Wie das innovative Hamburger Dentalunternehmen DMG mit Unterstützung von bdp in China ein unabhängiges Unternehmen aufbaut und welche Rolle dabei das Markenrecht und die chinesische Schiedsgerichtsbarkeit spielen
Martin W. Engel ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz. Seit 2010 leitet er die Rechtsabteilung der DMG Dental-Material Gesellschaft mbH mit Hauptsitz in Hamburg. Seit Dezember 2017 ist er Legal Representative der DMG Medical Devices (Beijing) Co., Ltd. Die Expansion des Hamburger Familienunternehmens DMG in China wird von bdp maßgeblich beratend begleitet. Über die strategischen Hintergründe dieses Investments und die praktischen Besonderheiten des chinesischen Marktes berichtete Martin W. Engel auf dem Hamburger bdp-Fachforum zur strategischen Neuausrichtung von Unternehmen.
DMG ist seit mehr als 50 Jahren im Dentalmarkt aktiv. Das Familienunternehmen DMG hat seinen Sitz in Hamburg. Hier entwickeln und fertigen wir unsere Produkte mit rund 360 Mitarbeitern vor Ort. Unsere Produkte sind „Made in Germany“, aber beliebt in über 80 Ländern. Seit ihrer Gründung ist DMG in der Forschung aktiv. Unser Ziel war von Anfang an, die Zahnmedizin mit neuen Ideen voranzubringen: Vom ersten Kronen- und Brückenmaterial aus der Kartusche bis zur bohrerfreien Kariesbehandlung durch unsere konkurrenzlose Infiltrationstherapie.
In China haben wir jährliche Zuwachsraten von 10 bis 15 Prozent
Wir haben ein Exportvolumen von 76% und haben einen Umsatzanteil in China neuerdings von über 20%. . Wir sind auf dem chinesischen Markt allein schon aus dem Grund aktiv, weil ein Viertel der weltweiten Kunden in China lebt. Der Markt dort wächst und wir haben jährliche Zuwachsraten von 10 bis 15 Prozent.
Die DMG ist auf dem chinesischen Markt seit 2008 durch ein eigenes Repräsentanzbüro vertreten. Das Rep-Office ist aber keine eigene rechtliche Person, sondern nur eine Vertretung. Es zahlt selbst keine richtigen Steuern, kann keine Verträge eingehen oder Mitarbeiter beschäftigen. Das war uns auf Dauer zu wenig.
Welche Rechtsform sollen wir für unser Investment wählen?
2017 haben wir uns daher für ein direktes Investment in China entschieden. Doch welche Rechtsform sollten wir wählen? Viele unserer Konkurrenten haben sich für ein Joint Venture entschieden und dabei nicht die besten Erfahrungen mit ihren Partnern gemacht.
Gerade im Compliancebereich hat es heftig gehakt. Deshalb haben wir uns entschlossen, dass wir unabhängig und selbstständig bleiben wollen, und mit Unterstützung von bdp eine Wholly Foreign Owned Enterprise (WFOE) gegründet. Das war eine lange Ochsentour, aber schlussendlich genau der richtige Weg.
In China herrscht ein „ewiger Genehmigungsvorbehalt“ der Behörden
Wir haben nicht bei Null angefangen und konnten auf ein eigenes Vertriebsnetz zurückgreifen. Aber jede Investition in China bedarf der behördlichen Genehmigung. Daher herrscht ein „ewiger Genehmigungsvorbehalt“ und als Ausländer ist man stets diesem „behördlichen Ermessen“ ausgesetzt.
Dazu kommt eine besondere chinesische Eigenart: Bestimmte Zuständigkeiten werden an lokale Behörden in kleineren Distrikten delegiert. Das hat einerseits den Vorteil, dass man mit schnellen Entscheidungen und kurzen Wegen Zeit spart. Andererseits wird zum Nachteil, dass es den lokalen Behörden oftmals an Expertise fehlt, sodass deren Entscheidungen oft fehlerhaft und widersprüchlich sind. Konsistente Begründungen zu erfragen ist in der Regel sinnlos.
Unternehmensaufbau in China bedeutet ständige Kommunikation mit den Behörden
Gleichwohl gelingt ein erfolgreicher Unternehmensaufbau in China nur bei einer ständigen Kommunikation mit eben diesen lokalen Behörden. Unverzichtbar war und ist hier die praktische Unterstützung durch das Team von bdp China, das nicht nur fachlich und sprachlich kompetent ist, sondern auch mit den kulturellen Besonderheiten souverän umgeht.
Letztlich ist der manchmal schwierige Umgang mit den chinesischen Behörden aber relativ. Als internationales Unternehmen können wir ein Lied singen von frustrierenden Erfahrungen, etwa in Brasilien oder Russland, wo Anfragen teils jahrelang gar nicht beantwortet werden und eine Besserung nicht in Sicht ist.
