Schenkungen können Erbschaftsteuern ersparen. Nun kann damit auch der Pflichteilergänzungsanspruch anteilig reduziert werden

Wir informieren Sie in dieser Ausgabe von bdp aktuell vor allem über die steuerlichen Fragen, die sich beim Vererben oder Verschenken von Immobilien seit 01.01.2010 neu stellen. Schenkungen zu Lebzeiten, deren Handhabung jetzt flexibler möglich ist, sind ein probates Mittel, um Steuern zu sparen. Steuerliche Gründe sollten aber nie der alleinige Grund sein, Wohnraum zu verschenken, in dem man selbst noch wohnen will. Im nächsten Monat behandeln wir deshalb die rechtlichen Aspekte zu Nutzungsrechten und Rückforderungsmöglichkeiten.

Immobilien können auch komplett steuerfrei vererbt werden.

Die Vererbung von Wohneigentum bleibt steuerfrei, wenn es selbst genutzt wird und wenn der überlebende Ehepartner (bzw. eingetragene Lebenspartner) oder die Kinder in dem Haus mindestens 10 Jahre lang wohnen bleiben. Für Kinder gilt jedoch die zusätzliche Einschränkung, dass nur eine Wohnfläche bis zu 200 Quadratmetern steuerfrei bewohnt werden darf. Nicht vermieteter Wohnraum muss abzüglich des persönlichen Freibetrags entsprechend der Steuerklasseneinteilung versteuert werden.

Bei Schenkungen zu Lebzeiten können Freibeträge alle zehn Jahre komplett in Anspruch genommen werden.

Es war schon bisheriges Recht, dass die persönlichen Freibeträge alle zehn Jahre neu in Anspruch genommen werden können. Eine teure Immobilie kann also grundsätzlich Stück für Stück steuerfrei verschenkt werden. Kleiner Wermutstropfen: Der Verschenkende muss für eine Inanspruchnahme des Freibetrags  die Schenkung aber zehn Jahre überleben. Stirbt er vor Ablauf dieser Frist, und sei es kurz davor, ist die Schenkung wieder komplett bei der Ermittlung der Freibeträge einzubeziehen.

Schenkungen reduzieren die Pflichtteilsansprüche anderer Erben. Diese Reduktion wird nun nur noch anteilig berechnet und verfällt nicht mehr komplett vor Ablauf einer 10-Jahres-Frist.

Entsprechend der gesetzlichen Erbfolge haben pflichtteilberechtigte Erben einen Anspruch auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, das sie erben würden. Wird die Erbmasse durch Schenkungen reduziert, haben sie gegenüber dem Begünstigten einen sogenannten Pflichtteilergänzungsanspruch.

Nach der bis Ende 2009 geltenden Rechtslage blieb eine Schenkung des Erblassers erst dann unberücksichtigt, wenn seit der Schenkung zehn Jahre verstrichen sind. Künftig soll die Schenkung für die Berechnung des Ergänzungsanspruchs graduell immer weniger Berücksichtigung finden, je länger sie zurückliegt.

Tritt jener Fall ein, dass der Schenkende zum Beispiel neuneinhalb Jahre nach der Schenkung stirbt, muss nicht mehr 100% der Schenkung berücksichtigt werden, sondern nur noch 10 %, bei acht Jahren wären es 20 %, bei sieben 30 % usw. Es werden also vom Pflichteilergänzungsanspruch 10 % pro Jahr abgeschmolzen Das ermöglicht es, Schenkungen flexibler zu gestalten und auch dann noch vorzunehmen, wenn man nicht mehr erwartet, noch zehn Jahre zu leben. Doch Vorsicht: Diese Regelung gilt weder für Immobilien, die der Schenkende noch selbst nutzt, noch  für Schenkungen an Ehepartner!

Geschwister, die Verlierer der letzten Erbschaftsteuerreform, werden nun bessergestellt.

Wer nicht Ehepartner oder Kind des Erblassers oder Schenkenden war, zählte zu den Verlierern der letzten Erbschaftsteuerreform. Onkel und Tanten, Neffen und Nichten, aber auch die Geschwister, bilden zusammen die Steuerklasse II. Deren persönlicher Freibetrag war deutlich niedriger als bei den direkten Verwandten, und dafür auch die Steuersätze deutlich höher. An dem geringeren Freibetrag von 20.000 Euro, der dem von Nicht-Verwandten entspricht, hat sich zwar nichts geändert. Dafür aber werden die Steuersätze von 30 bis 50 % auf 15 bis 43 % reduziert. Je nach vererbtem Wert profitieren die Erben dabei mal mehr, mal weniger. Bei Erbschaften zwischen 600.000 und 6 Millionen Euro ändert sich aber nichts. Da bleibt es bei 30 % Steuer.

Die Stundungsregelung wird auf alle Erben erweitert.

Besteht das Vermögen des Erblassers im Wesentlichen aus einem Eigenheim oder einem Unternehmen, müssen die Erben diese Vermögenswerte oft nach dem Tod des Erblassers verkaufen, um den Pflichtteil auszahlen zu können. Lösung bietet hier die bereits geltende Stundungsregelung, die jedoch bislang eng ausgestaltet und nur dem pflichtteilsberechtigten Erben (insbes. Abkömmling, Ehegatte) eröffnet war. Mit der Reform soll die Stundung unter erleichterten Voraussetzungen und für jeden Erben durchsetzbar sein.

In Zukunft kann nun auch der Neffe, der ein Unternehmen geerbt hat, oder die Lebensgefährtin des Erblassers eine Stundung gegenüber den pflichtteilsberechtigten Kindern geltend machen, sofern die Erfüllung des Pflichtteils eine „unbillige Härte“ darstellen würde.

Wir beraten Sie bei der Gestaltung von Immobilien-Schenkungen gerne. In der folgenden Ausgabe informieren wir Sie über deren rechtliche Aspekte bei Nutzungsrechten und Rückforderungsmöglichkeiten.

Steuersätze für die Erbschaftsteuer (nach Steuerklassen*)

bis Wert
in Euro

I

II
ab 2010

II
bis 2009

III

... 75.000

7

15

30

30

... 300.000

11

20

30

30

... 600.000

15

25

30

30

... 6.000.000

19

30

30

30

... 13.000.000

23

35

50

50

... 26.000.000

27

40

50

50

mehr als 26.000.000

30

43

50

50

* Einteilung in Steuerklassen:

I     Witwen, Witwer, Kinder und Enkel

II    Geschwister, Neffen und Nichten sowie entfernte Verwandte

III   eingetragene Lebenspartner und sonstige Personen

Persönliche Freibeträgebei der Erbschaftsteuer

in Euro

Ehegatten

500.000

Kinder, Stief- und Adoptivkinder sowie Enkel, deren Eltern schon verstorben sind

400.000

Enkel, deren Eltern noch leben, Urenkel

200.000

Eltern und Großeltern
(bei Erbschaft)

100.000

Personen der Steuerklasse II (z. B. Geschwister)

20.000