Auch gut gemeinte Zahlungen können anfechtungsrelevant sein und in der Folge den Gesellschafter doppelt belasten

In der Praxis findet das Hin- und Herzahlen eines Gesellschafters auf einem Kontokorrentkonto „seiner“ Gesellschaft häufig statt und dies gerade dann, wenn sich eine Gesellschaft in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindet. Diese Zahlungen erfolgen jedoch regelmäßig, ohne dass sich die Betroffenen der damit verbundenen anfechtungsrechtlichen Risiken bewusst sind. Die sind vor allem dann vielfältig, wenn es der Gesellschafter selbst ist, der für dieses Kontokorrentkonto bürgt oder eine andere Sicherheit bestellt hat.

Gesellschafter, die sich über ihre Einlage hinaus an der Finanzierung ihrer Gesellschaft beteiligen wollen, sollten sich daher unbedingt beraten lassen, wie sie ihr Finanzierungsverhalten für den Fall einer möglichen Insolvenz anfechtungssicher gestalten können. Die Rechtsprechung legt nämlich die Anfechtungstatbestände der Insolvenzordnung (InsO) weit aus und urteilt vielfach auf Basis einer anfechtungsrechtlichen Einzelbetrachtung der verschiedenen Zahlungen anstelle einer saldierenden Betrachtung. Die Folge ist dann oft die erneute Inanspruchnahme des Gesellschafters, sodass er letztlich doppelt zahlt.

Rechtsprechung legt Anfechtungsgründe der InsO weit aus

Dies wird vor allem in einem Urteil des BGH aus dem Jahr 2013 sehr deutlich (BGH vom 04. Juli 2013 Az.: IX ZR 229/12). Im vorliegenden Fall hatte sich der Gesellschafter sowohl für ein Kontokorrentkonto der Gesellschaft verbürgt als auch der Gesellschaft Darlehen zur Verfügung gestellt. Trotz massiver wirtschaftlicher Schwierigkeiten der Gesellschaft erfolgten Tilgungsleistungen auf die Darlehen des Gesellschafters von dem besicherten Kontokorrentkonto, welches sich im Zeitpunkt der Zahlungen immer im Soll befand. Wegen der möglichen Anfechtung dieser an ihn geflossenen Beträge zahlte der Gesellschafter wieder Gelder auf das von ihm besicherte Kontokorrentkonto ein, was die Verbindlichkeit der Gesellschaft gegenüber dem kontoführenden Kreditinstitut verringerte.

Der BGH sieht in diesen (Rück-)zahlungen des Gesellschafters aufgrund wirtschaftlicher Betrachtung anfechtbare Rechtshandlungen gemäß § 135 Abs. 2 InsO. Danach sind Rechtshandlungen anfechtbar, mit der eine Gesellschaft einem Dritten, hier dem Kreditinstitut, Befriedigung für eine Forderung gewährt, für die ein Gesellschafter eine Sicherheit bestellt hat, hier die Rückführung des Kontokorrentkredits. Im Falle einer Anfechtung nach § 135 Abs. 2 InsO hat der Gesellschafter die dem Dritten gewährte Leistung der Gesellschaft zur Insolvenzmasse zu erstatten.

Auch Rechtshandlungen vor Insolvenzreife können kritisch sein

Grundsätzlich dürfe es einem Gesellschafter zwar nicht zum Nachteil gereichen, wenn er ein vom ihm besichertes Darlehen der Gesellschaft mit eigenen Mitteln zurückführe und damit das im Verhältnis zur Gesellschaft Versprochene erfüllt. Anders liege es jedoch, wenn der Gesellschafter die zur Rückführung des Drittdarlehens erforderlichen Leistungen aus seinem eigenen Vermögen erbringt, damit aber zugleich einen anderen gegen ihn selbst gerichteten Anspruch der Gesellschaft erfüllt, nämlich den Rückzahlungsanspruch der Gesellschaft aus § 143 Abs. 1 InsO aufgrund der Anfechtung der an den Gesellschafter geflossenen Tilgungsleistungen seiner eigenen Darlehen (§ 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO). Diesen Anspruch habe der beklagte Gesellschafter mit den Einzahlungen auf das im Soll stehende Kontokorrentkonto erfüllen wollen und durch die Rückführung des Kontokorrents gleichzeitig seine Haftung aus der Bürgschaft reduziert.

Unschädlich sei dabei, dass der Anspruch aus §§ 143 Abs. 1, 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO zum Zeitpunkt der Rückzahlungen mangels Verfahrenseröffnung noch gar nicht bestanden habe, da bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise die mit der Wiederherstellung der ursprünglichen Vermögenslage einhergehende Verhinderung der Entstehung eines Anfechtungsanspruchs anfechtungsrechtlich dessen Erfüllung gleichzustellen sei.

Dem Gesellschafter muss es verwehrt sein, durch ein und dieselbe Zahlung zugleich die Entstehung eines gegen ihn gerichteten Rückgewähranspruchs zu verhindern und sich von einer für ein Drittdarlehen bestellten Sicherheit zu befreien.

Ein weiteres aktuelles Urteil des BGH zum Anfechtungsrecht aus dem Jahr 2014 (BGH vom 20. Februar 2014 Az.: IX ZR 164/13) weist neben der Klarstellung, dass auch Handlungen eines vorläufigen Insolvenzverwalters anfechtbar sind und rückabgewickelt werden können, sofern dem Schuldner noch kein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt worden war, auf einen ebenfalls beachtlichen Aspekt der Gesellschafterhaftung hin: Der Haftung des § 135 Abs. 2 InsO unterliegt auch, wer für ein der Gesellschaft gewährtes Darlehen eine Sicherheit begibt und erst anschließend Gesellschafter wird (im vorliegenden Fall aufgrund einer Gesamtrechtsnachfolge nach dem Tod des ursprünglichen Gesellschafters).

Beide Entscheidungen machen deutlich, dass die Rechtsprechung die Anfechtungstatbestände der InsO sehr weit auslegt und insbesondere den Begriff der „Rechtshandlung“. Eine solche ist „jedes von einem Willen getragene Handeln vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, das eine rechtliche Wirkung auslöst“.

Alternative Gestaltung prüfen

Die vorstehenden Ausführungen zeigen einmal mehr, dass selbst gut gemeinte Zahlungen letztlich anfechtungsrelevant sein können und in der Folge den Gesellschafter doppelt belasten. Um sich dieser Gefahr nicht auszusetzen, empfehlen sich eine frühzeitige Identifikation bestehender insolvenzrechtlicher Risiken und die Prüfung alternativer Gestaltungen.

Hierfür stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.