Bei der Rechtssicherheit macht China eindeutig Fortschritte
Das ist in China eindeutig anders: China will, auch für seine eigenen Unternehmen, eine Umgebung schaffen, die Rechtssicherheit bietet. Und China macht dabei ganz klar Fortschritte, nicht zuletzt, weil es zentral organisiert ist und so von oben herab immer mehr internationale Regelungen und Standards effektiv umsetzt.
Seit 2008 ist „geistiges Eigentum“ Teil der „nationalen Strategie“. Man sollte dabei berücksichtigen, dass es ein Urheberrecht in Deutschland auch erst seit gut 100 Jahren gibt. In China spielte dies Jahrtausende lang überhaupt keine Rolle. Bei uns entsteht das Urheberrecht, anders als Patente, Marken, Designs oder Gebrauchsmuster, ohne Eintragung allein durch Schöpfung eines Werkes, sofern dieses eine gewisse Schöpfungshöhe hat. In der chinesischen Tradition ist ein Künstler dann gut, wenn er kunstfertig ist. Und deshalb ist in China eine Kultur entstanden, in der als große Kunst gilt, große Kunst nachzumachen und nicht neu zu schöpfen.
Markenrecht ist für uns als Mittelstand von zentraler Bedeutung. Unser Produkt ist ja nur soviel wert, wie es markenrechtlich geschützt ist.
Das Markenrecht entsteht erst mit dem Datum der Eintragung
Die Eintragung von Marken funktioniert in China grundsätzlich wie bei uns. Es gibt aber eine wichtige Besonderheit, nämlich das Prinzip der Erstanmeldung. China kennt keine „bekannten“ oder „notorischen Marken“. Das Markenrecht entsteht erst mit dem Datum der Eintragung.
Wir haben unsere Produkte in China seit Jahren als Marken angemeldet. Dies sollten auch alle beherzigen, die sich mit dem Gedanken beschäftigen, auf dem chinesischen Markt aktiv zu werden: Lassen Sie Ihre Marken dort registrieren! Die Fristen für eine solche Markenanmeldung sind überschaubar und sie werden auch eingehalten: Neun Monate für die Prüfung der Anmeldung und anschließend eine dreimonatige Widerspruchsfrist. Dabei muss ein mögliches Widerspruchsverfahren in zwölf Monaten abgeschlossen werden.
Der Vergleich mit anderen Ländern relativiert die Schwierigkeiten in China
Insbesondere wenn man sie mit anderen Ländern vergleicht, sind die chinesischen Verfahren zur Markenrechtsverletzung sehr effektiv: Neben den auch bei uns üblichen Straf- und Zivilverfahren gibt es ein bei der Administration for Industry and Commerce (AIC) angesiedeltes administratives Verfahren, bei dem von der AIC der Vertriebs oder der Import-Export gestoppt werden können, wenn man dort nachweist, dass man Inhaber der Marke ist.
Auch Lizenzierungen von Marken müssen eingetragen werden
Wenn Sie in China Geschäfte machen, sollten Sie in Ihren Verträgen stets vereinbaren, wie und in welchem Umfang Ihr Partner Ihre Marke nutzen darf. Sie sollten die Nutzung auch zeitlich einschränken, etwa auf die laufende Geschäftsbeziehung. Sie können damit effektiv verhindern, dass er ähnliche Produkte mit diesem Markennamen bezeichnen und den Ruf Ihrer Marke ausnutzen kann. Das chinesische Recht schreibt vor, dass Lizenzierungen von Marken, anders als bei uns, eingetragen werden müssen.
Vertragsverletzungsverfahren mit chinesischen Partnern sind ein Kapitel für sich. Deutsche Urteile können in China nicht vollstreckt werden, weil ein entsprechendes Vollstreckungsabkommen fehlt. Sie müssen also in China nach chinesischer Zivilprozessordnung vor den Volksgerichten ein Urteil erstreiten, das von diesen Gerichten auch vollstreckt wird. Diese Gerichte vollstrecken aber auch die Urteile von Schiedsgerichten, sofern Sie in Ihren Verträgen eine Schiedsklausel vereinbart haben. Und das empfehle ich sehr nachdrücklich.
Die chinesischen Schiedsgerichte sind im weltweiten Vergleich vorbildlich
Die CIETAC, d. h. die China International Economic and Trade Arbitration Commission bildet in China Schiedsrichter aus und baut eine Schiedsgerichtsbarkeit auf, die statt der Volksgerichtsbarkeit genutzt werden kann.
Im Rahmen der CIETAC können Sie Ihre Richter selbst auswählen. Ihre Wahl ist nicht nur auf Chinesen beschränkt, sondern schließt auch andere Nationalitäten ein. Das ist ein großer Vorteil, wenn Sie das zuständige Schiedsgericht mit kompetenten Personen selbst besetzen können, und China positioniert sich mit dieser Regelung im internationalen Vergleich ganz weit vorne.