Die derzeit gute Verhandlungsposition sollte genutzt werden, um bessere Finanzierungsbedingungen zu erreichen
Niedrige Zinsen und eine relativ stabile Konjunktur bestimmen das aktuelle Umfeld für Unternehmensfinanzierungen. „Das sind ideale Bedingungen, um die Finanzierungsarchitektur kritisch zu prüfen und gegebenenfalls neu zu konstruieren“, meint Rainer Hübl, Geschäftsführer der bdp Management Consultants GmbH.
Bevor Rainer Hübl 2008 zu bdp wechselte, war er bereits über zwei Jahrzehnte im Bankensektor als Firmenkunden- und Abwicklungsbetreuer tätig sowie als Sanierungsleiter für Intensivkredite verantwortlich. Wir sprachen mit dem Finanzierungsexperten über die außergewöhnliche Situation der Unternehmensfinanzierung und welche Optionen diese für Unternehmen jetzt eröffnet.
___Herr Hübl, unter welchen Rahmenbedingungen finden Unternehmensfinanzierungen zurzeit statt?
Makroökonomisch ist die Lage durch die expansive Geldpolitik der EZB und das damit einhergehende extrem niedrige Zinsniveau bestimmt. Dann sehen wir, dass neue Anbieter, seien es Banken oder Nicht-Banken, auf dem Finanzierungsmarkt stark aktiv sind. Dazu kommen direkte Finanzierungsangebote der Förderbanken. Das sorgt für Konkurrenz zwischen den Finanzierern, die dadurch verstärkt wird, dass die Unternehmen zurzeit ordentlich verdienen und somit weniger nach Krediten nachfragen.
___Welche Folgen hat das?
Unternehmenskunden haben derzeit sehr gute Karten und können aus einer Position der Stärke heraus verhandeln. Das liegt auch daran, dass Finanzierungen über den Kapitalmarkt sehr günstig realisierbar sind, weil hier die Anleger händeringend nach Ertragsmöglichkeiten suchen. Das geht zulasten der klassischen Hausbankfinanzierung. Der Konkurrenzkampf auf dem Finanzierungsmarkt führt schon zum Phänomen der erodierenden Covenants.
____Was bedeutet das?
Financial Covenants sind Zusatzvereinbarungen in den Kreditverträgen, die den Kreditnehmer zu einem bestimmten Tun oder Lassen verpflichten. Hier kann man in letzter Zeit beobachten, dass die Covenants deutlich gelockert wurden. Wer also einst scharfe Auflagen akzeptieren musste, sollte neu verhandeln.
___Wenn die Innenfinanzierung der Unternehmen gut ist und die Konjunktur läuft, dann haben die Unternehmer ja wenig Leidensdruck, was die Finanzierung angeht.
Das ist korrekt. Aber nichts zu tun wäre ein großer Fehler. Wir alle wissen, dass sich die Situation schnell wieder ändern kann, d. h. sich die jetzt sehr gute Verhandlungsmacht der Unternehmensseite wieder verschlechtert. Außerdem bestehen die einst zu ungünstigeren Bedingungen geschaffenen Finanzierungsstrukturen ja weiter. Wer sie ändern will, muss verhandeln. Er darf dabei aber natürlich nicht mit der Brechstange vorgehen.
____Was meinen Sie damit?
Auch wenn die Hausbanken unter Druck stehen, so sollten alle Änderungen in der Finanzierungs- und Besicherungsstruktur so verhandelt werden, dass das Verhältnis zur Hausbank nicht unnötig belastet wird. Da ist ein sehr professionelles Vorgehen angesagt, denn zukünftige Unternehmensprobleme werden nur dann pragmatisch und lösungsorientiert bearbeitet werden können, wenn die Hausbankbeziehung dem Grunde nach in Ordnung ist. Es wird Sie nicht wundern, wenn wir von bdp dazu raten, einen externen finanzierungserfahrenen Berater bei der Neustrukturierung der Finanzierungsarchitektur hinzuzuziehen.
____Bei der Kreiswerke Delitzsch GmbH (zur Projektvorstellung) hat bdp jüngst die Finanzierung neu geordnet.
Ja, wir wollten eine langfristige Finanzierung zu deutlich verbesserten Bedingungen realisieren, und dies haben wir zur Freude unseres Mandanten auch so umgesetzt.