Die bisherige Berechnung der Lohnersatzleistungen abhängig vom Nettolohn und damit von der Steuerklasse sorgt für Ungerechtigkeiten. Sie sollte davon abgekoppelt werden.
Nachdem sich die Spitzen von Union und SPD bereits Ende August auf die Verlängerung des Kurzarbeitergelds bis Dezember des kommenden Jahres geeinigt hatten, hat nun auch das Bundeskabinett diese Ausweitung beschlossen. Wie viel bei den betroffenen Arbeitnehmern ankommt, hängt auch von der Steuerklasse ab. Das ist ungerecht.
Für die Arbeitnehmer war es eine gute Nachricht: Das Kurzarbeitergeld soll ein Jahr länger bis Ende 2021 bezahlt. Gleichzeitig werden die Zahlungen auf 70 beziehungsweise 77 Prozent (für Arbeitnehmer/-innen mit Kindern) ab dem vierten Monat und auf 80 beziehungsweise 87 Prozent ab dem sechsten Monat erhöht. Das reguläre Kurzarbeitergeld beläuft sich auf 60 beziehungsweise 67 Prozent des ausgefallenen Nettolohns. Und genau dieser Punkt sorgt für einen Wermutstropfen.
Denn der Nettolohn hängt von der Steuerklasse ab. Dadurch werden vor allem verheiratete Frauen häufig benachteiligt. Dies belegt eine Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Grund ist, dass es bei Ehepaaren üblich ist, dass sich der Mann, wenn er mehr verdient, in Steuerklasse III und die Frau in Steuerklasse V eingruppieren lässt.
Weniger Netto vom Brutto
Die Krux bei der Steuerklasse V besteht in dem vergleichsweise hohen Steuerabzug. Dadurch fällt das entsprechende Nettogehalt geringer aus als in einer anderen Steuerklasse – zum Beispiel III oder IV. Das gilt analog für das Kurzarbeitergeld. Das kann pro Monat mehrere Hundert Euro ausmachen.
Eigentlich gibt es gute Gründe für Ehepaare und eingetragene Lebensgemeinschaften die Kombination der Steuerklassen III und V zu wählen. Denn in der Steuerklasse III fallen die geringsten Steuern an. Sie ist also vor allem für die Arbeitnehmer attraktiv, die gut verdienen. Steuerklasse III lässt sich jedoch nur in Kombination mit Steuerklasse V wählen. Das bringt aber den Vorteil, dass sich der Grund- und Kinderfreibetrag der Steuerpflichtigen der Klasse V auf den Steuerzahler der Klasse III übertragen lassen. Bei dem setzt dann die Steuerprogression (sprich höhere Steuersätze) erst später ein.
Die Kombination III und V ergibt also immer dann einen Sinn, wenn ein Partner spürbar mehr verdient als der andere, weil sich dann der gemeinsame Nettolohn optimieren lässt. Dadurch erkaufen sich die Steuerzahler jedoch die genannten Nachteile beim Kurzarbeitergeld. Dies gilt auch für andere Lohnersatzleistungen, also Eltern-, Kranken- oder Arbeitslosengeld und die Arbeitslosenhilfe. Kranken-, Verletzten- und Mutterschaftsgeld bemessen sich ebenfalls nach dem zuletzt erhaltenen Nettolohn.
Abschaffung der Steuerklasse V?
Die Autor(inn)en der Studie schlagen deshalb die Abschaffung der Steuerklasse V vor. Nach ihren Empfehlungen sollten die Lohnersatzleistungen stattdessen anhand der Steuerklasse IV berechnet werden. Bislang ist diese Steuerklasse nur Ehepaaren und eingetragenen Lebensgemeinschaften zugänglich, wenn sich beide Partner in der Klasse IV eingruppieren lassen. Hier gelten die Freibeträge getrennt. Die Eingruppierung in Steuerklasse IV bietet sich also vor allem dann an, wenn beide Partner brutto ähnlich viel verdienen. Eine Kombination mit anderen Steuerklassen, also beispielsweise III oder V, ist nicht möglich.
Es ist offensichtlich, dass die bisherige Berechnung der Lohnersatzleistungen abhängig von Nettolohn und damit von der Steuerklasse für Ungerechtigkeiten und Unmut sorgt. Eine berechtigte Frage lautet daher, warum sich der Gesetzgeber bei der Berechnung des Kurzarbeitergelds und anderer Lohnersatzleistungen nicht von der Abhängigkeit der Steuerklasse abkoppelt. Denn diese ist nicht gerecht.