Am 12. November entscheidet das Bundesverfassungsgericht, ob die umstrittene Abgabe gegen das Grundgesetz verstößt. Eine Abschaffung würde Sinn machen.
Der Solidaritätszuschlag wurde 1991 zunächst befristet für ein Jahr eingeführt. Seit 1995 erhebt der Fiskus die Ergänzungsabgabe ohne Unterbrechung bis heute. Das Geld steht dem Bund zu. Mit dem Solidaritätszuschlag sollte die deutsche Einheit finanziert werden. Doch diesen Grund gibt es heute nicht mehr.
Bereits 2021 hatte die damalige Bundesregierung den Solidaritätszuschlag für rund 90 Prozent der Steuerzahler abgeschafft. Seitdem müssen ihn nur noch die Spitzenverdiener sowie Unternehmen ganz oder teilweise zahlen. Für private Steuerzahler beträgt er 5,5 Prozent der Einkommensteuer. Bei Unternehmen kassiert der Fiskus zusätzlich 5,5 Prozent der Körperschaftsteuer. Heute nimmt der Bund durch den Solidaritätszuschlag jährlich rund zwölf Milliarden Euro ein. Doch hinter dieser Ergänzungsabgabe steht ein dickes Fragezeichen.
Am 12. November findet eine mündliche Verhandlung des Bundesverfassungsgerichts statt. Dann entscheiden die obersten Richter, ob der Solidaritätszuschlag gegen das Grundgesetz verstößt. Dafür spricht, dass die sogenannte Ergänzungsabgabe längst nicht mehr für den Wiederaufbau der neuen Bundesländer genutzt wird. Der Solidarpakt ist bereits 2020 ausgelaufen. Damit entfalle die rechtliche Grundlage für den Solidaritätszuschlag, meinten damals Juristen wie der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier.
Die FDP-Bundestagsfraktion hat damals gegen den Solidaritätszuschlag geklagt, als er für circa 90 Prozent der Steuerzahler gestrichen wurde. Kurioserweise gehörten zu den liberalen Klägern auch Katja Hessel und Florian Toncar. Damals saß die FDP noch in der Opposition. Heute arbeiten Hessel und Toncar als Parlamentarische Staatssekretäre im Bundesfinanzministerium.
Gefahr für den Bundeshaushalt
Sollten die Karlsruher Richter entscheiden, dass der Solidaritätszuschlag gegen das Grundgesetz verstößt, würde im Bundeshaushalt für das kommende Jahr ein weiteres Loch von rund zwölf Milliarden Euro klaffen. Sollte das Bundesverfassungsgericht zu dem Schluss kommen, dass der Solidaritätszuschlag auch rückwirkend verfassungswidrig ist, dürfte Bundesfinanzminister Christian Lindner noch deutlich mehr Geld fehlen.
Zwar hatte der Bundesfinanzhof (BFH) Anfang 2023 entschieden, dass der Solidaritätszuschlag für die Jahre 2020 und 2021 rechtmäßig sei. Allerdings kam der BFH auch zu dem Schluss, dass die Ergänzungsabgabe nicht unbegrenzt erhoben werden dürfe. Der Bund muss sich dauerhaft über Steuern finanzieren. Doch beim Solidaritätszuschlag handelt es sich um eine Ergänzungsabgabe. Das spricht dafür, dass der Solidaritätszuschlag im November oder in absehbarer Zeit kippt. Wirklich sinnvoll ist er schon heute nicht mehr.
Bei den Spitzenverdienern handelt es sich sozusagen um eine zusätzliche Reichensteuer. Vereinfacht ausgedrückt findet hier eine Umverteilung von Reich zu Arm statt. Entscheidend sind hier also verteilungspolitische Aspekte.
Deutlich kritischer sieht es für Unternehmen aus, die zusätzlich 5,5 Prozent ihrer Körperschaftsteuer als Solidaritätszuschlag an den Fiskus abführen müssen. Damit werden die Unternehmen in Deutschland im internationalen Vergleich relativ hoch belastet. Dies beeinträchtigt die Wettbewerbsfähigkeit. Darüber hinaus müssen auch GmbHs den Solidaritätszuschlag zahlen. Hier handelt es sich überwiegend um mittelständische und kleine Unternehmen, die ohnehin mit hohen Energie- und Personalkosten zu kämpfen haben. Hier wäre eine Entlastung dringend erforderlich. Eine Abschaffung des Solidaritätszuschlags würde dazu beitragen