BFH widerspricht Fiskus: Auch Winterdienst auf öffentlichen Wegen kann als haushaltsnahe Dienstleistung anerkannt werden
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat zur Frage entschieden, ob Kosten der Schneeräumung auf öffentlichen Gehwegen entlang der Grundstücksgrenze als haushaltsnahe Dienstleistung berücksichtigt werden können und sich dabei gegen die Auffassung der Finanzverwaltung gestellt.
Die tarifliche Einkommensteuer ermäßigt sich nach § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG auf Antrag um 20 %, höchstens 4.000 Euro (im Streitjahr 2008: höchstens 600 Euro) der Aufwendungen des Steuerpflichtigen für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen, die in einem in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum liegenden Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden.
Sachverhalt
Unstreitig war, dass auch die Reinigung von Straßen und Gehwegen sowie der Winterdienst zu den haushaltsnahen Dienstleistungen zählen. Diese müssen jedoch „im räumlichen Bereich des vorhandenen Haushalts“ geleistet werden. Hierzu gehört zunächst die Wohnung des Steuerpflichtigen, aber auch der dazugehörige Grund und Boden, weil Arbeiten „auf dem Grundstück“ ebenfalls begünstigt werden sollen. Der Begriff „im Haushalt“ ist daher räumlich-funktional auszulegen.
Entscheidung
Der BFH kommt zu dem Ergebnis, dass die Grenzen des Haushalts i.S. des § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG nicht ausnahmslos unabhängig von den Eigentumsverhältnissen durch die Grundstücksgrenzen abgesteckt werden. Vielmehr kann auch die Inanspruchnahme von Diensten, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem, beispielsweise öffentlichem Grund geleistet werden, nach § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG begünstigt sein. Voraussetzung ist, dass es sich dabei um Tätigkeiten handelt, die anderenfalls üblicherweise von Familienmitgliedern erbracht und in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen.
Hiervon ist insbesondere dann auszugehen, wenn der Steuerpflichtige als Eigentümer oder Mieter zur Reinigung und Schneeräumung von öffentlichen Straßen und (Geh-)Wegen verpflichtet ist. Denn entsprechende Dienstleistungen sind notwendiger Annex zur Haushaltsführung und deshalb voll begünstigt.
Praxishinweis
Die Entscheidung des BFH korrespondiert nicht mit der Auffassung der Finanzverwaltung, die die Aufwendungen nur insoweit anerkennt, als sie auf Privatgelände entfallen. Es bleibt daher abzuwarten, ob sich die Finanzverwaltung der Auffassung des BFH anschließen wird. Betroffene Steuerpflichtige sollten jedenfalls gegen die Berücksichtigung der Kosten ablehnende Einkommensteuerbescheide unter Hinweis auf die Entscheidung des BFH Einspruch einlegen.
BFH 20.03.2014. VI R 55/12