Betroffene Unternehmen müssen sich jetzt auf das Lieferkettengesetz einstellen. Für deutsche Unternehmen, die international einkaufen, stecken wir mit diesem Beitrag den Rahmen ab.

Nicht zuletzt die pandemiebedingten Produktionsausfälle haben vor Augen geführt, wie erfolgskritisch funktionierende internationale Lieferketten für Unternehmen sind. Mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz (fortan: Lieferkettengesetz), das zum 01. Januar 2023 in Kraft treten wird, ändern sich die Bedingungen der internationalen Beschaffung für deutsche Unternehmen gravierend. 

Es wird sich erst in der konkreten Praxis zeigen, wie weitgehend die Auswirkungen auf den internationalen Einkauf sein werden. Gleichwohl müssen sich betroffene Unternehmen jetzt schon darauf einstellen. Für deutsche Unternehmen, die international einkaufen, stecken wir mit diesem Beitrag den Rahmen ab.

Kernelemente des Lieferkettengesetzes

Das Lieferkettengesetz stellt erstmals klare Anforderungen an die Sorgfaltspflichten von Unternehmen. Unternehmen sind angehalten, darauf zu achten, dass in ihrer Lieferkette Menschenrechte geschützt werden, wie z.B., dass Lieferanten keine Kinderarbeit, Sklaverei oder Zwangsarbeit anwenden. Dies betrifft auch das Vorhandensein eines sicheren und nicht gesundheitsgefährdenden Arbeitsplatzes, Freiheit für Gewerkschaften, das Verbot von Diskriminierung und faire Löhne. 

„Grundsätzlich ist zu begrüßen, dass von uns als notwendig erachtete Standards hinsichtlich Menschenrechte, Arbeitsschutz, Lohn und Nachhaltigkeit nicht durch Fremdbezug aus Billiglohnländern umgangen werden können.“
Dr. Michael Bormann

Ebenfalls geht es um Umweltschutzstandards, wie Schutz vor der Verschmutzung der Atmosphäre, des Wassers, der Erde, der Luft, Lärmbelästigung, der illegalen Abholzung von Wäldern, übermäßigen Wassernutzung, der Nutzung von unmoralischen Sicherheitsdienstleistungen und anderen schwerwiegenden Umweltschäden. Die Due-Diligence-Verpflichtungen beziehen sich damit auf die Überwachung von Unternehmen bei der Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten in Bezug auf Menschenrechte und Umwelt.

Für welche Unternehmen gilt das Lieferkettengesetz?

Gemäß Artikel 1.1 des Lieferkettengesetzes gilt es für Unternehmen, die ihre Hauptniederlassung, ihren Sitz oder Büros in Deutschland haben. Ab 2023 gilt es für Unternehmen mit mehr als 3.000 Arbeitnehmern; ab 2024 dann bereits für Unternehmen mit mehr als 1.000 Arbeitnehmern, einschließlich der Arbeitnehmer im Ausland.

Die Lieferkette im Sinne des Lieferkettengesetzes bezieht sich auf mittelbare und unmittelbare Lieferanten, die in einer Wirtschafts- und Handelsbeziehung mit deutschen Firmen stehen. Sie umfasst alle Produkte und Dienstleistungen eines Unternehmens und alle Schritte, die für die Herstellung von Produkten und die Erbringung von Dienstleistungen im In- und Ausland erforderlich sind, beginnend mit der Gewinnung von Rohstoffen bis hin zur Lieferung an den Endkunden. 

Welche Sorgfaltspflichten bestehen für Unternehmen?

Das Lieferkettengesetz sieht zusätzlich Sorgfaltspflichten vor, die Folgendes umfassen:

  • Einrichtung von Risikomanagementsystemen, regelmäßige Risikoanalyse sowie die Ernennung von verantwortlichen Personen
  • Abgaben von Grundsatzerklärungen, Erfüllung von Berichtspflichten (Meldepflicht)
  • Festlegung von Präventivmaßnahmen, Abhilfemaßnahmen und Beschwerdeverfahren

Gemäß Artikel 5.1 und 5.3 des Lieferkettengesetzes müssen Unternehmen Menschenrechts- und Umweltrisiken in ihrem eigenen Betrieb und in denen ihrer direkten Zulieferer identifizieren und analysieren. Die Ergebnisse der Risikoanalyse sollten den entsprechenden Entscheidungsträgern im Unternehmen mitgeteilt werden. 

Vorbeugende Maßnahmen und Abhilfemaßnahmen

Gemäß Artikel 6 des Lieferkettengesetzes müssen Unternehmen in ihren eigenen Geschäftsbereichen, aber auch gegenüber direkten Lieferanten, Präventivmaßnahmen einleiten, falls bei der Durchführung einer Risikoanalyse im Unternehmen Risiken ermittelt werden.

Gemäß Artikel 7 des Lieferkettengesetzes sollen unverzüglich geeignete Abhilfemaßnahmen ergriffen werden, um die durch Menschenrechtsverletzung oder Umweltverschmutzung verursachten Schäden zu minimieren und zu beheben, falls das Unternehmen feststellt, dass in den eigenen Geschäftsbereichen oder bei direkten Lieferanten eine Verletzung von Menschenrechten oder Umweltauflagen vorliegt oder bevorsteht.

