Ohne Fahrtenbuch kann das Finanzamt von einer privaten Mitbenutzung ausgehen, auch wenn ein privates Nutzungsverbot vereinbart wurde
Bei einem Gesellschafter ist die auf den Beweis des ersten Anscheins gestützte Annahme, er habe einen ihm zur Verfügung stehenden Dienst-Pkw privat genutzt, auch dann möglich, wenn formal ein Nutzungsverbot zwischen den Gesellschaftern vereinbart worden ist.
Sachverhalt
Streitig war, ob eine steuerpflichtige private Pkw-Nutzung durch den Gesellschafter einer GbR erfolgt ist. Das Finanzamt ging bei einem zum notwendigen Betriebsvermögen gehörenden Pkw von einer privaten Mitbenutzung aus und ermittelte den Privatanteil, da kein Fahrtenbuch vorgelegt wurde, nach der 1-%-Regelung. Hiergegen wendet sich die GbR mit der Begründung, das Fahrzeug sei ausschließlich vom Gesellschafter zu betrieblichen Zwecken genutzt worden, und eine private Nutzung sei vertraglich ausgeschlossen worden.
Entscheidung
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren wies auch das Finanzgericht die Klage ab. Es entschied, dass nach der allgemeinen Lebenserfahrung dienstliche Fahrzeuge, die zu privaten Zwecken zur Verfügung stehen, auch tatsächlich privat genutzt werden, wofür der Beweis des ersten Anscheins spricht. Soweit keine besonderen Umstände hinzutreten, kann das Gericht aufgrund der Anscheinsbeweisregel regelmäßig davon ausgehen, dass eine private Nutzung stattgefunden hat.
Der Beweis des ersten Anscheins kann vom Steuerpflichtigen durch den sogenannten Gegenbeweis entkräftet oder erschüttert werden. Hierzu ist der Beweis des Gegenteils nicht erforderlich. Der Steuerpflichtige muss also nicht beweisen, dass eine private Nutzung nicht stattgefunden hat. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass vom Steuerpflichtigen ein Sachverhalt dargelegt (und im Zweifelsfall nachgewiesen) wird, der die ernsthafte Möglichkeit eines anderen als des der allgemeinen Erfahrung entsprechenden Geschehens ergibt.
Der Anscheinsbeweis wird im Regelfall noch nicht erschüttert, wenn der Steuerpflichtige lediglich behauptet, für privat veranlasste Fahrten hätten private Fahrzeuge zur Verfügung gestanden.
Im Streitfall hatte die GbR vorgetragen, dass ihr Gesellschafter das ihm überlassene Kfz nicht privat nutzen durfte. Nach der BFH-Rechtsprechung ist jedoch bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer die auf den Beweis des ersten Anscheins gestützte Annahme, er habe einen ihm zur Verfügung stehenden Dienst-Pkw privat genutzt, auch dann möglich, wenn formal ein Nutzungsverbot vereinbart worden ist.
Bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer ist wegen seiner herausragen-den Position und dem damit verbundenen jederzeitigen Zugriff auf den betrieblichen Pkw nach den Regeln des Anscheinsbeweises von einer privaten Nutzung des Pkw auszugehen. Die 1-%-Regelung ist grundsätzlich nur dann nicht anwendbar, wenn nachgewiesen wird, dass eine Privatnutzung des Pkw ausscheidet. Dabei sind an den Nachweis fehlender Privatnutzung strenge Anforderungen zu stellen.
Die im Streitfall vorgelegte vertragliche Vereinbarung wertete das Finanzgericht als nicht ernst gemeinte Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern, da kein außersteuerrechtlicher Grund für dieses angebliche Verbot ersichtlich war. Dies gilt insbesondere, weil die Zurverfügungstellung des Kfz an den Gesellschafter selbst nicht geregelt worden ist, weder im Gesellschaftsvertrag noch durch eine gesonderte Vereinbarung. Außerdem ist die Vereinbarung eines solchen Nutzungsverbotes nicht üblich.
Finanzgericht Hamburg: 6218, 6 K 172/17, Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, Az. beim BFH: VIII B 38/18