Die USA haben die Steuern massiv gesenkt, die Unternehmen zahlen müssen. Nun prüft die Bundesregierung, ob sie beim Wettlauf nach unten mitmacht.
„Wir können uns hier nicht einfach von der Welt abkoppeln“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel jüngst und kündigte damit an, eine mögliche Senkung der Unternehmenssteuern zumindest prüfen zu wollen. Das ist auch dringend nötig. Denn seit rund 20 Jahren läuft weltweit ein Wettbewerb um niedrigere Steuern. So sollen Unternehmen angelockt und die Attraktivität von Investitionen gesteigert werden.
Den größten Schritt haben zuletzt die Vereinigten Staaten gemacht. Anfang des Jahres sanken die Ertragssteuern für Unternehmen von bislang 35 auf nur noch 21 Prozent. Außerdem wurde der Steuersatz für Gewinne, die aus dem Ausland in die Vereinigten Staaten zurückgeführt werden, auf 8 bis 15,5 Prozent reduziert. Auch hier waren vorher 35 Prozent fällig gewesen. Aus den USA wurde damit auf einen Schlag ein Niedrigsteuerland – zumindest aus Sicht der Wirtschaft. Der Spitzensteuersatz für Privatpersonen sank nur relativ gering von 39,6 auf 37 Prozent.
Der - zumindest kurzfristige - Effekt der US-amerikanischen Steuerreform ist kaum übersehbar. In den USA boomt die Wirtschaft, der Arbeitsmarkt ist leer gefegt und die Aktienmärkte notieren auf Rekordniveau. Zu den Folgen der Steuerreform gehört allerdings auch, dass in den Vereinigten Staaten bis 2020 das jährliche Haushaltsdefizit von 4 auf 6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen wird. Unter dem Strich können das hohe Wirtschaftswachstum und die gute Lage am Arbeitsmarkt die Steuerausfälle nicht kompensieren. Bei einer schwächeren konjunkturellen Entwicklung dürften die Staatsschulden noch schneller zunehmen.
Schon seit Jahren Steuerwettbewerb
Die USA sind nur das jüngste Beispiel für ein Land, das die Besteuerung der Unternehmensgewinne massiv gesenkt hat. Großbritannien dürfte schon bald folgen. Premierministerin Theresa May hat angekündigt, die Belastungen durch den Brexit durch niedrigere Unternehmenssteuern ausgleichen zu wollen. Schon heute liegt das Vereinigte Königreich mit einem Körperschaftssteuersatz von 19 Prozent im internationalen Mittelfeld.
Der Steuerwettbewerb ist keine neue Erscheinung, sondern läuft schon seit geraumer Zeit. Den Auftakt machte Mitte der 1980er Jahre Großbritannien, die nordeuropäischen Länder zogen in den Folgejahren nach. Besonders drastisch ging Irland vor, das den Satz in mehreren Schritten von 40 auf 12,5 Prozent reduzierte.
Steuern sinken weltweit
Weltweit sank nach Angaben der Unternehmensberatung KPMG von 1999 bis 2016 der durchschnittliche Unternehmenssteuersatz von 32,7 auf 23,6 Prozent. Deutschland bewegt sich deutlich darüber. Hier zahlen Unternehmen auf ihre Gewinne 15 Prozent Körperschaftssteuer sowie 15 bis 16 Prozent Gewerbesteuer. Dazu kommt noch der Solidaritätszuschlag mit 5,5 Prozent der Körperschaftssteuer. Die Belastungen summieren sich somit auf gut 30 Prozent - rund ein Drittel mehr als das, was international mittlerweile üblich ist. Noch schlechter sieht es bei den vielen Personengesellschaften aus. Bei ihnen beläuft sich der Spitzensteuersatz sogar auf 42 Prozent.
Allerdings muss man bei der Diskussion um internationale Unternehmenssteuern Deutschland zugutehalten, dass sich hier noch die Infrastruktur und das Bildungswesen in einem vergleichsweise guten Zustand befinden. Diese überwiegend steuerfinanzierten Rahmenbedingungen sind für die Unternehmen natürlich auch von großer Bedeutung.
Steuersenkung unwahrscheinlich
Bei der Betrachtung der steuerlichen Änderungen der vergangenen Jahre scheint in Deutschland eine Senkung der Unternehmenssteuern eher unwahrscheinlich. Die große Koalition konnte sich ja nicht einmal auf die völlige Abschaffung des Solidaritätszuschlags einigen. Bei Privatpersonen soll für die Bemessungsgrundlage eine Freigrenze eingeführt werden - angedacht von der SPD sind 70.000 Euro brutto. Steuerzahler, die darunter liegen, sollen dann keinen Solidaritätszuschlag mehr zahlen müssen, die darüber liegen allerdings schon. Das sind immerhin rund 10 Prozent der Steuerzahler. Eine umfassende Steuerreform sieht anders aus.