Der Fiskus hat endlich ein Einsehen: Teilweise Nutzung muss nur teilweise versteuert werden.
Fast auf den Tag drei Jahre hat es gedauert, bis die Finanzverwaltung auf ein für Arbeitnehmer günstiges Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) reagiert hat: Wenn ein betrieblicher Pkw nicht an allen Tagen zur Nutzung für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt wird, dann muss auch nicht für alle Tage der geldwerte Vorteil der Überlassung versteuert werden.
Logik des Steuerrechts
Logik darf man im deutschen Steuerrecht nicht vermuten. Das zeigen drei aktuelle Anwendungsbeispiele aus dem Themenbereich Geschäftswagen und Arbeitsfahrten, über die wir im Rahmen unseres Titelthemas berichten:
Erkenntnisgewinn:Die Finanzverwaltung hat drei Jahre für die Erkenntnis benötigt, dass die Nicht-Nutzung des Firmenwagens keinen zu versteuernden geldwerten Vorteil generiert.
Einbahnstraße:Der BFH ist der Meinung, dass Heimfahrten bei getrennter Haushaltsführung nur in eine Fahrtrichtung abgesetzt werden können.
Kleiner Lichtblick:Sachzuwendungen wie Tankgutscheine sind Sachzuwendungen, weil man sie nicht zu Geld machen kann.
Diesem Prinzip war der Bundesfinanzhof bereits im April 2008 gefolgt und jetzt, fast genau drei Jahre später, hat das Bundesfinanzministerium am 01.04.2011 (kein Scherz!) darauf reagiert, und mit einem BMF-Schreiben die reduzierte Versteuerung anerkannt, wenn auch mit einigem bürokratischen Aufwand verbunden.
Im Einzelnen: Wird der geldwerte Vorteil aus der privaten Nutzung eines betrieblichen Pkw zu privaten Fahrten typisierend nach der 1-%-Regelung besteuert, so ist nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG der geldwerte Vorteil um monatlich 0,03 % des Listenpreises für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu erhöhen, wenn der Pkw auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt werden kann.
In der Vergangenheit bestand Streitigkeit darüber, ob der geldwerte Vorteil in Höhe von 0,03 % des Bruttolistenpreises auch dann anzuwenden ist, wenn das Kfz nicht bzw. nicht jeden Tag zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzt wurde. Das bedeutete, dass natürlich auch eine krankheits- oder urlaubsbedingte Nichtbenutzung entsprechend mit 0,03 % versteuert wurde.
BFH: 0,002 % statt 0,03%
Im Falle der zeitweisen Nutzung hat der BFH u. a. am 04.04.2008 entschieden, dass sofern das Kfz weniger als 15 Tage im Monat für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzt wurde, ein geldwerter Vorteil von 0,002 % der tatsächlich durchgeführten Fahrten (anstatt von 0,03 %) des Bruttolistenpreises in Ansatz kommt.
Diese Rechtsauffassung hat jedoch die Finanzverwaltung bislang rigoros abgelehnt und nicht angewandt. Nunmehr ist aber diesbezüglich ein BMF-Schreiben vom 01.04.2011 ergangen.
Der Arbeitgeber muss in Abstimmung mit dem Arbeitnehmer die Anwendung der BFH-Rechtsprechung (0,002 %) oder die Anwendung der 0,03-%-Regelung für jedes Kalenderjahr einheitlich für alle diesem überlassenen betrieblichen Kfz festlegen. Die Methode darf während des Kalenderjahres nicht gewechselt werden. Die neue Rechtsprechung gilt für Lohnfortzahlungszeiträume ab Januar 2011.
Arbeitnehmer kann 0,002-%-Versteuerung in Anspruch nehmen
Im Rahmen der persönlichen Einkommensteuererklärung ist der Arbeitnehmer jedoch nicht an die gewählte Methode gebunden. Vielmehr kann er z. B. auch (bei korrekten ordnungsgemäßen Nachweisen) die individuelle Fahrtenbuchmethode anwenden. Die neue Rechtsprechung ist im Veranlagungsverfahren für noch alle offenen Fälle bis einschließlich 2010 anzuwenden.
Zudem ist bei der Bewertung des Sachbezuges im Rahmen der Lohnabrechnung die kürzeste Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte anzusetzen. Bei den Werbungskosten jedoch, sofern diese z. B. verkehrsgünstiger ist, auch eine längere Strecke.
Für diese persönliche individuelle Bewertung wäre der Arbeitgeber verpflichtet, dem Arbeitnehmer sämtliche angefallenen Kosten aufzugeben. (In einem aktuellen Urteil wurde es einem Fuhrunternehmer als zumutbar angesehen, für mehr als 100 Kfz für einzelne Arbeitnehmer die Kosten zu separieren.)