Die Neuregelung der Erbschaftsteuer bringt Verschärfungen: Wer kann, sollte möglichst noch nach aktuellem Recht übertragen
Ende 2014 hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die derzeitige Regelung für das Vererben bzw. Verschenken von Firmen verfassungswidrig ist. Das Gericht hat dem Gesetzgeber eigentlich bis Mitte 2016 Zeit gegeben, das Erbschaftsteuergesetz zu ändern. Der Finanzminister hat nun aber schon die ersten Eckpunkte der geplanten Neuregelung zur Diskussion gestellt.
Derzeit ist es so, dass die Vererbung bzw. Verschenkung von Betriebsvermögen zu 85 % steuerfrei bleibt, wenn das Unternehmen 5 Jahre fortgeführt wird und die Lohnsumme in diesem Zeitraum 400 % der Ausgangslohnsumme nicht unterschreitet. Auf Antrag kann sogar eine vollständige Steuerbefreiung erfolgen, wenn die Fortführung mindestens 7 Jahre beträgt und in diesem Zeitraum die Lohnsumme von 700 % nicht unterschritten wird. Die Lohnsummenprüfung muss derzeit nur von Unternehmen mit mehr als 20 Arbeitnehmern vorgenommen werden.
Die 20-Arbeitnehmer-Grenze und vor allem eine fehlende Bedarfsprüfung bei hohem Betriebsvermögen, die untersucht, ob durch die Erhebung einer Erbschaftsteuer die Unternehmensfortführung gefährdet wird, war den Verfassungsrichtern ein Dorn im Auge. Das Finanzministerium will anscheinend künftig schon ab einem Unternehmenswert von mehr als 20 Millionen Euro prüfen, ob die Zahlung der Erbschaftssteuer die Fortführung des Unternehmens und damit Arbeitsplätze gefährdet.
Problematisch an der geplanten Freigrenze ist z. B., dass sich die anfallende Steuer bei einem Überschreiten der 20 Mio. sprunghaft erhöht. Erben von Firmen mit einem Betriebsvermögen von 20.000.000 Euro blieben von der Steuer (weitestgehend) befreit, ab Betriebsvermögen von 20.000.001 Euro aufwärts müssten die Erben an den Fiskus zahlen. Bei der sogenannten Bedürfnisprüfung soll künftig auch das private Vermögen der Erben oder Beschenkten berücksichtigt werden.
Nach den Plänen des Finanzministers soll bei kleineren Unternehmen die Erbschaftsteuer zudem nur dann wegfallen, wenn sie fünf bzw. sieben Jahre lang die Arbeitsplätze erhalten. Das soll anhand der Lohnsumme überprüft werden. Die bislang geltende Grenze von mehr als 20 Beschäftigten soll fallen. Künftig soll dies schon bei Firmen mit einem Betriebsvermögen von mehr als eine Million Euro gelten. Die Beschäftigungsanzahl soll danach egal sein.
Die Eckpunkte sind teilweise auf erheblichen Widerstand in der Koalition und den Wirtschaftsverbänden gestoßen. Insbesondere wird die 20-Millionen-Freigrenze für die Bedürfnisprüfung als viel zu gering angesehen. Damit werden Unternehmensnachfolgen im Mittelstand erheblich erschwert. Die Verfassungsrichter hatten wohl auch eher die Großaktionärsfamilien der DAX-Unternehmen im Visier. Ein Betriebsvermögen von 20 Mio. ist dagegen schnell erreicht. Auch die umfassende Lohnsummenprüfung stößt auf Kritik. Es sollte eine Arbeitnehmergrenze von fünf bis sieben Arbeitnehmern aufgenommen werden.
Die neuen Regelungen werden wohl noch einer ausgiebigen Diskussion unterzogen werden. Schäuble selbst hat kürzlich angedeutet, dass er sich Modifikationen vorstellen kann.
Relativ sicher wird es keine rückwirkende Änderung der Gesetzeslage geben. Das Verfassungsgericht hat dies auch nicht gefordert. Aber aufgrund der geplanten Verschärfungen sollte bei einer in nächster Zukunft geplantern Unternehmensnachfolge bzw. -übergabe als Schenkung unbedingt überlegt werden, ob diese nicht noch nach der alten Rechtslage erfolgen sollte.