Grenzüberschreitende Steuergestaltungen müssen vorab dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) gemeldet werden. Das gilt auch für legale Steuervermeidungen.
Mit dem Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen vom 21. Dezember 2019 hat der deutsche Gesetzgeber eine EU-Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt. Seit 01. Juli 2020 müssen sogenannte grenzüberschreitende Steuergestaltungen vorab dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) gemeldet werden. Die Meldefrist beträgt 30 Tage. Es sind dazu auch alle meldepflichtigen Gestaltungen rückwirkend ab dem 25. Juni 2018 anzuzeigen.
Betroffen sind nicht nur missbräuchliche Gestaltungen, sondern auch legale Steuervermeidungen
Eine Meldepflicht besteht im Zusammenhang mit allen Steuern, für die das EU-Amtshilfegesetz Anwendung findet. Dies sind vor allem alle Ertragssteuern (Einkommens-, Körperschafts-, Gewerbesteuer), aber auch Umsatzsteuer, Grunderwerbssteuer und Erbschafts- bzw. Schenkungssteuer sowie weitere.
Ziel ist es, grenzüberschreitende Gestaltungen, die zur Minderung oder Vermeidung von Steuern führen sollen, sehr zeitig zu erkennen und gegebenenfalls gegenzusteuern. Dabei geht es nicht bzw. nicht nur um missbräuchliche Gestaltungen, sondern vielmehr um legale Steuervermeidungen. Es muss sich um Sachverhalte handeln, bei denen mindestens zwei Staaten betroffen sind. Dabei geht Deutschland davon aus, dass dadurch deutsche Steuern gespart werden sollen.
Viele unbestimmte Rechtsbegriffe im Gesetz
Im Gesetz gibt es viele unbestimmte Rechtsbegriffe. Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat nun mit Schreiben vom 29. März 2021 versucht, die eigene Auffassung der Gesetzesauslegung auf 71 Seiten (!) dazulegen.
Die primäre Meldepflicht trifft den Gestalter, hier „Intermediär“ genannt. Intermediär ist jeder, der eine Gestaltung konzipiert, vermarktet, organisiert, zur Nutzung bereitstellt oder deren Umsetzung steuert. Es kann jeder Akteur sein, z. B. Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwalt oder sonstige Berater.
Den „Nutzer“ (i. e. den Steuerpflichtigen) trifft eine Meldepflicht nur, wenn Intermediäre sich auf ihre Verschwiegenheit berufen, kein meldepflichtiger Intermediär existiert oder der Nutzer als sogenannter Inhouse-Gestalter eine Gestaltung selbst konzipiert hat.
Verstöße gegen die Mitteilungspflichten stellen Ordnungswidrigkeiten dar
Nicht meldepflichtig sind Gestaltungen, bei denen sich als Nebeneffekt auch eine Steuerersparnis ergibt, der Hauptgrund aber außersteuerlich ist. Dies muss dann unbedingt dokumentiert werden.
Die Meldung muss nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch an das BZSt gemacht werden.
Wird eine grenzüberschreitende Steuergestaltung verwirklicht, muss der Nutzer diese in der Steuererklärung für die Steuerart und den Besteuerungszeitraum oder den Besteuerungszeitpunkt angeben, in der sich der steuerliche Vorteil der grenzüberschreitenden Steuergestaltung erstmals auswirken soll.
Vorsätzliche oder leichtfertige Verstöße gegen die Mitteilungspflichten stellen Ordnungswidrigkeiten dar, die mit einem Bußgeld von bis zu 25.000 Euro geahndet werden können.
International tätigen Unternehmen raten wir angesichts der Fülle von steuerrechtlichen Unwägbarkeiten dringend zu einer eingehenden Beratung und sorgfältigen Dokumentation des Sachverhalts, damit die Gefahr späterer Überraschungen gemindert werden kann.