„Schwer ist die tatsächliche Überwachung der internationalen Lieferkette durch Mittelständler, die damit vielleicht gegenüber multinationalen Unternehmen nicht mehr wettbewerbsfähig sind.“
Dr. Michael Bormann

Unternehmen sollen einmal jährlich die Wirksamkeit der Präventivmaßnahmen und Abhilfemaßnahmen überprüfen. Ebenfalls sollen Unternehmen Zwischenprüfungen durchführen, falls wesentliche Veränderungen oder Risikoerhöhungen in den eigenen Geschäftsbereichen oder bei den direkten Lieferanten erwartet werden, wie zum Beispiel durch die Einführung neuer Produkte, Projekte oder neuer Geschäftsbereiche.

Indirekte Zulieferer

Gemäß Artikel 9 des Lieferkettengesetzes müssen Unternehmen ihrer Sorgfaltspflicht nachkommen, eine Risikoanalyse durchführen und Abhilfemaßnahmen ergreifen, um Menschenrechtsverletzungen oder Umweltschäden zu reduzieren, falls es (bewiesene) Hinweise darauf gibt, dass indirekte Zulieferer gegen Menschenrechte oder Umweltauflagen verstoßen

Meldepflichten

Wie bereits erwähnt, müssen Unternehmen ihre Meldepflicht kontinuierlich dokumentieren und erfüllen. Sie müssen dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) bis April jeden Jahres einen Jahresbericht vorlegen, um nachzuweisen, dass sie die Verpflichtungen bezüglich des Menschenrecht- und des Umweltschutzes erfüllen. Die entsprechenden Unterlagen sind mindestens 7 Jahre lang aufzubewahren.

Was sind die Folgen eines Verstoßes gegen das Lieferkettengesetz?

Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) kann Bußgelder von bis zu 800.000 Euro für Verstöße oder Unterlassungen verhängen. Für Großunternehmen mit einem durchschnittlichen Jahresumsatz von mehr als 400 Millionen Euro können die Bußgelder bis zu 2 % des durchschnittlichen Jahresumsatzes betragen. Unternehmen, deren Bußgeld 175.000 Euro übersteigt, werden für mindestens drei Jahre von der Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen.

Unsere Empfehlungen

  • Der Due-Diligence-Prozess sollte in das Einkaufssystem Ihres Unternehmens integriert werden. Erstellen Sie hierfür ein Dokument zur Einhaltung des Lieferkettengesetzes und stellen Sie so sicher, dass Sie und Ihre Lieferanten die Standards des Lieferkettengesetzes erfüllen.
  • Erklären Sie Ihren ausländischen Lieferanten das deutsche Lieferkettengesetz und verlangen Sie von Ihren Lieferanten eine Inspektion und Berichterstattung über die Einhaltung der Sorgfaltspflicht innerhalb der Lieferkette.
  • Bewerten Sie die Produktions- und Verarbeitungsbetriebe Ihrer neuen Zulieferer und Auftragnehmer und führen Sie eine Sorgfaltspflichts(prüfung) in Bezug auf Menschenrechte und Umwelt durch. Die Menschenrechts- sowie Umweltaspekte sind ein integraler Bestandteil der Lieferantenbewertung.
  • Verstehen, überprüfen und analysieren Sie die Risiken in Ihren eigenen Geschäftsabläufen und Ihrer Lieferkette, um Ihr eigenes Risikomanagement zu stärken.
  • Bereiten Sie Notfalllösungen für potenzielle Schwachstellen und Verstöße in der gesamten Lieferkette vor. Entwickeln Sie geeignete Verfahren zur Risikovermeidung und Abhilfemaßnahmen, um Risiken zu beseitigen oder zu verringern.
  • Legen Sie Ihre Lieferketten-Sorgfaltspflichten regelmäßig auf der offiziellen Website Ihres Unternehmens offen.

Wie kann bdp Sie dabei unterstützen?

Die Rechts-, Qualitäts- und Einkaufsteams von bdp in China und Deutschland können Ihnen bei der Erstellung oder Überprüfung Ihrer Dokumente zur Einhaltung des Lieferkettengesetzes helfen und Ihnen Ratschläge und Empfehlungen zur Durchführung und Einhaltung geben.

Zudem können wir Ihnen Schulungen zum deutschen Lieferkettengesetz für Ihre chinesischen Lieferanten anbieten.

Die lokalen Qualitäts- und Einkaufsteams von bdp in China können in Ihrem Auftrag professionelle Due-Diligence-Prüfungen in China durchführen. Hierbei wird das bewährte bdp-Bewertungsmodell verwendet, um Ihnen ein umfassendes Verständnis der Compliance-Risiken Ihrer Lieferanten zu vermitteln.

Wir erstellen Ihnen einen zweisprachigen Due-Diligence Bericht für Lieferanten innerhalb einer Woche nach der Betriebsprüfung. Dieser umfasst folgende Bereiche:

  • Grundlegende Informationen zu dem Lieferanten (u. a. Stabilität des Top-Managements, Human Resources, finanzielle Situation, Ruf des Unternehmens, Umweltschutzniveau, Entwicklungsplan, Marktpositionierung usw.)
  • Risiken des Geschäftsumfelds (z. B. der geografischen Lage, des politischen und kulturellen Umfelds, des wirtschaftlichen und technologischen Umfelds etc.)
  • Prozess-, Produktions- und Qualitätskontrollrisiken (u. a. betreffend Produktionsausrüstung, Prüfausrüstung, technische Prozessfähigkeit, Qualitätsmanagementniveau, Kostenkontrollniveau, Bestandskontrollniveau)
  • Sorgfältige Bewertung der Lieferrisiken und der finanziellen Risiken (z. B. betreffend Kundenzufriedenheit, Produktqualifikationsraten, Produktpreisniveau, Sortenflexibilität, Mengenflexibilität, Zeitflexibilität)

Bitte sprechen Sie uns bei Bedarf gerne an.