtlichen Anspruch gegenüber der Gesellschaft gibt, üblicherweise auf Zinsen und auf Rückzahlung des Nennwertes der jeweiligen Inhaberteilschuldverschreibung am Ende der Laufzeit der Anleihe.
Vorteile
Eine Unternehmensanleihe bietet viele Vorteile gegenüber einer regulären Kreditvergabe durch Banken. Ein ganz wesentlicher Vorteil der Anleihe ist es, dass sie üblicherweise ohne Sicherheiten ausgegeben wird. Weiterer Vorteil dieses bankenunabhängigen Finanzierungsinstrumentes ist die weitestgehend freie Ausgestaltung der Anleihebedingungen durch das ausgebende Unternehmen, es gibt keine Covenants und die Anleger erhalten grundsätzlich keine Einfluss- und Mitbestimmungsrechte.
Die übliche Gestaltung einer Unternehmensanleihe sieht bei endfälliger Rückzahlung des Nennbetrages der Anleihe eine Laufzeit von fünf bis sieben Jahren vor. Zinszahlungen erfolgen zumeist halbjährlich oder jährlich nachträglich. Die Höhe des Zinssatzes ist abhängig von den aktuellen Kapitalmarktbedingungen – und beinhaltet grundsätzlich eine gewisse „Risikoprämie“ dafür, dass der Anleger sein Geld ohne Sicherheitengewährung und Mitspracherechte zur Verfügung stellt. Für aktuell aufzulegende Anleihen sollte mit einer Mindestverzinsung von 6 % p.a. kalkuliert werden. Diese erhöhte Rendite macht eine Unternehmensanleihe wiederum für Anleger interessant – denen dabei aber klar sein muss, dass sie ihr Geld nicht auf ein Sparbuch legen.
Besonderheiten
Den Vorteilen einer Anleihe aus Sicht des Unternehmens stehen aber auch einige Besonderheiten im Vergleich zu einem regulären Bankkredit gegenüber. Sicherlich muss auch der Bank gegenüber die aktuelle wirtschaftliche Situation vor Kreditvergabe offen gelegt werden. Eine Unternehmensanleihe bedeutet aber regelmäßig den Schritt auf den Kapitalmarkt. Der erfordert schon durch das öffentliches Angebot der Anleihe an eine Vielzahl potenzieller Investoren und die angestrebte Notierung im Freiverkehr die Transparenz einer großen Menge von Unternehmensdaten gegenüber einer nicht zwingend eingrenzbaren Anzahl an Anlegern. Zudem gibt es keine Garantie, mit dem öffentlichen Angebot einer Anleihe den angestrebten Betrag an liquiden Mitteln auch tatsächlich einzuwerben.
Ganz elementar für ein solches öffentliches Angebot einer Unternehmensanleihe ist die Billigung eines entsprechenden Wertpapierprospektes durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Ein solcher Prospekt beinhaltet eine Vielzahl zwingend vorgegebener zu veröffentlichender Unternehmensdaten einschließlich der letzten drei geprüften Jahresabschlüsse. Der Emittent muss sich also im Vorfeld darüber im Klaren sein, dass er eine Vielzahl von Unternehmensdaten, die weit über die Veröffentlichung der Jahresabschlüsse im elektronischen Bundesanzeiger hinausgehen, der Öffentlichkeit preisgeben muss, da der Prospekt nach Billigung auch ein Jahr lang auf der Homepage der BaFin abrufbar ist.
Dies bedeutet für mittelständische Unternehmen, insbesondere für Familienunternehmen, oftmals einen sehr einschneidenden Kurswechsel in der Informationspolitik. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass bei unzutreffender und irreführender Information durch den Prospekt eine zivilrechtliche Schadensersatzhaftung drohen kann, schlimmstenfalls sogar strafrechtliche Sanktionen in Betracht kommen. Vor diesem Hintergrund sollte die Prospekterstellung unbedingt durch professionelle Berater begleitet werden, da der Prospekt aus Sicht des Unternehmens in erster Linie ein Mittel zur Vermeidung späterer Haftung darstellt.
