Trotz einer nur geschäftsführenden Bundesregierung und dank der deutschen Finanzgerichte gibt es zum Jahreswechsel eine Reihe von wichtigen steuerlichen Neuerungen zu vermelden
Auch wenn die Bundesrepublik zurzeit nur eine geschäftsführende Bundesregierung hat, so bedeutet dies keineswegs, dass zum Jahreswechsel nicht eine Reihe von wichtigen steuerlichen Änderungen in Kraft treten. Auch einige Urteile der Finanzgerichte haben einschneidende Auswirkungen. bdp-Partner Christian Schütze hat die zehn wichtigsten Neuigkeiten aus dem weiten Feld des deutschen Steuerrechts zusammengestellt.
Anhebung der Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG-Grenze)
Für alle Anschaffungen ab dem 01.01.2018 hat der Gesetzgeber die sogenannte GWG-Grenze von 410 auf 800 Euro angehoben. Bis zu Anschaffungskosten von 800 Euro können diese sofort als Ausgaben steuermindernd erfasst werden. Voraussetzung ist aber, dass diese einmal in ein Verzeichnis aufzunehmen sind. Die 800-Euro-Grenze bemisst den Nettobetrag ohne Umsatzsteuer. Dieser gilt auch, wenn die Umsatzsteuer nicht abgezogen werden kann. Weiterhin wurde die Grenze für Anschaffungen, für die keine gesonderte Aufzeichnungspflicht besteht, von 150 auf 250 Euro angehoben. Tipp: Wer noch Anschaffungen im Bereich von 411 bis 800 Euro plant, sollte prüfen, ob diese nicht auf 2018 verschoben werden können.
Neues zum Wegfall bzw. Nichtwegfall des Verlustabzugs bei Gesellschafterwechsel
Mit Urteil vom 29.03.2017 hat das Bundesverfassungsgericht die gesetzliche Regelung zum Untergang des Verlustabzugs bei Kapitalgesellschaften bei Gesellschafterwechsel (§ 8c KStG) von 25 % bis 50 % als verfassungswidrig erklärt. Es hat dem Gesetzgeber eine Frist bis zum 31.12.2018 gegeben, das Gesetz zu ändern. Nach dem Urteil war unklar, was mit einem Gesellschafterwechsel von mehr als 50 % passiert, bei dem die Verlustvorträge vollständig wegfallen. Nun hat wiederum das Finanzgericht (FG) Hamburg diesen Fall Karlsruhe zur Entscheidung vorgelegt. Das FG hält auch diese Regelung für verfassungswidrig. Das heißt, es sollten alle streitigen Fälle offengehalten werden. Seit 2016 gibt es den sogenannten fortführungsgebundenen Verlustvortrag (§ 8d KStG, vgl. bdp aktuell 137). Ob dieser die Rettung des Rettung des § 8c KStG ist, hat das Bundesverfassungsgericht leider ausdrücklich nicht entschieden.
Der Verlustvortrag fällt bei einem schädlichen Gesellschafterwechsel auch nur weg, wenn die Übertragung an einen Erwerber oder an eine Erwerbergruppe mit gleichgerichteten Interessen erfolgt. Die Erwerbergruppe wurde vom Fiskus sehr weit ausgelegt. Dem hat der Bundesfinanzhof nun eine Absage erteilt. Von einer Erwerbergruppe mit gleichgerichteten Interessen ist nur auszugehen, wenn vor dem Kauf eine (schriftliche) Vereinbarung vorliegt, dass man das Stimmrecht gleich ausübt.
Rechnungszins von 6 % bei Pensionsrückstellung verfassungswidrig?
Das FG Köln hat dem Bundesverfassungsgericht die Frage der Verfassungsmäßigkeit des bei der Berechnung der Pensionsrückstellung für die Steuerbilanz zugrunde zu legenden Rechnungszinses von 6 % vorgelegt. Aufgrund des derzeit geringen Zinsniveaus muss laut FG der Gesetzgeber eine Überprüfung des Zinses vornehmen. Dieser ist seit 1982 unverändert. Ein niedrigerer Zins würde den Rückstellungswert erhöhen, so wie es in der Handelsbilanz bereits erfolgt.
Scheidungskosten sind keine außergewöhnliche Belastung mehr
Bisher wurden die Kosten für eine Scheidung, also Gerichts- und Anwaltskosten, als zwangsläufig und damit als außergewöhnliche Belastung anerkannt. Nachdem der Gesetzgeber aber entschieden hat, Zivilprozesskosten explizit von der Anerkennung als außergewöhnliche Belastung auszuschließen, hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass dies auch für Scheidungskosten gilt. Sie sind also fortan keine außergewöhnliche Belastung mehr.
Verschärfung bei der Bestimmung des sogenannten anschaffungsnahen Aufwands
Kauft man ein Grundstück mit aufstehendem Gebäude (Eigentumswohnung, Mietshaus, Betriebsgebäude u.a.) und muss danach Renovierungs- und Modernisierungsaufwendungen vornehmen, kann es unter bestimmten Voraussetzungen sein, dass diese Renovierungs- und Modernisierungsaufwendungen nicht sofort als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten absetzbar sind. Sie sind dann als sogenannter anschaffungsnaher Aufwand nur im Rahmen der Anschaffungskosten über die Abschreibung absetzbar.
Dies tritt ein, wenn innerhalb von drei Jahren nach Anschaffung Netto-Aufwendungen anfallen, die mindestens 15 % der Anschaffungskosten für das Gebäude bzw. die Wohnung betragen. Strittig war bislang, ob auch die Schönheitsreparaturen in die Berechnung einzubeziehen sind. Der Bundesfinanzhof hat nun entschieden, dass jegliche Aufwendungen bei Ermittlung der 15-%-Grenze dazugehören. Bei deren Überschreiten sind nun alle Aufwendungen als nachträgliche Anschaffungskosten zu behandeln.
