Als klassisches Finanzierungsinstrument kommen Anleihen für nahezu jedes mittelständische Unternehmen infrage
Die zunehmend zurückhaltende Kreditvergabe der Hausbanken stellt den Mittelstand vor die Frage, welche alternativen Finanzierungsinstrumente ihm zur Verfügung stehen. Zu diesen Alternativen, die jetzt wieder verstärkt genutzt werden, zählen auch Mittelstandsanleihen. Dazu hat auch beigetragen, dass Banken Kredite mittlerweile unabhängig von der Bonität des Unternehmens regelmäßig nur gegen umfassende Sicherheiten ausreichen, die aber nicht immer oder zumindest nicht immer in dem benötigten Maß vorhanden sind.
Unternehmensanleihe als klassische Fremdfinanzierung
Mit einer Unternehmensanleihe kommt es zu einer klassischen Fremdfinanzierung des Unternehmens durch private und gegebenenfalls auch institutionelle Investoren. Eine Unternehmensanleihe ist eine Inhaberteilschuldverschreibung, die dem jeweiligen Anleger einen schuldrechtlichen Anspruch gegenüber der Gesellschaft gibt, üblicherweise auf Zinsen und auf Rückzahlung des Nennwertes der jeweiligen Inhaberteilschuldverschreibung am Ende der Laufzeit der Anleihe.
Eine Unternehmensanleihe bietet viele Vorteile gegenüber einer regulären Kreditvergabe durch Banken. Ein ganz wesentlicher Vorteil der Anleihe ist es, dass sie üblicherweise ohne Sicherheiten ausgegeben wird. Weitere Vorteile dieses bankenunabhängigen Finanzierungsinstruments sind die weitestgehend freie Ausgestaltung der Anleihebedingungen durch das ausgebende Unternehmen, es gibt keine Covenants und die Anleger erhalten grundsätzlich keine Einfluss- und Mitbestimmungsrechte.
Eine übliche Gestaltung einer Unternehmensanleihe sieht bei endfälliger Rückzahlung des Nennbetrages der Anleihe eine Laufzeit von fünf bis sieben Jahren vor. Zinszahlungen erfolgen zumeist halbjährlich oder jährlich nachträglich. Die Höhe des Zinssatzes ist abhängig von den aktuellen Kapitalmarktbedingungen und beinhaltet grundsätzlich eine gewisse „Risikoprämie“ dafür, dass der Anleger sein Geld ohne Sicherheitengewährung und Mitspracherechte zur Verfügung stellt. Für aktuell aufzulegende Anleihen sollte mit einer Mindestverzinsung von 6 % p. a. kalkuliert werden. Diese vergleichsweise hohe Rendite macht eine Unternehmensanleihe wiederum für Anleger interessant, denen damit aber klar sein muss, dass sie ihr Geld nicht auf ein Sparbuch legen.
Die alternative Finanzierung über eine Anleihe kommt für nahezu jedes mittelständische Unternehmen in den unterschiedlichsten Branchen infrage. Sei es eine Konservenfabrik oder ein mittelständisches Autohaus wie der Berliner Mehrmarkenhändler Koch AG. Auch im Bildungsbereich, etwa für Privatschulen, bieten sich Anleihen an.
Untergrenze für den Kapitalbedarf drei bis fünf Millionen Euro
Zunächst muss das Unternehmen seinen Kapitalbedarf ermitteln, der im Verhältnis zum anfallenden Aufwand als absolute Untergrenze mindesten drei bis fünf Millionen Euro betragen sollte. Eine übliche Größenordnung für eine Mittelstandsanleihe sind nominal zehn bis fünfzehn Millionen Euro. Spätestens, wenn sich die Projektplanung und der nötige Kapitalbedarf konkretisiert haben, sollte man zu einer Einschätzung gelangen, ob eine Unternehmensanleihe im konkreten Fall die richtige Finanzierungsform ist und ob das Unternehmen den sich daraus ergebenden Anforderungen des Kapitalmarkts gewachsen ist.
Wertpapierprospekt erfordert Zustimmung der BaFin
Ganz elementar für das öffentliche Angebot einer Unternehmensanleihe ist die Billigung eines entsprechenden Wertpapierprospektes durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Ein solcher Prospekt beinhaltet eine Vielzahl zwingend vorgegebener zu veröffentlichender Unternehmensdaten. Der Emittent muss sich also im Vorfeld darüber im Klaren sein, dass er eine Vielzahl von Unternehmensdaten, die weit über die Veröffentlichung der Jahresabschlüsse im Bundesanzeiger hinausgehen, der Öffentlichkeit preisgeben muss. Der Prospekt ist nach Billigung auch ein Jahr lang auf der Homepage der BaFin abrufbar. Dies bedeutet für mittelständische Unternehmen, insbesondere für Familienunternehmen, oftmals einen sehr einschneidenden Kurswechsel bei der Informationspolitik.
Von der Anleihe zur Aktie
Das Spannende an einer Anleihe ist, dass sie im Rahmen eines Debt-to-Equity-Swaps auch in Anteile am Unternehmen und damit in Eigenkapital umgewandelt werden kann. Von dieser Möglichkeit hat beispielsweise im letzten Jahr die Koch AG Gebrauch gemacht. Damit wurden die Kapitalgeber zu Aktionären des Unternehmens.
Und wenn heutzutage im Profifußball über sogenannte Fan-Anleihen gesprochen wird, so gibt es hier auch Alternativen: Der Zweitliga-Klub 1. FC Union Berlin hat, umfassend beraten von bdp, die Möglichkeit genutzt, Aktien zum Neubau einer Stadiontribüne auszugeben. So hat er seine Fans von Anbeginn zu Aktionären an seiner neu gegründeten Stadion-Betriebs AG gemacht. Auch hier ist vollständige Transparenz gefordert. Der Wertpapierprospekt muss von der BaFin genehmigt werden und wird im Internet veröffentlicht. Ebenso müssen alle Vorschriften des Aktienrechts, wie etwa die jährliche Einberufung einer Hauptversammlung, eingehalten werden.
Wenn Sie Fragen zur alternativen Unternehmensfinanzierung haben, beraten wir Sie gerne. Wir begleiten Sie aber selbstverständlich auch auf dem Weg zur Bank.