Allein der Aufwand, der sich aus der Prospekterstellung ergibt, macht deutlich, dass eine Unternehmensanleihe erst ab einem erhöhten Kapitalbedarf Sinn macht. Da mit der Begebung einer Anleihe regelmäßig auch deren Notierung am Kapitalmarkt erfolgt und dies für die meisten mittelständischen Unternehmen eine Premiere bedeutet, sollte auch die Kapitalmarktfähigkeit des emittierenden Unternehmens frühzeitig geprüft werden, da die meisten Unternehmer häufig nicht abschließend einschätzen können, ob ihr Unternehmen diesen Anforderungen genügt. Auch dieser Aufwand ist zu kalkulieren und muss zusätzlich zu den dafür anfallenden Kosten auch bei der Zeitplanung berücksichtigt werden. Das Projekt Anleihenemittierung bedarf eines gewissen zeitlichen Vorlaufs – eine kurzfristige Umsetzung binnen weniger Wochen ist nicht möglich!
Ablaufmodell
Als eine Richtschnur kann folgendes Ablaufmodell dienen: Zunächst muss das Unternehmen seinen Kapitalbedarf ermitteln, der im Verhältnis zum anfallenden Aufwand als absolute Untergrenze mindestens drei bis fünf Millionen Euro betragen sollte. Eine übliche Mindestgröße für eine Mittelstandsanleihe sind nominal zehn bis fünfzehn Millionen Euro. Spätestens wenn sich die Projektplanung und der nötige Kapitalbedarf konkretisiert haben, sollte ein professioneller Berater hinzugezogen werden, der einschätzen muss, ob eine Unternehmensanleihe im konkreten Fall die richtige Finanzierungsform ist und ob das Unternehmen den sich daraus ergebenden Anforderungen an den Kapitalmarkt gewachsen ist. Steht die Anleihe als passende Finanzierungsalternative fest, sind die konkreten Anleihebedingungen zu gestalten, die schließlich in die bereits dargelegte Prospekterstellung münden.
An die Prospekterstellung schließt sich mit Einreichung des Prospektes das Billigungsverfahren durch die BaFin an, in dem es regelmäßig zu weiteren Ergänzungen und Anpassungen des Prospektes auf Rückfrage durch die BaFin kommen wird. Nach Billigung des Prospektes kann die Anleihe öffentlich angeboten werden. Neben der bereits im Vorfeld zulässigen Werbung ist also auch der Vertrieb der Anleihe zu organisieren und mit einem adäquaten Zeitfenster zu versehen, damit auch entsprechend der Planung genügend liquide Mittel eingeworben werden können.
Die vorstehenden Ausführungen zeigen, dass die Emission einer Anleihe unbedingt professionell begleitet werden sollte. Im Hinblick auf die Zeitschiene ist zu beachten, dass ein Zusammenspiel verschiedener Stellen zu koordinieren ist. bdp hat in der Konzeptionierung und Erstellung sowie in der praktischen Begleitung der Umsetzung einer Anleihenplatzierung umfassende Erfahrung und weitreichende Expertise. Insbesondere beraten und begleiten wir sie mit unserer Finanzierungskompetenz interdisziplinär, und zwar sowohl unter betriebswirtschaftlichen als auch unter allen rechtlichen Gesichtspunkten, vor allem gesellschaftsrechtlich und im Rahmen des für eine Anleihe einschlägigen Schuldverschreibungsrechts.
Fazit
Die Platzierung einer Anleihe ist dann ein opportunes Finanzierungsinstrument, wenn eine gewisse Größenordnung an Kapitalbedarf vorhanden ist, etwa zur Sicherung des Cashflows in Wachstumsphasen, dessen klassische Finanzierung durch die Bank jedoch an den dortigen Erfordernissen scheitert.
Voraussetzung ist auch eine plausible Story für die Verwendung des Emissionserlöses, da es anderenfalls nur schwer gelingen wird, Anleger für die Anleihe zu begeistern. Wenn Sie aber von Ihren unternehmerischen Plänen überzeugt sind, wird es Ihnen auch gelingen, andere – sprich: Anleger – für Ihr Projekt zu begeistern. Bei der Umsetzung dieses für Ihren weiteren Unternehmenserfolg so wichtigen Schrittes unterstützen wir Sie gerne! Sprechen Sie uns für eine individuelle Beratung zu diesem Thema gerne an.