Der BFH hält das Abzugsverbot für die Erstausbildung für verfassungswidrig. Betroffene sollten eine Steuererklärung abgeben

Mit einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung des BFH (BFH, 17.07.2014, VI R 2/12) sind Aufwendungen für die Ausbildung zu einem Beruf als notwendige Voraussetzung für eine nachfolgende Berufstätigkeit beruflich veranlasst und demgemäß auch als Werbungskosten einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigen. Dem steht allerdings § 9 Abs. 6 EStG entgegen, der Aufwendungen für die erste Berufsausbildung vom Werbungskostenabzug ausschließt. Der BFH hält dies für verfassungswidrig und hat diese Frage deshalb dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt.

Damit soll geklärt werden, ob die Kosten einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums lediglich, wie gesetzlich vorgesehen, beschränkt im Ausgabejahr als Sonderausgaben abziehbar sind oder ob es sich um unbeschränkt abziehbare Werbungskosten handelt, sodass entsprechende Verluste in die Folgejahre vorgetragen werden können.

Seit der BFH vor einigen Jahren die Unterscheidung zwischen abzugsfähigen Fortbildungskosten und nichtabzugsfähigen Ausbildungskosten aufgegeben hat, unterscheidet der Gesetzgeber nunmehr bei der steuerlichen Berücksichtigung von Ausbildungskosten zwischen erstmaliger (Berufs-)Ausbildung bzw. Erststudium und weiterer Berufsausbildung bzw. Zweitstudium.

Beispiele:

  • Das nach der allgemein-bildenden Schule begonnene Bachelor-Studium stellt ein Erststudium dar und somit eine Erstausbildung. Wenn im Anschluss noch ein Zweitstudium absolviert wird, gilt dies als weitere Berufsausbildung.
  • Wenn der Erststudent bereits eine abgeschlossene Berufsausbildung vorweisen kann, stellt für ihn der Erwerb des Bachelors eine Zweitausbildung dar.
  • Das erste juristische Staatsexamen stellt einen berufsqualifizierenden Abschluss dar.
  • Ein praktisches Studiensemester ist ein inhaltlich bestimmtes und ggf. betreutes Semester, welches außerhalb der Hochschule geleistet wird. Die Studenten bleiben in dieser Zeit Mitglieder der Hochschule. Sofern dem Studium keine abgeschlossene Berufsausbildung voranging, ist das Praktikum Teil einer ersten Berufsausbildung.

Sofern erstmalige Ausbildungskosten nicht im Rahmen eines Ausbildungs- bzw. Dienstverhältnisses stattfinden, stellen sie keine (unbegrenzten) Betriebsausgaben oder Werbungskosten dar. Sie können aber im Rahmen der Einkommensteuererklärung als Sonderausgaben behandelt werden.

Die steuerliche Anerkennung ist jedoch auf jährlich 6.000 Euro beschränkt. Höhere Kosten können nicht berücksichtigt werden. Ein weiterer Nachteil ist, dass diese Sonderausgaben nur mit steuerpflichtigen Einnahmen desselben Jahres zu verrechnen sind. Sie können nicht auf spätere Jahre übertragen werden. Fallen also keine Einkünfte im Veranlagungszeitraum an, können auch keine Sonderausgaben von den Einnahmen abgezogen werden. Die Ausbildungskosten laufen damit komplett ins Leere.

Wer in den Genuss einer ggf. positiven Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kommen will und die Kosten seiner Erstausbildung unbeschränkt und vortragbar als Werbungskosten angerechnet haben will, muss zwingend eine Einkommensteuererklärung, abgeben, in der die Aufwendung erklärt werden. Die ist auch nötig, wenn in diesem Jahr keine (positiven) Einkünfte vorliegen.

Als zu berücksichtigende Aufwendungen für die Ausbildung sind beispielsweise folgende Kosten zu berücksichtigen: Fachliteratur, Fahrten zwischen Wohnung und Ausbildungsort (dabei ist allerdings die Entfernungspauschale von 0,30 Euro je Entfernungskilometer zu beachten), Zinsen für ein Ausbildungsdarlehen, Mehraufwand für Unterbringung, Studiengebühren etc.