Hausverkauf und Einkommenssteuer: Überlassung an Kinder ohne Kindergeldanspruch ist kein eigener Wohnzweck
Der Verkauf eines privaten Hauses bzw. Grundstücks unterliegt nur der Einkommenssteuer, wenn er innerhalb von 10 Jahren nach dem Kauf erfolgt. Eine Ausnahme besteht dann, wenn das Haus in den letzten zwei Jahren vor Verkauf zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde. Wird das Haus bzw. die Wohnung unentgeltlich an die Kinder überlassen, für die noch ein Kindergeld- oder Kinderfreibetragsanspruch besteht, gilt dies als Nutzung zu eigenen Wohnzwecken. Handelt es sich um Kinder, für die dieser Anspruch nicht mehr besteht, gilt die Nutzung nicht mehr für eigene Wohnzwecke. Erfolgt der Verkauf innerhalb der 10-Jahres-Frist, unterliegt dieser der Einkommenssteuer.
Ab 01.01.2018 klingelt der Prüfer auch zur Kassen-Nachschau
Nachdem es schon länger die Umsatzsteuer-Nachschau und seit kürzerem die Lohnsteuer-Nachschau gab, wird nun ab 01.01.2018 auch eine Kassenschau eingeführt. Damit bekommt das Finanzamt einen weiteren Grund, frühmorgens unangemeldet zu klingeln. Der Prüfer kann auch vorher anonyme Testkäufe tätigen. Es ist damit unabdingbar, die Kassenbuchführung stets aktuell zu halten. Weiterhin sollten die Dokumentationen (Bedienungsanleitungen, Programmier- und Einrichtungsprotokolle) vorhanden und zutreffend sein.
Der Abzug für ein Arbeitszimmer kann personenbezogen geltend gemacht werden
Kosten für ein Arbeitszimmer können unbegrenzt abgezogen werden, wenn dort die gesamte berufliche und betriebliche Tätigkeit ausgeübt wird. Ein beschränkter Abzug von maximal 1.250 Euro ist möglich, wenn kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Der BFH hat nun entschieden, dass die 1.250 Euro personenbezogen zu sehen sind. Nutzen also mehrere Personen das Arbeitszimmer, gilt für jede der Maximalbetrag von 1.250 Euro.
Wird das Arbeitszimmer für verschiedene Tätigkeiten genutzt, sind die Kosten entsprechend der Nutzung aufzuteilen. Für die Tätigkeit, für die ein beschränkter Abzug möglich wäre, sind die darauf entfallenden Kosten mit bis zu maximal 1.250 Euro abzugsfähig. Weiterhin nicht absetzbar sind Kosten für eine Arbeitsecke. Das Arbeitszimmer muss ein gesondertes Zimmer sein. Unabhängig davon sind Kosten für Arbeitsmittel (PC, Schreibtisch, Aktenschrank) immer abzugsfähig.
Unternehmenssanierung und steuerfreier Sanierungsgewinn
Nachdem der BFH den sogenannten Sanierungserlass als gesetzeswidrig eingestuft hat, war unsicher, wie es mit der Steuerfreiheit eines Sanierungsgewinns durch Schuldenerlass weitergeht. Nun hat der Gesetzgeber die Steuerfreiheit in einen neuen § 3a EStG normiert. Die Regelung soll ab dem 08.02.2018 gelten, steht aber noch unter der Bedingung der Zustimmung der EU. Für den Vorzeitraum hat der Fiskus eine großzügige Vertrauensschutzregelung in seinem Schreiben vom 27.04.2017 geschaffen. Alle Beteiligten waren mit der Regelung zufrieden. Nun hat der BFH wieder Sand ins Getriebe gestreut. Mit zwei Urteilen vom 23.08.2017 hat der BFH nun diese Vertrauensschutzregelung als nicht anwendbar erklärt. Noch hat die Finanzverwaltung auf diese Urteile nicht reagiert. Es besteht nun für Altfälle wieder eine erhebliche Unsicherheit.
Ausgefallene Gesellschafterdarlehen sind keine nachträglichen Anschaffungskosten mehr
Gibt ein Gesellschafter seiner GmbH (KapG) ein Darlehen und fällt dieses, z. B. durch Insolvenz, aus, konnte er den Verlust zumindest zu 60 % steuerlich geltend machen. Dafür wurde es als nachträgliche Anschaffungskosten auf die GmbH-Anteile angesehen. Hergeleitet wurde dies aus dem ehemals im § 32a GmbHG normierten Eigenkapitalersatzrecht. Dieses wurde mit dem MoMiG umgestaltet. Der § 32a GmbHG wurde gestrichen und die Nachrangigkeit in die Insolvenzordnung überführt. Seither war unklar, ob der Darlehensausfall weiterhin als nachträgliche Anschaffungskosten angesetzt werden kann.
Nun hat der BFH mit Urteil vom 11.07.2017 entschieden, dass mit der Gesetzesänderung kein Ansatz mehr möglich ist. Das Gericht führt aber auch aus, dass für alle Darlehen, die bis zum 27.09.2017 gewährt wurden und bis dahin eigenkapitalersetzend sind, die bisherige Berücksichtigung weiter gilt. Damit sind von der neuen Situation alle Darlehen und Bürgschaften betroffen, die ab 28.09.2017 gewährt werden. Der Darlehensverlust oder die Inanspruchnahme aus der Bürgschaft ist steuerlich unbeachtlich (Verlust auf der privaten Vermögensebene). Es muss daher zukünftige geprüft werden, ob der Gesellschaft nicht besser Eigenkapital zugeführt wird.