Wenn Ihnen das, was in Ihren AGB steht, wichtig ist, müssen Sie sicherstellen, dass diese auch in Ihre Verträge einbezogen werden. Die Voraussetzungen dafür sind bei internationalen Verträgen deutlich höher als bei innerdeutschen Geschäften.
Diese Situation kennen viele von Ihnen: Sie kaufen oder verkaufen Waren im B2B-Bereich. Und Sie sind „globalisiert“, sie kaufen bzw. verkaufen im In- und Ausland, innerhalb und außerhalb der EU. Die Korrespondenz bei der Abwicklung des (Ver-) Kaufs läuft ausschließlich über E-Mail. Angebote gehen hin und her. Am Ende ist man sich einig. Die Ware wird geliefert, Geld wird bezahlt.
Doch dann tauchen Probleme auf: die Ware ist angeblich mangelhaft. Am Ende landet der Fall bei den Anwälten von bdp. Und gleich, ob Verkäufer oder Käufer, ob Chinese, Däne oder Deutscher: Unser Mandant wird uns sagen: „没问题(Kein Problem), das ist doch in unseren AGB klar geregelt!“ Schön, wenn es so wäre ….
Wo liegt das Problem?
Damit Sie sich im Streitfall auf Ihre AGB beziehen können, müssen diese wirksam in den Vertrag eingebunden werden. Das ist bei innerdeutschen Geschäften relativ leicht zu bewerkstelligen. Bei internationalen Geschäften sind die Anforderungen dafür deutlich höher.
Die wirksame Einbeziehung der AGB bei innerdeutschen Geschäften
Schauen wir zunächst auf den inländischen Vorgang, also innerdeutschen Warenkauf: Auch wenn das BGB für den Rechtsverkehr zwischen Unternehmen - anders als zwischen Verbraucher und Unternehmen - erleichterte Regelungen hinsichtlich der Einbeziehung von AGB vorsieht, werden AGB auch für Verträge zwischen Unternehmen nur dann Bestandteil einer Vereinbarung, wenn sie auch tatsächlich durch eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung Vertragsinhalt geworden sind. Entscheidend ist also, ob sich die vertragliche Einigung der Parteien auch auf die Einbeziehung vorformulierter Vertragsbedingungen erstreckt.
Aber unser Rechtssystem macht es den Unternehmern nicht so schwer, den Nachweis zu erbringen, dass die AGB in den Vertrag einbezogen wurden: Nach deutschem Recht können AGB neben einer ausdrücklichen Vereinbarung auch durch schlüssiges Verhalten oder kaufmännisches Bestätigungsschreiben wirksam in den Vertrag einbezogen werden.
Die Einbeziehung durch schlüssiges Verhalten setzt voraus, dass der Verwender erkennbar auf seine AGB verweist und der andere Teil ihrer Geltung nicht widerspricht. Hierbei ist erforderlich, dass die Verweisung grundsätzlich während der Verhandlungen über den konkreten Vertrag erfolgt und die AGB klar und deutlich bezeichnet. Der Vertragspartner muss in der Lage sein, sich vom Inhalt der AGB Kenntnis zu verschaffen. Aber: Ein Hinweis bei früheren Geschäften oder auf frühere Rechnungen genügt nicht. Ebenso nicht ausreichend ist, wenn auf die AGB erst nach dem Vertragsschluss hingewiesen wird. Anders kann dies im Rahmen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens sein.
Wird z.B. erst in der Auftragsbestätigung auf AGB Bezug genommen, können diese im kaufmännischen Verkehr durch widerspruchslose Entgegennahme der Leistung Vertragsinhalt werden. Ohne Widerspruch des Vertragspartners werden die AGB jedoch durch Verweisung im Bestätigungsschreiben auch dann Vertragsinhalt, wenn sie nicht Gegenstand der Vertragsverhandlungen oder nicht beigefügt waren. Jedoch darf auch hier nicht erheblich von vorherigen mündlichen Abreden abgewichen werden.
In Deutschland geht man davon aus, dass es zwischen Unternehmern üblich ist, AGB zu vereinbaren. Nach deutschem Recht muss der Verwender von AGB dem anderen Teil lediglich die Möglichkeit verschaffen, vom Inhalt der AGB in zumutbarer Weise Kenntnis zu nehmen. Die AGB müssen dem für den Vertragsschluss maßgeblichen Schreiben nicht beigefügt werden, der Hinweis, dass die AGB auf Wunsch übersandt werden, genügt. Aber werden die AGB trotz Aufforderung nicht übersandt, verwirkt der Verwender sein Recht, sich auf den Inhalt seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu berufen.
