bdp-Gründungspartner Dr. Michael Bormann über den Hoeneß-Prozess und was er nun reuigen Steuersündern rät.
Der Steuerstrafprozess gegen den vormaligen Präsidenten des FC Bayern München hat großes Interesse gefunden. bdp-Gründungspartner Dr. Michael Bormann hat vor und während der Verhandlung mit diversen Interviews dazu beigetragen, der Öffentlichkeit die Feinheiten des Instruments der strafbefreienden Selbstanzeige zu erläutern. Wir ziehen mit ihm eine Bilanz des Prozesses. In einem weiteren Beitrag finden Sie eine brandaktuelle Erörterung zur Zukunft der Selbstanzeige von den bdp-Partnern Christian Schütze und Dr. Aicke Hasenheit.
____Der Hoeneß-Prozess hat im März die öffentliche Debatte bestimmt. Was war daran so außergewöhnlich?
Die öffentliche Debatte im Hoeneß-Prozess hatte mehrere außergewöhnliche Aspekte: Zum einen den Promistatus von Herrn Hoeneß, der ihm eher zum Nachteil als zum Vorteil gereichte; dann die Frage, ob jemand im Stadium einer Anklage noch öffentliche Ämter oder Führungspositionen in der Wirtschaft ausüben kann. Hier muss man natürlich ganz klar sagen, im Zweifel für den Angeklagten: Bis zu einer Verurteilung darf keine Vorverurteilung erfolgen.
____Sie hatten vorab eine Bewährungsstrafe prognostiziert. Hatte das Gericht denn eine andere Wahl als Gefängnis?
Meine Prognose einer Bewährungsstrafe erfolgte vor allem vor Beginn des Prozesses, als in den Medienberichten noch deutlich niedrigere Beträge genannt wurden. Hier ging es zum damaligen Zeitpunkt darum, ob die abgegebene Selbstanzeige wirksam war, was zu einer Straffreiheit geführt hätte, oder aber (leicht) unvollständig, was zumindest eine deutliche Reduzierung des Strafmaßes nach sich gezogen hätte.
Als dann bereits am ersten Prozesstag noch viele weitere Millionen an hinterzogenen Steuern bekannt wurden, hatte ich bereits in meinem n-tv-Interview geäußert, dass dies sehr schädlich für Herrn Hoeneß sei und damit sich nicht mehr die Frage nach einer wirksamen Selbstanzeige stelle.
Bei den bekannt gewordenen Größenordnungen an Steuerhinterziehungen und vor allem der bröckchenweisen Offenbarung von immer mehr hinterzogenen Steuern hatte das Gericht keine andere Wahl.
Aus der Ferne betrachtet, ist die Beratung von Herrn Hoeneß anscheinend alles andere als optimal verlaufen. Natürlich hätte er in seiner Selbstanzeige alle diese Sachverhalte angeben müssen und zumindest nicht erst im Prozess häppchenweise mit der Wahrheit herausrücken dürfen. So etwas hat eben starke negative Konsequenzen.
____Nun heißt es allenthalben, dass der Prozessverlauf gezeigt habe, dass Steuerhinterziehung sich nicht lohne. Glauben Sie auch, dass nun die Steuermoral in Deutschland steigen wird? Gibt es überhaupt einen Zusammenhang zwischen Strafandrohung und der Bereitschaft, Steuern zu zahlen?
Es gibt einen Zusammenhang zwischen Strafandrohung und der Bereitschaft Steuern zu zahlen. Das zeigt die wachsende Zahl der Selbstanzeigen, nachdem über den Fall Hoeneß so ausführlich berichtet wurde. Es zeigte sich auch bereits, seit die Bundesrepublik selbst von Betrügern Steuer-CDs angekauft und damit gezeigt hat, dass sie als Staat bereit ist, ebenfalls den Pfad der Legalität zu verlassen und Jagd auf Steuersünder um jeden Preis zu machen. Wahrscheinlich motiviert somit eher die Angst als die Einsicht dazu, eine Selbstanzeige zu machen bzw. in Zukunft Steuerhinterziehungen zu unterlassen. Allerdings: Kriminelle Energie gab es immer und wird es immer geben. Eine Frage von Moral ist dies sicherlich nicht.
____Da sowohl Hoeneß als auch die Staatsanwaltschaft auf eine Revision verzichtet haben, werden nun bestimmte Fragen zur Gültigkeit einer Selbstanzeige nicht höchstrichterlich behandelt. Was waren aus Ihrer Sicht die steuerrechtlich interessantesten Fragen, die der Prozess (neu) aufgeworfen hat?
Die steuerlich interessantesten Fragen im Hoeneß-Prozess stellten sich eher vor Beginn des Prozesses, als Beträge in den Medien genannt wurden, die deutlich über 1 Mio. Euro lagen, sich jedoch im unteren einstelligen Millionenbereich bewegten. Hier war vor allem die Frage offen, ob die BGH-Grenze von 1 Mio. Euro für Haftstrafen nur dann gilt, wenn die Ermittlungsbehörden selbst die Tat aufgedeckt haben, oder auch im Fall einer Selbstanzeige. Nach Prozessbeginn stellten sich diese Fragen dann eher nicht mehr angesichts der Höhe der hinterzogenen Steuern. Insofern ist diese, doch für viele Steuerpflichtige relevante Frage, bislang höchstrichterlich leider noch nicht behandelt worden.
____Gibt es etwas, bei dem Sie reuige Steuersünder nach dem Hoeneß-Prozess anders beraten müssen als vorher?
Es gilt weiterhin: Die Selbstanzeige muss in allen Bereichen vollständig sein und den Finanzbehörden ermöglichen, einen exakten Steuerbescheid zu erlassen. Insofern gibt es auch keine neue Beratungsstrategie. Der einzige Rat lautet: Richtig, vollständig und zügig, bevor die Ermittlungsbehörden selbst den Tatbestand ermittelt haben.
Hier kann es sinnvoll sein, Teile der Selbstanzeige direkt an der Quelle, also in der Schweiz oder anderen betroffenen Ländern, anfertigen zu lassen, weil lokale Berater häufig einen besseren und schnelleren Zugang zu den dortigen Banken haben. Dies schien auch im Hoeneß-Prozess ein Problem zu sein, dass Herr Hoeneß gar nicht in der Lage war, sich die Unterlagen schnell und vollständig zu beschaffen.
bdp berät Sie in Zweifelsfällen gern zu dieser komplexen Thematik.