Wie werden die AGB im grenzüberschreitenden Warenverkehr einbezogen?
Hier wird es kompliziert, denn plötzlich kommt internationales Recht mit ins Spiel. Denn in dem Fall muss erst einmal geklärt werden, welches Recht anwendbar ist: deutsches Recht, das Recht des Vertragspartners oder sonstiges Recht. Im internationalen Recht sind auch Verträge zu beachten, die zwischen Staaten geschlossen wurden und dann für die Bürger der Vertragsstaaten gelten. Ein solcher Vertrag ist das sog. UN-Kaufrecht (engl.: United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods, kurz „CISG“) anwendbar.
Das CISG ist (mit Ausnahme von Großbritannien) innerhalb der EU der Fall, im Warenverkehr mit China, den USA und vielen weiteren wichtigen Handelspartnern Deutschlands. Und dieses Übereinkommen gelangt praktisch automatisch zur Anwendung, denn seine Nichtanwendung muss man ausdrücklich vereinbaren, ein sogenanntes „opting out“! Neugierige unter Ihnen werden jetzt – nach langer Zeit einmal wieder – einen Blick in die eigenen AGB werfen und dann ggf. lesen, dass das CISG ausgeschlossen worden ist, das „opting out“ also erfolgte (ob das sinnvoll ist, werden wir in einem gesonderten Beitrag erläutern).
Und an dieser Stelle wird es spannend: Die Einbeziehung der AGB richtet sich nach Art. 14 ff. CISG; eines Rückgriffs auf das nationale (deutsche) Recht bedarf es dabei nicht. Grundsätzlich ist durch Auslegung zu ermitteln, ob und mit welchem Inhalt die AGB Bestandteil des Vertrages geworden sind. Dabei ist auf den objektiven Empfängerhorizont abzustellen; im Übrigen sind Gepflogenheiten und Gebräuche zu beachten.
Das CISG stellt deutlich höhere Anforderungen an die wirksame Einbeziehung von AGB als das deutsche Recht!
Hier ist Voraussetzung, dass dem Empfänger der Text der AGB tatsächlich übersandt wurde; dass er ihm per Post, Fax, E-Mail oder „anderweitig“ so zugänglich gemacht wurde, dass er von ihm in zumutbarer Weise Kenntnis nehmen kann. Dies setzt u. a. voraus, dass der Empfänger die Sprache beherrscht, in der auf die AGB verwiesen wird und in der sie abgefasst sind.
Hinsichtlich des Merkmals „anderweitig zugänglich machen“ kommt insbesondere eine Zurverfügungstellung der AGB im Internet, auf der eigenen Webseite des Verwenders der AGB, in Betracht. Voraussetzung für eine derartige Zurverfügungstellung ist aber nach derzeitiger herrschender Meinung, dass der Vertrag selbst über das Internet geschlossen wird. Das bloße Bereithalten der AGB auf einer Homepage allein begründet keine hinreichende Möglichkeit der Kenntnisnahme!
Anders als im deutschen Recht ist der Grundgedanke des CISG, dass es nicht Aufgabe des Empfängers ist, sich selbst die AGB zu verschaffen. Die Risiken, wie das Auffinden der aktuellen Version oder der eigenen Sprachfassung etc. dürfen nicht auf den Empfänger verschoben werden. Eine hinreichende Möglichkeit zur Kenntnisnahme ist aber gewährleistet, wenn die AGB z. B. der Email als Anlage beigefügt werden.
Derjenige, der sich auf seine AGB beruft, muss auch beweisen, dass seine AGB in den Vertrag einbezogen worden sind!
Wenn sein Vertragspartner nun bestreitet, dass er die AGB jemals erhalten hat und Sie den Erhalt nicht beweisen können, gelten in einem Rechtsstreit die AGB als nicht einbezogen.
Wenn also ein Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass die AGB nicht Bestandteil eines Vertrages wurden, ist alles das, was in den AGB steht, nicht anwendbar: keine Gerichtsstandsvereinbarung, kein Ausschluss des CISG, keine Vertragsstrafen, keine Rügefristen, keine Haftungsbegrenzung, keine Einbeziehung der Incoterms, keine Lieferfristen, keine Verjährungsregelung, keine, keine, keine …
Fazit
Wenn Ihnen das, was in Ihren AGB steht, wichtig ist, müssen Sie sicherstellen, dass diese auch in den Vertrag einbezogen werden. Oder Sie integrieren die wichtigsten Bestimmungen aus den AGB in Ihren Vertrag bzw. Ihr Angebot, damit Sie am Ende wirklich sagen können:没问题Méi wèntí - Kein Problem!